Die griechische und römische Antike waren kein Paradies für Schwule und Lesben.

4 Antworten

Ich bin durchaus bis zu einem gewissen Grade in entsprechenden Communitys unterwegs und habe dort eher nicht mitbekommen, dass die als Musterbeispiele angeführt werden, sondern eher als Gegenargumente gegen Konservativ-Traditionalistische Positionen, welche Rollenbilder im Grunde über das definieren wollen, was sich während der letzten 250 Jahre oder so herausbildete, aber das als "Uralte Abendländische Identität" o.ä. verkaufen wollen...

Dabei geht es weniger um eine Idealisierung als vielmehr um das in fragestellen sehr eng gefaster kultureller Identitätskonstruktionen.


Question3Ad 
Beitragsersteller
 10.02.2025, 19:23

Das kann ich gut verstehen und ich bin auch der Meinung. Man kann es aus meiner Sicht als Beweis nehmen, dass Homosexualität im Allgemeinen keine “Modeerscheinung” ist solange man es nicht idealisiert. Ich frage mich allerdings, weshalb andere historische Kulturen wie die indischen Veden, Polynesien, Navajo, Zuli, Bugis oder San nicht genommen werden. Diese waren meinen Kenntnissen nach nicht nur generell deutlich egalitärer und weniger grausam als das Antike Griechenland und das Antike Rom, sondern diese Kulturen boten auch eine Bandbreite an sexueller Vielfalt. Bei San in Afrika zum Beispiel konnte man Artefakte sogar noch aus der Steinzeit finden, die auf Homosexualität oder Transidentität hindeuten. Diese Kulturen wären aus meiner Ansicht viel geeigneter. Aber wahrscheinlich (so vermute ich) sind diese Kulturen leider zu unbekannt. Was ich zwar Schade finde, aber die Leute kennen wohl eher das Antike Griechenland oder Rom.

Yomimaru  10.02.2025, 19:35
@Question3Ad

Primär weil es bei den Diskussionen oft um eine Spezifisch "Abendländische" oder europäische Kultur geht in welcher sich Konservative u.ä. hierzulande durch Queere Lebensrealität bedroht fühlen...
da bringt dann der verweis auf Gruppen von denen sich diese Personen ohnehin eher abgrenzen als sich damit zu identifizieren wenig.

Ich selbst neige zwar dazu eher Gemeinsamkeiten zu betonen (und dann z.B. auch in anderen Bereichen z.B. chinesischen Taoismus und Griechen Kynismus als verwandte Ideologien anzusehen, auch wenn sie keinerlei Austausch gehabt haben dürften etc.) aber das bringt halt in einer Diskussion wenig wo der gegenüber eben genau vom Gegenteil ausgeht.

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Beitragsersteller
 10.02.2025, 20:10
@Yomimaru

Danke für diese Anmerkung. Ich würde dann vorschlagen: Bei der Frage ob es in der europäischen Geschichte schon früher Homosexualität gab, da sollten wir tatsächlich eher auf europäische Beispiele zurückgreifen. Die minoische Kultur (ebenfalls eine griechische Kultur bis um etwa 1600 vor Christus auf Kreta) scheint auch egalitärer im Allgemeinen gewesen sein als das spätere Antike Griechenland und Hinweise deutet daraufhin, dass Homosexualität hier auch nicht unüblich war und dort wahrscheinlich akzeptiert wurde. Diese minoische Kultur könnten wir dann eventuell auch noch in Betracht ziehen. Aber ich stimme dem zu, die anderen von mir genannten Kulturen sind eher Beispiele für außerhalb Europas. Diese kann man dann aber bei der Frage vorlegen ob es Homosexualität oder Transidentität generell unabhängig vom Kontinent schon auch vor Jahrtausenden gab und nicht erst in den letzten Jahrzehnten.

Yomimaru  10.02.2025, 21:48
@Question3Ad

Ja, die Minos ginge aber auch hier greifen wieder psychologische Mechnaismen wie Verfügbarkeitsheuristik etc. - d.h. Menschen halten für wahrscheinlicher an was sie sich besser erinnern können...

...wenn ich also Beispiele bringe, wenige Verknüpfungen im Gehirn haben, erziele ich ggf. das Gegenteil des erwünschten, d.h. Anstelle das konservative Idenditätskonzept in Frage zu stellen, wirkt dass als würde ich Rosinenpickerei betreiben, sowas lässt sich viel leichter in die Schublade "Ausnahme von der Regel" packen, als wenn ich Griechen, Römer und "Germanen" anführe etc.

Deshalb ist unkonkreter manchmal leider auch deutlich effektiver als konkret, weil dass eben auch oft eher unter "Ausnahme" eingeordnet wird.

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Beitragsersteller
 11.02.2025, 09:06
@Yomimaru

Ok. Vielleicht könnten wir uns darauf einigen, dass das Antike Griechenland und das Antike Rom als Gegenargumente zu “Homosexualität in Europa ist eine Modeerscheinung” nützlich sind, dazu vielleicht auch noch andere europäische Kulturen wie die minoische. Allerdings sollte die Queere Community diese nicht idealisieren und im Hinterkopf die Schattenseiten der griechischen und römischen Antike behalten. Wer sich jedoch umfangreicher über die Geschichte der sexuellen Vielfalt informieren möchte oder nach wirklichen vergleichsweise fortschrittlichen historischen Beispielen oder Beispielen außerhalb von Europa sucht, da könnten dann mehr die anderen Kulturen erwähnt werden. In Afrika und Indien beispielsweise ist sexuelle Vielfalt heute auch ein ganz heikles Thema. Dort könnte man dann eher auf die indischen Veden oder die San zurückgreifen.

Yomimaru  11.02.2025, 19:12
@Question3Ad

Ja, natürlich, nur habe ich bisher nicht mitbekommen, dass sie dort Idealisiert würde.
Umgekehrt auch eher selten, dass sie von außen Attackiert wurde, was einer der Gründe sein dürfte, weshalb sie gerne genommen wird*, sondern eher aus den eigenen Reihen - das mag jetzt natürlich auch daran liegen wo ich dort unterwegs bin, was allgemein relativ Linke und Progressive Kreise sind, aber die Antike ist da eher kein Sehnsuchtsort sondern selbst Gegenstand harter Kritik an Patriarchat und Privateigentum.

*(ist in anderen Politischen Diskussionen nervig wo oft recht schnell Stalin, Nordkorea und Pol Pot hervorgeholt werden und dann eingeschnappt reagiert wird, wenn mensch die gesamte Kolonialgeschichte, über CIA-Aktionen während des Kalten Kriegs bis Guantanamo ausbreitet, von wegen das wäre alles typisch Linksextremer antiwestlicher hass, während sie es waren welche mit Red-Scare-Allgemeinplätzen angefangen haben)

Ich bezweifle, dass man wirklich so ganz genau weiß wie es vor ca. 2.500 - 2.000 Jahren war.

Das ist m. W. falsch bzw. anders

Bei den Römern war Anal als passiver Teil unter Männern geächtet. Man durfte aktiv sein. Das war ok. Der Akt wurde aber wohl als Unterwerfung bewertet.

Die Greichen waren da wohl etwasfFreier und nicht umsonst wird anal ja auch als "griechisch" bezeichnet.

Die Ächtung der Homosexualiät ist eher christlichen Ursprungs.

Das die Gesellschaften anders als heute waren, ist eine Binsenweisheit und m. E. keiner Erwähnung wert.


Question3Ad 
Beitragsersteller
 10.02.2025, 18:38

Bei einer Beziehung zwischen zwei freien männlichen Römern, musste ja einer davon die passive Rolle einnehmen. Deswegen waren sie ja verpönt. Und auch im Antiken Griechenland weißen viele neue Entdeckungen daraufhin, dass schwule Beziehungen unter erwachsenen Bürgern mit nur wenigen Ausnahmen ebenso wie in Rom geächtet wurden. Verbreitet war vor allem die Knabenliebe. Und auch in diesen Konstellationen zwischen erwachsenen Männern und männlichen Jugendlichen kam Analsex vor. Was erklären dürfte, weshalb es griechischer Sex genannt wird.

Obwohl es in beiden Kulturen auch viele moralische und sittliche Entgleisungen gab, die zum Untergang führten, waren die Standards sehr wohl allen bekannt.