Nun, schau' dich in der Gesellschaft doch mal um.
Alles ist auf Jugend ausgelegt. Jugend bedeutet Stärke, kann seine Kräfte in Arbeit umwandeln, dient also der Gesellschaft, dazu wird vermittelt: jugendliches Aussehen, man ist beliebter, hat mehr Möglichkeiten auf dem Partnerschafts"markt" usw.
Es wird vermittelt: Alt = hässlich, alt = unwert, weil man nicht mehr mit vollen Kräften funktioniert/funktionieren kann...alt ist einfach nicht erstrebenswert.
Dazu eben auch noch die "Toleranz" der Gesellschaft, die einem ab einem gewissen Alter untersagt gewisse Dinge zu tun, gewisse Kleidung zu tragen etc.
Man hat Angst vor, ausgeschlossen zu werden, also tut man nahezu alles dafür, um dazu zugehören, dazu gehört eben auch die "Jugend" zu bewahren.
Siehe doch, wie unsere Gesellschaft hier im Westen mit ihren Alten umgeht...und dass man davor Angst hat, ist nur nachzuvollziehen.
Da ist kein netter Umgang. Der Alte geht im Weg um.
Und mit der Zeit sieht man eben das Alter. Die ersten Falten, die ersten weissen Haare (die manche schon mit 20 haben) - das darf niemand mitbekommen, sonst würde es ja heißen, man ist bald nicht mehr "brauchbar", nicht mehr beliebt, findet keinen Partner mehr etc.
Ein krasses Beispiel ist die Community der LGTBQIAs, also speziell in dem Fall der Lesben und Schwulen. Dort bist du mit 40, spätestens mit 50 dermaßen ungern gesehen, dass es manchmal den Anschein macht, man möge doch bitte mit 39 tot umfallen und so nicht mehr die Augen der anderen "beleidigen"...so behandelt man einen auch.
Dort ist das ganze, was die heteronormative/-n Gesellschaft/Medien verbreiten noch potenziert auf eine sehr aggressive Weise.
Und was man sich so offen noch nicht traut, wird in dieser Szene ganz offen gelebt. Man wird beleidigt, ausgegrenzt oder sogar angegriffen.
Aber die Community hat sowieso einen Schlag weg. Ich fühle mich ihrer nicht zugehörig, obwohl ich "dazugehöre".
Das Problem ist immer, dass soviele jugendliches Aussehen mit jugendlicher Persönlichkeit gleichsetzen und das ist eben Schmarrn. Ich kenne soviele über 80jährige mit jugendlichem Gemüt - aber leider auch viele 20jährige mit der Persönlichkeit eines 150jährigen, der irgendwo im patriarchalischen Konservatismus steckengeblieben ist.
Meine ü80jährige Schwiegermutter hat kein Problem mit Tattoos, Piercings, Bodymod, Heavy Metal, Homosexualität, Polygamie usw., um das mal runterzureduzieren (gibt noch viel mehr, mit was sie keine Probleme hat) - unser 22jähriger Nachbarsjunge hat mich angespuckt...aus eben solchen Gründen.
Als ich noch in der Pflege war hat sich kein Patient ü70 an meinen Tattoos gestört. Dafür aber einige meiner, teilweise sehr jungen, Schüler und die waren auch hier sozialisiert.
Es muss sich was ändern. Die Alten haben uns den Weg gebaut, den wir heute fast schon sorgenfrei gehen können.