Wollt ihr mal ein Brunnen bauen lassen (in Afrika oder so)? ⛲

Ne, ist mir egal 67%
Ja, will ich 33%

27 Stimmen

12 Antworten

Ja, will ich

Ich würde sogar einen noch besseren bauen damit der Brunnen auch stabil ist.

Tolle Einstellung, viel Glück!

Ne, ist mir egal

Du meinst es gut. Du willst helfen. Du spendest für einen Brunnen in Afrika. Sauberes Wasser für ein Dorf. Ein einfacher Akt, ein gutes Gefühl. Auf dem Foto siehst du Kinder, die lachen. Eine Pumpe, ein Sonnenuntergang, ein Dankesplakat mit deinem Namen. Alles fühlt sich richtig an. Aber vielleicht hast du nichts verändert. Vielleicht hast du mehr zerstört als geholfen. Vielleicht bist du gerade ein Teil eines Problems geworden, das sich als Lösung verkleidet.

Der westliche Helferblick liebt einfache Geschichten. Durstiges Dorf. Guter Brunnen. Dankbare Menschen. So funktioniert Spendenmarketing. So funktioniert Ego-Rettung. So funktioniert die Illusion, man könne mit Geld die Welt heilen. Doch die Realität vor Ort sieht anders aus. Der Brunnen rostet oft nach wenigen Jahren. Niemand fühlt sich zuständig. Die Ersatzteile sind teuer oder gar nicht verfügbar. Die NGO ist längst weitergezogen. Die Kinder, die gestern noch gelacht haben, laufen heute wieder zum alten Wasserloch. Aber das steht auf keiner Website.

Hilfst du wirklich, wenn du Verantwortung ersetzt statt sie zu stärken? Wenn du technische Lösungen bringst, aber kein System aufbaust, das sie erhält? Wenn du Geld gibst, aber niemanden fragst, ob er überhaupt gefragt werden will? Entwicklung ist kein Geschenk, das man überreicht. Entwicklung ist ein Prozess, der wachsen muss. Langsam. Komplex. Oft schmerzhaft. Aber ehrlich. Und Ehrlichkeit heißt auch: Nicht jeder Brunnen ist ein Fortschritt. Manchmal ist er eine Entmündigung. Manchmal ist er ein Denkmal westlicher Arroganz in Beton gegossen.

Du glaubst, Wasser sei ein universelles Gut. Aber Wasser ist auch Macht. Wer den Zugang kontrolliert, kontrolliert mehr als nur Durst. Ein neuer Brunnen kann alte Konflikte entfachen. Plötzlich entscheiden Männer über etwas, das vorher in Frauenhänden lag. Plötzlich entstehen neue Abhängigkeiten. Neue Spannungen. Neue Ungleichgewichte. Niemand hat dir das erzählt, als du gespendet hast. Du hast geglaubt, du gibst Leben. Vielleicht hast du aber Kontrolle verteilt. Ungleich verteilt. Ohne es zu merken.

Auch das Wort „Hilfe“ selbst ist trügerisch. Es schmeckt nach Gnade. Nach Oben und Unten. Nach Ich hab und Du brauchst. Aber was, wenn die Menschen gar keine Hilfe wollen, sondern Möglichkeiten? Was, wenn sie Lösungen suchen, die aus ihnen selbst wachsen? Was, wenn sie dich gar nicht brauchen, sondern nur in Ruhe gelassen werden, um ihre eigenen Wege zu gehen? Was, wenn du mit deinem Brunnen nicht nur Wasser bringst, sondern auch das stille Signal: Ihr schafft es nicht allein?

Ein Brunnen, gebaut von außen, kann das zerstören, was vor Ort gerade erst entstanden ist. Eine lokale Initiative. Ein Kooperativenmodell. Ein kleines Geschäft, das Wasser verkauft. Mit deiner Spende hast du vielleicht das kaputt gemacht, was langfristig tragfähig gewesen wäre. Aber das war nicht auf dem Flyer. Auf dem Flyer war ein glückliches Kind. Und dein gutes Gefühl. Dass echte Entwicklung oft mit Rückschlägen beginnt, mit internen Lösungen, mit Reibung und Verantwortung – das hat dir keiner gesagt.

Du meinst es gut. Ich glaube dir das. Aber Gutes zu meinen ist nicht genug. Gutes zu tun braucht mehr als Absicht. Es braucht Demut. Es braucht Zuhören. Es braucht die Bereitschaft, nicht der Retter zu sein, sondern der, der hinterfragt. Der nicht sofort hilft, sondern erst fragt, ob Hilfe überhaupt Hilfe ist. Und der dann nicht wegsieht, wenn die einfache Geschichte bröckelt.

Vielleicht ist der wirkliche Fortschritt nicht der Brunnen. Vielleicht ist es das Gespräch, das du nie geführt hast. Vielleicht ist es das Projekt, das du unterstützt, obwohl es keine schönen Bilder liefert. Vielleicht ist es die Geduld, die du aufbringen musst, wenn du merkst, dass Entwicklung nichts ist, was man spendet, sondern etwas, das wächst, langsam, chaotisch, menschlich.

Und vielleicht, nur vielleicht, ist echte Hilfe nicht der Brunnen, sondern der Moment, in dem du aufhörst, dich als Helfer zu sehen.

Nein, aber egal ist es mir auch nicht. Es gibt da vor Ort Brunnenbau-Betriebe, also beauftrage die anstatt sie mit kostenloser Konkurrenz in die Pleite zu treiben und für noch mehr Arbeitslosigkeit zu sorgen. Ich war mal in Beira, Mosambik, und lernte da einen deutschen Bauingenieur kennen, der von der Caritas entsandt worden war um den Brunnenbau voran zu bringen. Er war zu doof zu merken, dass in den Gelben Seiten des örtlichen Telefonbuchs jede Menge Brunnenbau-Firmen standen, und in einem ganzen Jahr hatte er noch nicht einen einzigen Brunnen zustande gebracht. Aber ein mega-frommer Katholik war er, das ist für die Caritas wohl immer noch am allerwichtigsten.

Cool! Ich spende jeden einzelnen Tag durch den Kauf meiner Nems genau für solche Projekte World Vision). :-)

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Networker im Bereich Gesundheit & Fitness