Abtreibung?

5 Antworten

Ich bin bekennender "Pro-Choicer" - also nicht „für“ Abtreibungen, sondern für die „Wahl“. Ich bin dafür, dass Frauen selbstbestimmt über ihr Leben, ihren Körper und damit auch ihre Reproduktion entscheiden können. Das Recht auf reproduktive und sexuelle Gesundheit und Selbstbestimmung schließt aus dieser Perspektive auch das Recht auf den Abbruch einer (aus welchen Gründen auch immer) ungewollten Schwangerschaft ein.

Wohl kaum jemand ist "für" Abtreibungen oder hält sie für eine super Freizeitbeschäftigung, die man zwischen Frisörbesuch und Einkaufsbummel einquetscht. Ich bin dankbar für jede nicht notwendige Abtreibung.

Aber jede Frau kann während ihrer rund 35 Jahre Fruchtbarkeit in die Situation kommen, ungeplant bzw. ungewollt schwanger zu werden, ob nun durch Leichtsinn, Naivität, Dummheit, Unkenntnis, Geldmangel, falsche Anwendung von Verhütungsmitteln, häusliche Gewalt, Druck/Erpressung des Partners oder einfach durch Pech.

Schön, wenn dann dem ungeplant ein nun doch gewollt folgt und man nie in eine Schwangerschaftskonfliktsituation kommt. Ist eine Frau sich sicher, ein Kind physisch, psychisch, finanziell, partnerschaftlich und lebensplanerisch "stemmen" zu können - prima.

Aber jede Frau hat das Recht, eine Schwangerschaft nicht auszutragen, ob nun wegen des falschen Zeitpunkts, des falschen Partners oder wegen anderer Umstände, derer sie sich nicht gewachsen fühlt.

Wer vermag die Notlage einer Frau oder die Umstände objektiv zu beurteilen, ohne seine eigenen Werte mit einfließen zu lassen - außer die Frau selbst?

Es kommt sehr häufig vor, dass man sich in der Theorie eine abstrakte Meinung bildet ("Ich würde nie abtreiben."), bis tatsächlich einen die Praxis geradezu erschlägt.

Außer Frage, mit der Verschmelzung von männlicher Samenzelle mit der weiblichen Eizelle entsteht werdendes Leben. Der Embryo ist aber ohne "Brutkasten" Mutter nicht überlebensfähig und dieser Mensch (Schwangere) ist bereits existent.

Sollte diese zu einer ungewollten Schwangerschaft mit allen möglichen Komplikationen, Risiken und Spätfolgen und einer ungewollten Geburt mit allen möglichen Komplikationen, Risiken und Spätfolgen (und gegebenenfalls auch nach sich ziehende familiäre, gesellschaftliche und finanzielleProbleme) gezwungen sein?

Welches Recht hier höher zu bewerten ist, muss jeder selbst nach seinen eigenen ethischen, moralischen und religiösen Ansichten einschätzen. Diese kann er aber niemand anderem aufzwingen.

Ich habe jedes Verständnis für Frauen, die sich aus welchen Gründen auch immer für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden.

Ich habe aber auch jedes Verständnis für Frauen, die auch ein ungeplantes oder ungewolltes Kind austragen.

Ich habe jedoch kein Verständnis für Menschen, die sich anmaßen, ihre Meinung anderen aufzuzwingen oder sogar die Entscheidung einer Frau in einer Schwangerschaftskonfliktsituation zu be- oder verurteilen.

Alles Gute für dich!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich bin seit fast 40 Jahren Hebamme

Ich finde so ziemlich jeden freiwilligen Grund legitim, außer sowas wie z.B. wenn wegen dem falschen Geschlecht abgetrieben würde. Wobei ich da auch die Abtreibung besser finde, und denke, so Leute sollten besser gar keine Kinder bekommen.

Keine Frau sollte abtreiben müssen, aber jede die es möchte sollte es dürfen.

Ich finde, Kinder sollten nur gewollt auf die Welt kommen. Dabei ist "ungewollt" übrigens nicht das gleiche wie "ungeplant" (aus dem am Ende doch oft gewollt wird)

Das wird gerne in einen Topf geworfen ;)

Ich fände es absolut falsch, eine Frau, nur weil sie die falsche Begründung nennt, zum austragen eines Kindes zu zwingen.

Ich selbst hätte die Schwangerschaft, hätte ich nicht offiziell abtreiben dürfen, wie viele Frauen in der Geschichte es bereits getan haben, dann halt selbst versucht zu beenden, auch wenn das Risiko dabei zu verbluten recht groß wäre.

Meine Begründung dafür ist übrigens recht simpel: Bis zu einer gewissen Hirnreife ist das zwar ein Menschlicher Körper, aber eben einer der noch nichts von dem hat, was den Menschen wirklich ausmacht.

Er ist grundsätzlich noch nicht in der Lage zu fühlen, zu denken, etwas Wahrzunehmen oder zu empfinden.

Quasi wie eine leere Hülle, ein Mensch in dem noch keine Seele lebt, wenn man es spirituell ausdrücken möchte. Nüchtern betrachtet ähneln Föten anfangs Hirntoten: Grundsätzlich nicht in der Lage zu fühlen oder zu denken.

(Ich schreibe immer "Grundsätzlich in der Lage", weil fast immer die absurde Anschuldigung kommt "Jemand der schläft hat auch kein Bewusstsein, du bist also dafür, das man Menschen im Schlaf einfach so töten darf?" Falls dazu noch was nicht klar ist, bitte nachfragen!)

Von Experte isebise50 bestätigt

Insgesamt bin ich nicht "für Abtreibung".

Ich bin für Aufklärung und Verhütung, so dass es gar nicht erst soweit kommen muss.

Dennoch kann ich akzeptieren, dass manchmal eine Frau ungewollt schwanger wird und aus Gründen, über die ich nicht zu urteilen habe, eine Abtreibung möchte.

Meiner Meinung nach sollte keine Frau gezwungen werden, ein ungewolltes Kind auszutragen, auch wenn eine Abtreibung für mich selbst nicht in Frage kommt.

Was wäre denn die Alternative? Eine Frau zu zwingen, das Kind, das sie nie wollte, auszutragen? Wer das grundsätzlich für alle fordert, war noch nie schwanger.

Das würde bedeuten, der Körper der Frau wird ganze neun Monate lang fremdbestimmt. Über die langfristigen Folgen muss man sich nur mal kurz Gedanken machen.

Mit Wunschkind kann eine Schwangerschaft ein wunderbarer Zustand sein, du genießt die Zeit und freust dich über deine Kugel. Die lästigen Begleiterscheinungen - Unterleibsschmerzen, regelmäßige Übelkeit, permanentes Sodbrennen, Stimmungsschwankungen, Blasenschwäche, Schlafstörungen und so weiter nimmt man in Kauf, weil man sich ja schon auf das Kind freut. Aber sogar mit Wunschkind ist eine Schwangerschaft auch ein beängstigender Zustand. Der Körper verändert sich wie nie zuvor und du bist dem machtlos ausgeliefert. Ich weiß, der Vergleich hinkt, aber: stell dir mal vor, du hättest einen schnell wachsenden Tumor, der für alle möglichen körperlichen Einschränkungen sorgt, der deine kompletten Organe verschiebt und du könntest ihm sogar beim wachsen zusehen. Ist die Vorstellung nicht irgendwie gruselig?

Ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, wie schlimm es sein muss, ein ungewolltes Kind austragen zu müssen.

Und dann ist da ja noch die Geburt an sich. In Deutschland sind ca. 30% aller Geburten Kaiserschnitte, also eine massive, große Bauch-OP mit jeder Menge möglicher Spätfolgen (Wucherungen, Verwachsungen, beeinträchtige Funktion der Eierstöcke, Unfruchtbarkeit, Wundschmerzen, erhöhtes Risiko einer Plazenta accreta,...) und Komplikationen (Lungenembolie, starker Blutverlust, Thrombosen, ...) Bei den restlichen Geburten wird in etwa 30% der Fälle ein Dammschnitt gemacht - also das Gewebe zwischen Scheide und After durchgeschnitten. Es kommt auch nicht so selten vor, dass das Gewebe von selbst einreißt, wenn der Kopf des Kindes sich seinen Weg bahnt.

Der Beckenboden wird durch Schwangerschaft und Geburt massiv belastet. In einer britischen Studie gaben 38% aller befragten Frauen noch 12(!) Jahre nach der ersten Geburt an, eine persistierende (dauerhafte) Inkontinenz zu haben. Stell dir mal vor, was das bedeutet: du kannst nicht lachen, husten oder hüpfen, ohne ein paar Tropfen zu pinkeln.

Nicht weniger als 85 Prozent aller vaginal gebärenden Frauen müssen mit irgendeiner Verletzung ihrer Genitalien, Überdehnung und Abrissen der tragenden Muskeln und Bindegewebsplatten des Beckenbodens oder sogar dem Einreißen der Schließmuskeln des Enddarms rechnen, so beziffert es eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2015.

Das Spektrum reicht von oberflächlichen Dammrissen etwa an den Schamlippen oder der Scheidenschleimhaut, die häufig unbehandelt wieder abheilen, bis hin zu tiefen Dammrissen, die quer durch den Beckenboden gehen und im schlimmsten Fall auch den Analkanal erreichen.

Als Konsequenz der Geburtstraumata und des geschwächten Beckenbodens können später innere Organe wie die Gebärmutter durch die Scheide nach außen vorfallen, oder die Harnblase beult zum Beispiel die Vaginalwand aus und drückt sich in die Scheide hinein. Weitere Beeinträchtigungen sind Harninkontinenz oder Verlust der Kontrolle über den Darmschließmuskel, was mit unwillkürlichem Abgehen von Winden oder flüssig-schmierigem bis sogar festem Stuhl – einer so genannten Fäkalinkontinenz – einhergeht.

Das sind schon mal jede Menge körperliche Folgen für die Frau, die durch eine Abtreibung zu vermeiden sind, wenn das Kind nicht gewollt ist. Ich habe es echt so satt, dass auch hier im Forum immer so getan wird, als wäre das Schlimmste an Geburt und Schwangerschaft ein paar Streifen auf dem Bauch und ein paar Kilo mehr.

Leider wird die Verantwortung für die Verhütung nur allzu oft der Frau zugeschustert. Männer wollen kein Kondom benutzen, weil "sie dann weniger spüren", und so weiter.

Verhütungspannen sind demnach die Schuld der Frau und sie soll mit den Folgen leben. Eine ähnliche Argumentation habe ich schon öfters gehört, gerade aus dem eher christlichen Milieu. So, als ob die ungewollte Schwangerschaft Gottes Strafe für Sex außerhalb der Ehe darstellen würde; eine Strafe, welche man dann annehmen muss, weil man (bzw. natürlich Frau!) ja überhaupt Sex hatte..

Natürlich sollte nur Sex haben, wer (auch geistig) reif genug ist, sein Handeln und die möglichen Folgen zu überblicken. So ist es aber nun mal nicht. Es haben kaum aufgeklärte Minderjährige ebenso Sex wie Frauen in prekären Verhältnissen, die glauben, damit einen Mann "halten" zu können. Oder die sich ihre Drogensucht damit verdienen und kein Geld für die Pille haben. Oder betrunkene Menschen auf Partys, die das Kondom vergessen. Oder Männer, die während dem Sex heimlich das Kondom entfernen ("Stealthing"). Oder Typen, die der Partnerin versichern, "ihn vorher rauszuziehen", "da wird schon nichts passieren". Oder Frauen, die Antibiotika verschrieben bekommen haben, die dafür sorgen, dass die Pille nicht mehr wirkt - ohne dass die Frau davon wusste.

All diese Menschen haben Sex, egal ob ich persönlich nun finde, dass das gut ist oder nicht. Aber ich bin nicht diese anderen Menschen und ich bin nicht fehlerfrei genug, ihnen zu sagen "selbst schuld, da hättest du mal lieber keinen Sex gehabt/ da hättest du mal lieber besser aufgepasst/ dich besser informiert/ nicht ausgerechnet mit diesem Typ geschlafen".

Ich jedenfalls könnte keiner verzweifelten Frau, die einen (vielleicht einmaligen) Fehler gemacht hat, sagen "Du bist selbst schuld, warum lässt du dich auch vögeln. Jetzt musst du den ganzen Rest deines Lebens mit den Konsequenzen leben, weil du einmal eine dumme Entscheidung getroffen hast".

Von daher bin ich für das Recht auf Abtreibung und werde dieses auch immer verteidigen.

Und: nur weil Abtreibungen verboten sind, heißt das nicht, dass dann keine durchgeführt werden. Entweder es gibt sie heimlich unter medizinisch/hygienisch fragwürdigen Umständen, oder die betroffenen Frauen gehen ins Ausland. Als der "stern" 1971 seine berühmte "wir haben abgetrieben"-Story veröffentlichte, waren Abtreibungen in Deutschland ja auch noch komplett illegal. Und Engelmacherinnen gab es schon im Mittelalter.

Jede Frau, die eine Abtreibung vornimmt, hat einen guten Grund dafür und sei es ihre eigene psychische Gesundheit. Ja, sie nimmt dadurch dem Kind die Chance auf Leben, das kann man nicht wegdiskutieren. Aber sie gibt sich selbst die Chance, psychisch und physisch gesund weiterzuleben. Und das sehe ich eben als wichtiger an.

Das Kind austragen und zur Adoption freigeben, mag in Einzelfällen für betroffene Frauen die richtige Entscheidung sein, aber zum einen muss da die ungewollt Schwangere natürlich auch erstmal Schwangerschaft und Geburt durchmachen und dann gibt es da noch ein weiteres Problem:

Es gibt etwa 100.000 Abtreibungen pro Jahr in Deutschland, (Tendenz sinkend), aber nur etwa 3700 Adoptionen. Und davon sind gute zwei Drittel sogenannte "Stiefkindadoptionen", wo also der nicht-verwandte neue Ehepartner eines leiblichen Elternteils das Kind adoptiert. "Echte" Adoptionen von Nicht-Verwandten sind somit recht selten (etwa 1300). Auch die Zahl der adoptionswilligen Paare ist in den letzten 10 Jahren um ganze 40% gesunken. Grund: das Adoptionsverfahren dauert lang, hat viele Hürden und die moderne Reproduktionsmedizin ermöglicht vielen kinderlosen Paaren ein leibliches Baby.

Würden alle ungewollt schwangeren Frauen ihr Kind austragen (müssen), statt es abtreiben zu können, wären die Kinderheime und das Sozialfürsorgesystem massiv überlastet.

Es ist erst mal gesetzlich legitim.

Abgesehen von den genannten Gründen gibt es eben noch viele mehr die eine Frau dazu bewegen eine Schwangerschaft zu beenden.

Einfach "so" - ohne plausible Gründe - macht das keine Frau bzw der Anteil dessen ist sicherlich verschwindend gering.

Sollte kein Problem sein es ist ein verständlicher Grund

Ist nur ein Gedanke und hab dazu nie was gefunden in der art

man könnte vielleicht auch versuchen das Kind zu vermitteln an kinderlose Paare als alternative zur Abtreibung vielleicht mit einer art Vermittlung

Gibt es schon sowas in der Art?

Nataarius 
Fragesteller
 02.12.2021, 03:53

Ja es gibt die anonyme Geburt, wo man das Kind danach zur Adoption frei gibt. Nur wird das oft nicht gewählt, sondern eher die Abtreibung

1
StreetJump  02.12.2021, 03:54
@Nataarius

Okay danke dachte das die anonyme Geburt für Frauen in Not Lage sind

2
Nataarius 
Fragesteller
 02.12.2021, 03:56
@StreetJump

Nein die kann jede Frau wählen, wenn man erst angeben müsste, in welcher Notlage man steckt usw. wärs ja iwie nicht mehr anonym und abschreckend

0
Deamonia  03.12.2021, 09:41
@Nataarius
wärs ja iwie nicht mehr anonym

Ist es auch so nicht. Bei der sogenannten "Anonymen" Geburt werden alle Daten der Frau notiert, in einen Umschlag gepackt, wenn die Frau will noch mit einem Brief von ihr, und wenn das Kind ein bestimmtes Alter erreicht hat, darf es diesen einsehen.

Liegt daran, das Kinder das Recht haben, zu erfahren wer ihre Eltern sind.

Die "Anonyme" Geburt ist also alles andere als Anonym.

Das einzig wirklich Anonyme wäre die Babyklappe, aber dann müsste man vorher erstmal ohne jede medizinische Hilfe das Kind zur Welt bringen, und dann noch dort hinbringen.

Wobei selbst dann, immer wenn ein Baby in die Klappe gelegt wird, am nächsten Tag Suchmeldungen im Radio kommen, ob jemand eine Frau kennt, die vor kurzem noch schwanger war, nun aber kein Baby hat.

0
Elli113  02.12.2021, 08:31
man könnte vielleicht auch versuchen das Kind zu vermitteln an kinderlose Paare als alternative zur Abtreibung vielleicht mit einer art Vermittlung

Nennt sich Adoptionsverfahren. Sowas gibt es durchaus, ABER:

Es gibt etwa 100.000 Abtreibungen pro Jahr in Deutschland, (Tendenz sinkend) und nur etwa 3700 Adoptionen. Und davon sind gute zwei Drittel sogenannte "Stiefkindadoptionen", wo also der nicht-verwandte neue Ehepartner eines leiblichen Elternteils das Kind adoptiert. "Echte" Adoptionen von Nicht-Verwandten sind somit nur recht selten (etwa 1300). Auch die Zahl der adoptionswilligen Paare ist in den letzten 10 Jahren um ganze 40% gesunken. Grund: das Adoptionsverfahren dauert lang, hat viele Hürden und die moderne Reproduktionsmedizin ermöglicht vielen kinderlosen Paaren ein leibliches Baby.

Das Kind austragen und zur Adoption freigeben ist deshalb keine Lösung für alle ungewollten Schwangerschaften.

2
StreetJump  03.12.2021, 18:03
@Elli113

Okay danke für die Einblicke und Zahlen und Fakten ist echt interessant zu lesen

Bin halt nur ein Mann der sich oberflächlich damit auskennt

0