Lehrlinge hatten früher kaum Rechte, das ist sicher wahr. Wenn man irgendetwas angestellt hatte ( und das passiert schnell und oft, weil man als Lehrling oder Azubi eben noch lernen muss, was richtig ist) setzte es zu meiner Zeit schnell mal einen Stoß in die Rippen oder eine Kopfnuss. Von verbalen Beleidigungen und Erniedrigungen der jungen Leute möchte ich da garnicht reden. Der Meister war da nicht zimperlich mit uns.
Das war natürlich absolut nicht richtig. Aber damals wurde dies von der Gesellschaft noch genau so mitgetragen. Der Vater meines Kollegen bestärkte den Meister sogar in seiner Art. „Der braucht gelegentlich mal eine hinter die Löffel, das schadet dem nicht“ soll er bei einer Info-Veranstaltung zu ihm gesagt haben. Mein Vater war dabei und war auch entsetzt über diese Aussage. Damals, in den 70ern.
Heute macht man sich mit derartigem Handeln strafbar. Besser bezahlt (inflationsbereinigt) werden Auszubildende heute auch. Und das ist auch gut so. Die Zeit hat sich hier, wie bei vielem, zum Positiven verändert.
Leider hat man zwischenzeitlich auch viel an unserer Schulbildung verändert. Zu viele Schulabgänger weisen bedauerlicherweise sehr große Defizite auf, was dazu führt, dass man schon beim Einstellungsgespräch feststellen kann, dass ein größerer Teil als in den vergangenen Zeiten keine Chance hat, die Abschlussprüfung in dem angestrebten Beruf zu bestehen. Das ist überhaupt nicht gut. Vor allem Berufe mit einer gewissen Anforderung an Mathematik, Physik oder Naturwissenschaften sind hiervon betroffen. In der Folge findet ein Freund von mir kaum geeignete junge Leute für die Berufsausbildung zum Elektriker.
Lehrjahre sind aber auch heute keine Herrenjahre. Der Übergang von Schule auf Erwerbsleben fällt manchen sehr schwer. Und bei weitem nicht alle Kollegen sind sehr nett zu den Berufsanfängern. Das ist leider so und wird sich auch nicht ändern. Trotzdem rate ich jedem, der sich kein Studium zutraut, eine Berufsausbildung zu machen und diese auch zu Ende zu bringen, auch wenn man dabei vielleicht nicht immer glücklich ist. Da muß man durch; früher war das alles viel schlimmer, glaubt mir.
Wenn man dann seinen Facharbeiter- oder Gesellenbrief in der Tasche hat, sind die Möglichkeiten besser und vielfältiger. Einige haben dann erkannt, dass die Arbeit am Band oder in der Werkstatt nichts für sie ist und studieren weiter, andere bilden sich anderweitig fort und wieder andere finden die Erfüllung im erlernten Beruf. Alles ist nun möglich.
Ohne eine fundierte Ausbildung wird man aber sehr wahrscheinlich lebenslang ein Geringverdiener bleiben. Ausnahmen bestätigen auch hier natürlich die Regel.
Ich selber habe nach meiner Ausbildung studiert und mein ganzes Berufsleben lang von meiner Ausbildung in irgendeiner Weise profitiert.