Empfindet ihr duschen als anstrengend?
also ich rasiere mich zb in der Dusche, Haarmaske, Spülung, body scrub usw denke mal das machen Männer jetzt eher nicht so..
Ich hatte letztens eine Diskussion mit einem Mann, weil der meinte, dass das nicht normal sei…
Gibts wirklich Leute, die sich diesen Terror gerne antun? Ich muss mich dafür immer aufraffen und es ist verschwendete Kraft
55 Stimmen
16 Antworten
Ich denke immer dran, wie frisch und toll ich mich danach fühle. Dann gibt mir das mehr Motivation.
Was das rasieren angeht, bin ich gottseidank gelasert. Sonst wäre ich nicht so happy damit.
Also manchmal bin ich 90min unter der dusche und genieße jede Sekunde, manchmal sind 5min schon anstrengend, je nach Laune usw. halt...
Mich wohlzufühlen ist definitiv keine Ressourcenverschwendung
Das Aufraffen gehört dazu, aber die Wärme kann für längere Zeit anstrengend werden. Ebenso das Ausmachen vom Duschkopf.
Ich bin manchmal zu faul dazu, dann genieße ich es aber
Anmerkung: Die Antwort ist wieder sehr lang geworden und wahrscheinlich tmi, aber das Thema frustriert mich sehr und ich wollte mich darüber auslassen und einiges erklären und was weiß ich was.
Weiter im Text:
Für mich persönlich ist es das, ja. Wobei: Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann ist es gar nicht mal das Duschen direkt, sondern alles, was davor kommt. Sobald ich unter der Dusche bin und mein gesamter Körper (plus Haare) mal nass ist, läuft der Rest relativ gut. Shampoo, Haarspülung, Duschgel, eventuell noch Peeling, Gesichtswaschgel - Fertig.
Aber alles davor ...
Bereits als Kind und als Jugendliche war ich nur sehr schwer und allerhöchstens alle zwei Wochen unter die Dusche zu kriegen. Baden hasste und hasse ich sogar noch mehr. Das selbe galt für meine Haare. Meine Mutter konnte sie zum Glück wenigstens regelmäßig bürsten. Ansonsten hätte ich heute wahrscheinlich nicht so volles, langes Haar. Ich wollte nie duschen und ich würde so einiges tun, um zu verhindern, dass ich es musste. Als Kind und Jugendliche war es mir auch nicht so wichtig, wie ich aussah. Das fing erst an, als ich volljährig wurde. Doch selbst jetzt, wo es mich kümmert, fällt es mir sehr schwer.
Ich versuche mir immer, einzureden, dass es nicht so schlimm ist und ich weiß selber, dass ich mich danach besser fühle. Denn das stimmt. Nach dem Duschen fühle ich mich jedes Mal besser. Ich versuche, es meinem Gehirn alles so schmackhaft wie möglich zu machen. Ich versuche, die Handtücher etc. so früh wie möglich rauszulegen, ich versuche, Produkte zu verwenden, die ich wirklich mag (zuvor musste ich sie regelmäßig wechseln, um mich zu motivieren). Im Winter ist die Heizung an, so, dass der Wechsel von warm zu kalt (wenn ich mich entkleide) nicht so schlimm ist. Wenn ich weiß, dass ich duschen muss, werde ich spätestens eine Stunde vorher dafür sorgen, dass ich nur noch das Minimum (also Unterhose und Nachthemd/dünnes Oberteil) an habe, damit ich mich im Winter bloß nicht zu gemütlich in meiner warmen Kleidung fühle. (Was dafür sorgt, dass ich den meisten Tag mit viel zu kurzer Kleidung dahocke und dann friere ich.)
Doch ich werde mich wohl niemals an das Gefühl von Wasser an meiner trockenen Haut gewöhnen können. Es regt mich auf und irgendwie tut es sogar weh. Wie können Leute das aushalten? Dein Körper ist komplett trocken und plötzlich kommt das Wasser und, ach, ich weiß auch nicht. Ich fange stets von unten an und arbeite mich langsam hoch. Nachdem das erledigt ist, bin ich drin, dann mache ich weiter und höre nicht plötzlich auf, aber das Ding ist eben, dass ich solch eine lange mentale Vorbereitungszeit fürs Duschen brauche. Ein Tag reicht da eigentlich gar nicht. Ich hab schon Angst vor der nächsten Dusche, sobald ich aus der Badewanne steige.
Ich glaube, Anstrengung und Belohnung sind für mich einfach nicht ausbalanciert. Ich muss mehr Anstrengung reinstecken, als ich Belohnung dafür bekomme. Oder mein Gehirn nimmt die Belohnung (dass ich mich danach sauber fühle und stolz auf mich bin) nicht wahr. Nicht genug, als dass es die Anstrengung rechtfertigt. Mein Gehirn und mein Körper haben nicht genug Zeit, um sich zu regenerieren. In solchen Momenten wünschte ich mir, der Tag hätte mindestens 48 Stunden.
Es gibt so viele Dinge, die mich vom Duschen ablenken können. Bei mir ist das wirklich so, dass wortwörtlich alles Energie wegnimmt - von der wenigen Energie, die ich für den Tag habe -, selbst, wenn ich "gar nichts" tue oder etwas tue, was mir Spaß macht. Also ja, man kann hoffentlich erkennen, weshalb das für mich sehr anstrengend und nervenaufreibend ist. Wahrscheinlich sollte ich hier erwähnen, dass ich Autistin bin, also kommen all die anderen Probleme wie Executive Dysfunction und der ganze sensorische Aspekt noch dazu.
Sämtliche Routinen, bzw. Dinge, die andere ganz intuitiv tun, sind für mich sehr schwer. Was seltsam klingt, wenn man meinen Autismus bedenkt, aber es ist wirklich so. Ich kann keine Routinen aufbauen. Weil ich nichts "automatisch" tue - Außer atmen. Ich muss immer denken, denken, denken, daran denken. Selbst ans Trinken muss ich denken. Uhrzeiten könnte ich mir auch setzen. Hatte ich mal getan - War alles realistisch, das bare minimum. Hab ich nicht hingekriegt. Und was man auch verstehen muss (um meine Probleme und meinen Frust damit zu verstehen): Ich tue mich sehr schwer damit, Aktivitäten zu wechseln. Aufgrund von Executive Dysfunction. (Das haben die meisten Autisten und ADHSler.) Eben, während ich diese Antwort schreibe, habe ich bemerkt, dass ich Durst habe. Aber mein Becher war leer. Also musste ich ihn mir auffüllen. Das war nicht schön. Und ich muss auf Toilette, aber ich kann noch nicht gehen, weil ich erst diese Antwort zu Ende schreiben muss. Und so ist das mit fast allen Dingen. (Deshalb renne ich auch oft zur Toilette. Auf den letzten Drücker quasi.) So ähnlich ist das beim Duschen. Ich bekomme mich erst dazu, wenn ich mich wirklich absolut eklig fühle, was meistens leider erst nach 3-7 Tagen passiert. Genau so, wie ich erst auf die Toilette gehen kann, wenn es wirklich ganzganzdolledringend ist, wie ich meistens erst trinke, wenn mein Mund (und meine Kehle) sich trocken anfühlen.
Und wenn ich duschen gehe, bevor ich mich eklig und widerlich fühle, assoziiert mein Gehirn die Aktivität Duschen nicht mit genug Positivem. Die Glücksgefühle danach sind nicht hoch genug. Genau so, wie die Regenerationszeit (und die mentale Vorbereitungszeit, die ich brauche, um die Dinge zu erledigen, die ich vor dem Duschen tun muss, aka. Handtücher, Vorleger, Kehren, Kleidung zum wechseln usw.) nicht lange genug ist. Aber das Problem ist, dass mein Körper sich erst nach zu langer Zeit eklig genug fühlt - Ausnahme wäre ein heißer Sommertag, wenn wir von einer Wanderung zurück sind, aber dann bin ich körperlich so kaputt, dass ich nichts mehr tun kann und schon gar nicht duschen - und deshalb ... ja.
Ganz ehrlich. Ich werde nie verstehen, wie Leute das einfach tun können. Wie schaffen die das, jeden oder jeden zweiten Morgen/Abend/Nachmittag? Oder sogar zweimal am Tag? Wie können die einfach die Kleidung ausziehen und reingehen, das Wasser anmachen? Bekommt deren Gehirn viel mehr positive Glücksgefühle dadurch, als es meins tut? Oder brauchen sie diese Glücksgefühle gar nicht, weil es einfach Part ihrer Routine ist und sie benötigen generell nicht viel oder nur minimal Energie für ihre Routine? Die ... machen das eben einfach???? Weil man es "eben tun muss"? WIE??? (Na gut, ich hab ja auch eine Behinderung, von daher. Da soll nochmal wer behaupten, Autismus sei generell keine Behinderung.)
Ich weiß also, dass das bei mir persönlich nicht an meinem Geschlecht liegt (außer, wenn ich meine Periode habe). Ich rasiere mich auch nicht (sieht man eh nicht und ich hab Reibeisenhaut, also ist meine Haut sowieso wie Schmirgelpapier - ob mit oder ohne Härchen.)
Terror
Oh ja, Terror ist's. Ich muss sozusagen ständig Krieg gegen mein Gehirn und meinen Körper führen und die beiden gaslighten, dass wir das schon hinkriegen und dass das Gefühl nach der Dusche es wert sein wird. Dass es sich all den Schmerz nur einbildet und so schlimm ist es doch gar nicht. Ich lüge mich an, dass es keine negative, sondern eine positive Sensory-Experience ist. Ja, es ist ganz wunderbar. Du liebst Wasser, Zitruseulchen. Toll anfühlen wird sich das. Du weißt gar nicht, wie sehr ich mir wünschte, Duschen wäre wirklich eine positive Sensory-Experience für mich. (Um das zu erklären: Wir Autisten haben viele sensorische Abneigungen, aber wir mögen auch viele sensorische Dinge. Was das ist, ist bei jedem anders. Zum Beispiel liebe ich es, Glitzer anzuschauen. Und was wir als positiv oder negativ wahrnehmen, kann ganz unterschiedlich sein. In vielen verschiedenen Bereichen. Und natürlich gibt es auch Autisten, die Wasser und Duschen als sensorisch positiv wahrnehmen. Deshalb wünschte ich mir, bei mir wäre das genau so. Vielleicht würde es mir dann leichter fallen.)
Sobald ich irgendeinen Schritt tun muss, bevor ich das Eigentliche tun kann, kann ich das Eigentliche nicht tun, bzw. nur mit sehr viel Gaslighting, Anstrengung und, alledem. Mit Zähneputzen ist das genau so. Ich kann nicht aufstehen, ins Badezimmer gehen und da dann dumm rumstehen und mir die Beißerchen schrubben. (Auch der sensorische Aspekt.) Also liegt mein Zahnputzzeugs auf meinem Nachttisch. Da kann ich vom Schreibtisch aus direkt danach greifen und sogar ein Video dabei schauen. Das lenkt mich auch etwas von dem sensorischen Aspekt ab. Es ist weniger langweilig, weniger anstrengend (immer noch ein Kampf, mich dazu zu kriegen, aber es hilft trotzdem), ich werde abgelenkt, also putze ich meine Zähne auch lange genug und es steht kein Hindernis (aufstehen, ins Badezimmer schlendern) zwischen mir und der Aktivität Zähneputzen. Aber Duschen? Duschen, ja, ... Duschen ... Ich leb' ab sofort einfach naggisch in der Badewanne - So sieht's aus. Ech jetzt. Eine andere Lösung gäbe es für mich nicht. Ist nur leider nicht machbar. Unser Badezimmer ist viel zu klein dafür.
Und ich mag es auch nicht, das alles getrennt zu machen. Das wäre ja ein noch riesiger Akt! Also z.B. Haare und Körper waschen getrennt. Ne, das mag ich nicht. Und Conditioner ist bei mir stets ein Muss, denn sonst sind meine Haare ganz doof frizzelig und trocken.
Das alles klingt wahrscheinlich so, als wäre ich "einfach nur mega faul", aber wenn ich faul wäre, dann hätte ich Spaß währenddessen, während ich das Duschen (etc.) aufschiebe und stattdessen etwas anderes tue und würde nicht denken "oh Mist, ich muss noch duschen, oh je, oh no".
Meine Güte, Duschen. Wie ich es hasse. Ich bin um jeden Tag froh, an dem ich es schaffe. Das Schlimmste ist, dass man das tun muss, so lange, bis man stirbt. ... Heul. :(
Oh, und was mir noch einfällt, bezüglich Executive Dysfunction und Zeit einstellen: Ich kann z.B. sagen, dass ich jeden Tag um ... 18 Uhr Duschen werde, aber das Problem ist, dass ich nicht einschätzen kann, wie lange etwas braucht. Bedeutet: Ich kann sagen: Oh, es ist 17 Uhr, also habe ich noch eine Stunde Zeit. Hm, ach, dann mache ich doch mal X, das wird nicht so la- *3 Stunden später* ... Und dann ist eh alles hinüber, weil meine Haare Stunden zum Trocknen brauchen, ich nicht mit feuchten Haaren ins Bett will, dann gehe ich viel später Schlafen als geplant und wache viel später auf und jeglicher Versuch, irgendeine Form einer ganz wackeligen Routine aufzubauen, ist hinüber. Und gehe ich morgens duschen, kommen wir meistens erst Nachmittags los, falls wir wegfahren müssen und das ist sehr häufig sehr doof. Aber ja, zurück zum eigentlichen Thema. Ich kann nicht einschätzen, wie lange ich wirklich für etwas brauche und wenn ich etwas tue, dann kann ich nicht einfach aufhören/es unterbrechen, nur, weil es 18 Uhr ist und jetzt musst du duschen gehen.
Also was soll ich tun?
Einfach gar nichts?
Von der einen Dusche bis zur Nächsten, am nächsten Tag, die Wand anstarren?
Warte, da gibt's doch ein passendes Meme dafür:
(Stell' dir den passenden Text dazu einfach vor.)
Genau so. Obwohl, nein, dann würde ich denken ... Und wenn ich mal anfange zu denken ...
OH MEIN GOTT ES IST SCHON 12:39 UHR UND ICH MUSS MICH NOCH BEREIT MACHEN FÜR SPÄTER OMG OH NO OH MIST SKJSJKDJKSD Keine Zeit, meine Antwort vorher durchzulesen. Sorry für tmi und eventuelle Tippfehler oder komisch formulierte Sätze!

90 Minuten? Wow, was für eine Ressourcenverschwendung.