Nihilismus, Hedonismus oder Macht?
Eine Frage an oder Diskussion für bekennende Atheisten (und alle anderen). Wie beantwortet Ihr die drei "großen" philosophischen Fragen des Lebens. Wo kommt das Leben her? Was ist Sinn des Lebens? Was passiert danach? Und ist es nicht so, dass die Ablehnung von Gott und die Fokussierung auf das Weltlich nicht beinahe zwingend mündet in ein Nihilismus oder Hedonismus oder Machtstreben?
6 Antworten
Das Leben ist aus sich selbst heraus entstanden. Wie alles andere (das wir nicht erfunden haben) auch.
Es gibt keinen allgemeingültigen Sinn des Lebens. Erst das gibt uns die Freiheit, unserem Leben einen individuellen Sinn zu verleihen.
Es gibt kein "nach dem Leben" für das gestorbene Individuum. Der Tod ist das Ende der Existenz davon.
Und nein, die von dir genannten Vorschläge sind nicht die zwingende Folge des Atheismus. Im Gegenteil ist er lebensbejahend, im Gegensatz zu Religionen, die das Leben zugunsten eines fiktiven Jenseits vernachlässigen und damit spielen, als wäre es unendlich.
Der Atheist weiß in der Regel, dass jedes Leben nur diese eine Existenz hat und es im Anschluss für immer weg ist. Das macht u.a. empathisch, sozial und philantropisch.
Religionen hingegen machen unsozial, geizig und egoistisch, was wissenschaftlich erwiesen ist.
Ich persönlich bin lebensbejahender Nihilist. Meine Einstellung ist daher kurz gesagt: nichts hat einen vorgegeben Sinn, alles ist irgendwann weg. Also ist es an uns etwas Sinn zu verleihen und unser Leben so zu leben, dass es eine Bereicherung für uns und andere ist.
Hi hi bin kein Atheist aber Religion und Wissenschaft schließen sich nicht gegenseitig aus, auch wenn viele edgy millenials einem vom Gegenteil überzeugen wollen.
Leben kommt halt aus der guten alten Ursuppe.
Der sinn des Lebens ist pauschal nicht beantwortbar. Es gibt viele verschiedene Sichtweisen dazu. Jemand der sich stark an der Biologie orientiert wird sagen Fortpflanzung. Ein anderer der sich an Schillers Weltbild orientiert wird sagen "ein guter Mensch sein". Bei der Frage gibt es also kein falsch und richtig
Auch eine Frage die man pauschal nicht beantworten kann. Ich denke dass nach dem Tod das gleiche passiert wie vor der Geburt. Also ein nichts aber man selber bekommt es nicht mit weil man auch zu nichts wird. Man kann halt nicht sagen dass nach dem Tod wirklich ein Leben auf einen wartet genauso wie man sagen kann, dass keins auf einen wartet. Also ist das nur eine Frage des persönlichen Glaubens.
Nein ohne Religion wird es nicht nur den nihilismus etc geben. Religion ist nicht die einzige Instanz die einem Moral und Sitten an den Tag legen kann und solange es so eine Alternative Instanz gibt wird es nicht nur nihilismus etc geben.
Den Sinn schaffen wir selbst - wir sind nach Satre "zur Freiheit Verdammt".
Und nein, es muss nicht zu Machtstreben oder Hedonismus (wobei ich letzteres nicht negativ sehe) führen, sondern vor allem zur Befreiung des Menschen:
„Darin besteht die verborgene Freude des Sisyphos. Sein Schicksal gehört ihm. Sein Fels ist seine Sache. [...] Der absurde Mensch sagt ja, und seine Anstrengung hört nicht mehr auf. Wenn es ein persönliches Geschick gibt, dann gibt es kein übergeordnetes Schicksal oder zumindest nur eines, das er unheilvoll und verachtenswert findet. Darüber hinaus weiß er sich als Herr [recte: den Herrn] seiner Tage. In diesem besonderen Augenblick, in dem der Mensch sich seinem Leben zuwendet, betrachtet Sisyphos, der zu seinem Stein zurückkehrt, die Reihe unzusammenhängender Handlungen, die sein Schicksal werden, als von ihm geschaffen, vereint unter dem Blick seiner Erinnerung und bald besiegelt durch den Tod. Derart überzeugt vom ganz und gar menschlichen Ursprung alles Menschlichen, ein Blinder, der sehen möchte und weiß, daß die Nacht kein Ende hat, ist er immer unterwegs. Noch rollt der Stein. […] Dieses Universum, das nun keinen Herrn mehr kennt, kommt ihm weder unfruchtbar noch wertlos vor. Jeder [recte: jedes] Gran dieses Steins, jedes mineralische Aufblitzen in diesem in Nacht gehüllten Berg ist eine Welt für sich. Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
– Der Mythos des Sisyphos: 6. Aufl., Reinbek, 2004. S. 159f.
Wo kommt das Leben her?
Diese Frage habe ich mir ehrlich gesagt nie ernsthaft gestellt. Ich glaube aber im Hinblick auf den von dir genannten Nihilismus nicht, dass das überhaupt eine Rolle spielt, geschweige denn von Bedeutung ist. Wir können diese Welt nicht verstehen und bei der Frage nach dem Huhn oder dem Ei werden wir uns immer wieder die Zungen weich kauen, ohne der Antwort jemals näher zu kommen. Es kann sein, dass es für alles existierende irgendwann einen Startpunkt gab. Doch warum sollte es für uns eine Rolle spielen? Wir werden die Antwort nie erfahren. Und selbst wenn wir sie hätten, was würde sie an der Gegenwart ändern?
Was ist der Sinn des Lebens?
Die Frage habe ich sehr häufig beantwortet. Um mir aber einen ewig langen Aufsatz zu ersparen, verweise ich auf große Denker wie Nietzsche, Albert Camus oder Satre und Schopenhauer.
Kurz gesagt hat das Leben für mich keinen Sinn und ich sehe auch keinen Anlass dafür, in dieser komplexen und zutiefst widersprüchlichen Welt nach einer höheren Bedeutung zu suchen, die ohnehin nicht objektiv existiert, sondern nur in unseren Köpfen. Ich glaube, dass diese Suche einen viel schneller in eine Identitätskrise stürzt als die Anerkennung und Akzeptanz des Absurden. Beide Dinge münden unter Umständen in einer nihilistischen Krise, doch entscheidet sich daraus erst, wie man damit umgeht. Entweder man stürzt sich in religiöse Sphären und versucht dem Nihilismus durch fiktive Ketten zu entfliehen, bzw. ihn zu verleugnen oder man stellt sich der Sinnlosigkeit und schafft neue Werte und Ideale, die auch trotz nihilistischem Bewusstsein in vollen Zügen erlebt und ausgelebt werden können.
Was passiert danach?
Nichts. Wir können uns an die Milliarden Jahre vor unserer Geburt auch nicht erinnern. Also werden wir den Tod auch nicht als ewige Leere wahrnehmen. Der Tod bildet für mich das Ende des Menschseins und damit auch das Ende der Existenz und das vollständige Ende der menschlich konstruierten Realität. Im Tod gibt es kein durch den Menschen geschaffenes System, keine Moral, keine Werte, keine Bedeutung, keine Ansprüche, keine Normen. Im Tod ist nichts mehr von Bedeutung, was wir vorher zu Lebzeiten als bedeutsam empfunden und gepredigt haben. Im Tod fällt die menschlich geschaffene Welt wieder in seine Einzelteile zusammen. Im Tod sind wir alle gleich (bedeutungslos).
Mündet die Ablehnung von Gott und die Fokussierung auf das Weltliche im Nihilismus, Hedonismus oder im Machtstreben?
Ersteres und Zweiteres können sein. Der Mensch entscheidet selbst, wie er mit der Ablehnung der metaphysischen Welt umgeht. Die einen schließen sich einer hedonistischen Weltanschauung an, andere versinken im Nihilismus. Es kommt immer auf den jeweiligen Menschen an und durch was er geprägt wird, wie er denkt und ob und inwieweit er sich überhaupt für philosophische Themen interessiert.
Ich für meinen Teil habe eine Zeit meines Lebens einfach gelebt - ohne jemals einen Gedanken über den Sinn des Lebens zu verlieren. Weil es für mich lange nicht interessant war. Ich bin atheistisch aufgewachsen - religiöse Themen haben nie eine Rolle gespielt. Daher habe ich mir solche Fragen nie stellen müssen.
Zur Philosophie kam ich erst, als ich die ersten klassischen Rückschläge im Leben erlebt habe und erstmalig mit Wut, Hoffnungslosigkeit und tiefer Verzweiflung konfrontiert wurde. Und in diesem Fall bin ich tatsächlich in einem recht düsteren Nihilismus gelandet, der mir jede Hoffnung genommen hatte. Doch gleichzeitig hatte mir diese Sinnlosigkeit irgendwann einen Schub verpasst, der mich dazu motivierte, mich intensiver mit den Fragen nach dem Sinn zu beschäftigen. Und bei der Suche nach einer Erklärung für meine eigene Melancholie, meine Ablehnung und meine innere Abscheu vor mir selbst und der Welt bin ich auf den Existenzialismus und Nihilismus gestoßen. Und durch die Auseinandersetzung damit habe ich Wege gefunden, wie ich mit meinen Gefühlen umgehen und erneut zu Spaß und Freude kommen kann. In Denkern wie Schopenhauer, Camus, Satre und Nietzsche habe ich mich selbst wiedergefunden.
Ich habe aber eben negative Erfahrungen gemacht, die mich am Ende zum Nihilismus führten. Es gibt aber eben genauso Menschen, die in solche Sphären nie abgedriftet sind und an dem Punkt weitergegangen sind, den ich aus der Kindheit kenne. Nämlich entweder das prinzipielle Nichtinteresse für philosophische Fragen oder eine optimistischere philosophische Überzeugung, die sicher viele beispielsweise im Hedonismus gefunden haben. Wieder andere haben völlig neue und andere Vorstellungen vom Leben. Ich glaube allerdings nicht, dass es nur Nihilismus oder Hedonismus gibt. Viele stehen sicher auch irgendwo dazwischen.
Drittes existiert aber unabhängig von der philosophischen Überzeugung. Religionen sind auch nichts anderes als Imperien, die nach Macht streben. Das Christentum oder der Islam sind Religionen, die ganze Staaten und Gesellschaften kontrollieren und führen. Wenn etwas in dieser Welt der Macht frönt, dann sind das korrupte und gierige Geistliche, die durch religiöse, dogmatische Erziehung und Manipulation die Gesellschaft für eigene Profite ausbeuten.
Religion war für wenige schon immer ein Mittel zum Machterhalt und zur Expansion.
Du meinst, dass dein Gott existiert, dann beweise seine Existenz! Dann werde ich mich nicht mehr so auf das Weltliche konzentrieren.
Das Universum besteht nur aus immer der einen unendlichen Menge von Energie und Materie. Da ist kein Jenseits und kein Gott. Aus der physikalischen, chemischen und biologischen Bewegung von Energie und Materie resultiert alles, auch die besonderen Bedingungen auf unserem Planeten, die das Leben und dessen Entwicklung zuliessen. Wie das Universum besteht der Mensch nur aus Energie und Materie und folglich muss er seinen materiellen Bedürfnissen nachkommen.
Nihilismus, Hedonismus und Machtstreben - das alles kann nicht mein Problem sein.