Achillesferse?

2 Antworten

Was meinst du? Er wurde ja von Thetis als er klein war im Unterwasserfluss Styx getränkt, um ihn unverwundbar zu machen, aber Thetis hielt Achilles dabei an der Ferse und deshalb bleibt diese ungetränkt.

Hlueders 
Fragesteller
 30.09.2017, 22:51

Die Frage war, warum 'Achilles' - der Legende folgend - durch einen Pfeil in seine Achilles getötet wurde. Daran stirbt man aber im Normalfall nicht. Gab es hier zusätzliche Einwirkungen, z.B. durch Gift am Pfeil, einen vergifteten Pfeil? 

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VanessaaassenaV  01.10.2017, 10:13
@Hlueders

Nun, der Pfeil wurde, der Griechischen Mythologie nach, von Paris geworfen, aber durch Apoll, der auch als Meister der Handwerkskunst gilt, gelenkt. :)

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paulklaus  01.10.2017, 14:06
@VanessaaassenaV

Wie schon in Albrechts hervorragenden Ausführungen dargelegt, ist die Frage SO zu verstehen, dass rätselhaft ist, warum Achill durch einen Pfeil in die / der Ferse getötet wurde, also einen Körperteil, dessen Verletzung NICHT lebensbedrohend sein konnte !!

pk

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Achilleus (griechisch: Ἀχιλλεύς; lateinisch: Achilles) ist in der Mythologie zwar ein Halbgott, aber sterblich. Wenn eine fast vollständige Unverwundbarkeit zugrundegelegt wird, bleibt für eine tödliche Verletzung nur die eine Stelle, die davon eine Ausnahme ist.

Eine nicht-rationale, magische Deutung wäre, bei Achilleus die Ferse/den Knöchel als zentralen Sitz der Lebenskraft anzunehmen.

Unter einem realistischen Gesichtspunkt der Todesverursachung ist nicht gut nachvollziehbar, warum ein einfacher Pfeiltreffer am Fuß für Achilleus tödlich ist. Ein lebenswichtiges Organ ist nicht getroffen und ein überaus hoher Blutverlust nicht plausibel (auch wäre ausreichend Zeit zum Verbinden der Wunde anzunehmen, um ein Verbluten zu verhindern). Eine Entzündung der Wunde (vor allem bei schlechter medizinischer Behandlung; allerdings war Achilleus heilkundig, es gab gute Ärzte wie die Brüder Machaon und Podaleirios und die Göttin Thetis hätte sich auch darum kümmern können) könnte bei ungünstigem Verlauf zu Blutvergiftung (Sepsis) führen, aber dies würde längere Zeit dauern. Nach den Darstellungen stirbt Achilleus jedoch ziemlich rasch nach dem Treffer (und keinesfalls nach mehreren Tagen).

Eine zusätzliche besondere Einwirkung des Pfeilschusses kommt in den Darstellungen lange Zeit nicht vor.

Erst Excidium Troiae, ein anynomes spätantikes/frühmittelalterliches Werk, enthält eine Darstellung, Paris (griechisch: Πάρις; lateinisch: Paris)/Alexandros (griechisch: Ἀλέξανδρος; lateinisch: Alexander) habe mit einem vergifteten Pfeil geschossen (der durch die Fußsohle eingedrungen sei, als Achilleus im Heiligtum des Apollon kniete). Anscheinend hatte ein Autor ein Bedürfnis, einige Umstände wie die Todesursache realistisch zu gestalten.

Achilleus ist nicht in allen Fassungen des Mythos fast unverwundbar.

In der Ilias steht davon nichts und in ihr ist auch kein Hinweis auf eine solche Vorstellung enthalten. Achilleus zeichnet sich durch außerordentliche Kampftüchtigkeit aus. Daher ist es für Gegner sehr schwierig, ihn zu verwunden. Ein zusätzlicher Vorteil, sogar bei einem Treffer an fast allen Körperstellen keine Verwundung erleiden zu können, wird aber nicht erwähnt. Achilleus benötigt eine neue Rüstung, als Hektor die bisher verwendete Rüstung von Patroklos, dem Achilleus sie geliehen hatte, erbeutet. Homer, Ilias Φ - 21. Gesang, Vers 162 – 168 wird Achilleus von Asteropaios mit einem Speer leicht am Arm verletzt und es fließt etwas Blut. Homer, Ilias Φ - 21. Gesang, Vers 568 – 570 nimmt Agenor an, Achilleus sei verwundbar und sterblich.

Bei Quintus von Smyrna,Ta meth’ Homeron (Τὰ μεθ’ Ὅμηρον; Nachhomerisches; lateinischer Titel: Posthomerica) 2, 407 – 410 verwundet Achilleus im Troianischem Krieg Memnon, den König der Aithiopier (als Sohn der Göttin Eos und des Tithonos ebenfalls ein Halbgott), mit einem Stoß seines Speeres an der rechten Schulter, doch auch Memnon trifft mit seinem Speer Achilleus am Arm, so daß Blut fließt.

Nach Ptolemaios Hephaistion 6 (Inhaltsangabe bei Photios, Myriobiblion 190) wurde Helenos Geliebter Apollons und bekam von ihm einen elfenbeinernen Bogen, mit dem er durch Pfeilschuss Achilleus auf die Hand traf.

Die Meeresgöttin Thetis hat nach Erzählungen versucht, bei ihrem Sohn Achilleus den sterblichen Anteil zu tilgen und ihn unverwundbar zu machen:

a) in der Nacht Halten ins Feuer und tagsüber Einsalben mit Ambrosia, wegen Eingreifen des Ehemannes Peleus nicht vollendet (Apollonios Rhodios, Argonautika 4, 865 – 879; Apollodor(os), Bibliotheke 3, 171; Scholion zu Apollonios Rhodios, Argonautika 4, 816 [Hineinwerfen ins Feuer ist Darstellung durch Apollonios und andere]; Scholien zu Homer(os), Ilias 16, 37; Scholien zu Aristophanes, Nephelai [griechisch: Νεφέλαι; Die Wolken; lateinischer Titel: Nubes] 1068; Lykophron, Alexandra 178 - 179 [Achilleus entkommt von sieben den Feuerfunken ausgesetzten Kindern als einziger der brennenden Asche]; Tzetzes zu Lykophron, Alexandra 178; Ptolemaios Hephaistion 6 und 7 [Inhaltsangabe bei Photios, Myriobiblion 190; von Achilleus allein Knöchel des rechten Fußes verbrannt und danach ausgetauscht])

b) Eintauchen in das Wasser des Unterweltflusses/Unterweltgewässers Styx, wobei es nötig ist, ihn an einer Stelle am Bein festzuhalten und so Achilleus nicht vollständig gegen Verwundung geschützt ist (Statius, Achilleis 1, 134 – 140; 1, 267 – 271; 1, 479 – 481; Hyginus, Fabulae 107 [sterblicher Knöchel]; Servius zu Vergil, Aeneis 6, 57; daraus: Scholion zu Statius, Achilleis 1, 134 und 1, 480 und Mythographus Vaticanus [Scriptores rerum mythicarum Latini] 1, 36; 1, 178; 2, 205 und 206; 3, 11, 24; Fulgentius, Mitologiae 3, 7 [Fabula Pelei et Thetidis])

Ptolemaios Hephaistion 6 (Inhaltsangabe bei Photios, Myriobiblion 190) erzählt, ein Knöchel von Achilleus sei bei dem Halten über Feuer verbrannt worden und der Kentaure Cheiron habe den Körper des schnellsten aller Giganten, Damysos, ausgegraben und dessen Knöchel bei Achilleus eingesetzt. Als ihn Apollon verfolgte, habe Achilleus den Knöchel verloren, sei herabgestürzt und getötet worden.

Nach den antiken Texten ist die verwundbare Stelle der (linke) Knöchel (oberer Teil des Spunggelenks). Die griechische Bezeichnung ist σφυρόν, die lateinische Bezeichnung talus (was erst später als Ferse verstanden worden ist).

Getötet wird Achilleus vom Gott Apollon und/oder Paris/Alexandros. Apollon kann als Lenker des Pfeils an die richtige Stelle vorgestellt sein oder in der Gestalt des Paris/Alexandros schießend.

Es gibt zwei Arten von Erzählungen zu der Situation, in der Achilleus stirbt:

1) im Kampf auf dem Schlachtfeld, beim Verfolgen der Gegner zur Mauer und dem Versuch, beim Skaischen Tor einzudringen

2) im Tempel des Apollon Thymbraios, in den Achilleus waffenlos kommt, um über einen Friedensvertrag zu verhandeln und Polyxena, Tochter des Königs Priamos und seiner Ehefrau Hekabe, als Ehefrau heiraten zu können (er hat sich in sie verliebt), wo er aber heimtückisch überfallen und ermordet wird

Quintus von Smyrna,Ta meth’ Homeron (Τὰ μεθ’ Ὅμηρον; Nachhomerisches; lateinischer Titel: Posthomerica) 3, 10 – 179 beschreibt den Tod auf dem Schlachtfeld. Der Gott Apollon kommt vom Olymp herab und befiehlt Achilleus zu weichen. Als diese es nicht tut, verwundet Apollon unter einer Wolke verborgen in Nebel gehüllt Achilleus mit einem Pfeil am Knöchel. Achilleus sinkt herab, zieht aber den Pfeil heraus. Aus der Wunde strömt Blut und er hat Schmerzen, aber Achilleus greift die Gegner weiter an, solange die Verwundung noch frisch und warm ist. Dann bleibt er stehen, fälllt schließlich tot zu Boden.

In der Darstellung bei Dictys Cretensis, Ephemeris belli Troiani 4, 11 wird Achilleus im Tempel des Apollon Thymbraios nicht durch einen Pfeil getötet. Paris/Alexandros (Alexander) lauert ihm zusammen mit seinem Bruder Deïphobos (Δηίφοβος; lateinisch: Deïphobus) auf. Deïphobos umarmt Achilleus, Paris/Alexandros eilt herbei und durchbohrt Achilleus durch zwei Stöße mit seinem Schwert in die Rumpfseiten.

In Darstellungen bildender Kunst wird gezeigt, wie Achilleus von einem Pfeil in den Knöchel, in den unteren Beinbereich bzw. in die Ferse getroffen wird oder ein Pfeil in diese Richtung abgeschossen wird bzw. mit ihm auf diese Stellen gezielt wird.

Ein Vasenbild auf einer chalkidischen Amphora, um 550/540 v. Chr., bot eine Darstellung, wie der tote Achilleus von einem Pfeil am Rumpf und von einem Pfeil am Knöchel getroffen ist.

Auf einer Pelike, attisch rotfiguriges Vasenbild, um 460 v. Chr., zielt ein gerade abgeschossener Pfeil auf die Ferse.

Auf einer Kyathe, attisch rotfiguriges Vasenbild, frühes 5. Jahrhundert v. Chr., schießt ein Bogenschütze Pfeile gegen Achilleus.

Auf einigen wenigen etruskischen Gemmen steckt ein einziger Pfeil im Knöchel.

Auf einer römische Silberkanne, frühe Kaiserzeit, hat ein einziger Pfeil Achilleus von hinten in die Ferse getoffen.

Es gibt Darstellungen, an denen Achilleus Verwundung an der Rumpfseite, dem Rücken oder mitten auf der Brust hat.

Ein Pfeiltreffer in den Knöchel ist anscheinend eine alte Vorstellung gewesen, aber dabei nicht unbedingt die einzige mögliche Verwundung.

Denkbar ist, für einen Pfeiltreffer in den Knöchel als eine sehr wichtige Wirkung eine Lähmung anzunehmen, indem Achilleus eine herausragende Fähigkeit verliert (er war ein außerordentlich schneller Läufer) und wegen Durchtrennung der Sehne ziemlich wehrlos ist. Die Verwundung des Knöchels durch einen Pfeil ist in einer frühen Vorstellung dann erst Vorbereitung einer folgenden Tötung gewesen.

Literatur:

Dorothea Sigel, Achilleus [1, Mythos]. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 1: A - Ari. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1996, Spalte 76 – 78

Susanne Gödde, Achilleus. In: Maria Moog-Grünewald (Hrsg.), Mythenrezeption : die antike Mythologie in Literatur, Musik und Kunst von den Anfängen bis zur Gegenwart. DNP : Der Neue Pauly. Supplement-Band 5. Stuttgart ; Weimar : Metzer, 2008, S. 1 – 14

Anneliese Kossatz-Deissmann, Achilleus. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae : (LIMC). Band I 1: Aara - Aphlad. Zürich ; München : Artemis-Verlag, 1981, S. 37 – 200

Anneliese Kossatz-Deissmann, Achilleus. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae : (LIMC). Supplementum 1: Abbelio – Zeus, Zürich ; München : Artemis-Verlag, 2009, S. 11 – 15

Hans von Geisau, Achilleus. In: Der Kleine Pauly : Lexikon der Antike, auf der Grundlage von Pauly‘s Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter bearbeitet und herausgegeben von Konrat Ziegler und Walther Sontheimer. Band 1: Aachen bis Dichalkon. Stuttgart : Druckenmüller, 1964, Spalte 46 – 50

Jakob Escher-Bürkli, Achilleus 1). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft : RE I. 1: Aal–Alexandros. Stuttgart : Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1893, Spalte 221 - 245

Curt Fleischer, Achilleus. In: Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Herausgegeben von Wilhelm Heinrich Roscher. Band 1.1: Aba – Evan. Leipzig : Teubner, 1884 - 1886, Spalte 11 - 66

Lilian Balensiefen, Achills verwundbare Ferse : zum Wandel der Gestalt des Achill in nacharchaischer Zeit. In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 111 (1996), S. 75 -103

Jonathan S. Burgess, The death and afterlife of Achilles. Baltimore : Johns Hopkins University Press, 2009. ISBN 978-0-8018-9029-1

paulklaus  01.10.2017, 13:59

DH ! Meine Güüüüüte !!

Obwohl ich in Mythologie einerseits, antiker Sagenwelt andererseits mich einigermaßen beschlagen glaub(t)e, kann ich angesichts deiner Abhandlung lediglich sagen: Ich lerne nicht aus !!

pk

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