Die Einstiegsfrage ...
Herrscht in Sachsen der rechte Mob?
... mag auf den ersten Blick übertrieben erscheinen. Tatsächlich ist diese Beschreibung leider näher an der Realität als man denken würde.
Mich überrascht an dieser Nachricht überhaupt nichts, das war absolut zu erwarten, es war nur eine Frage der Zeit, dass das wieder passiert.
Die Nachrichten der letzten Tage bestätigen nur meine Erwartungen. Es gab nicht nur die zwei Übergriffe in Dresden, es gab in wenigen Tagen diverse Übergriffe in Chemnitz, Freiberg, Leipzig, Penig, Schöneiche und Zwickau
Es ist nicht das erste Mal und es wird auch nicht das letzte Mal sein, rechtsextreme Gewalt ist in Deutschland an der Tagesordnung. Seit Jahrzehnten.
2015 wurden dutzendfach Flüchtlingsunterkünfte angegriffen, teils niedergebrannt.
In Arnsdorf bei Dresden wurde 2016 ein Flüchtling von Männern einer "Bürgerwehr" geschlagen und mit Kabelbindern an einen Baum gefesselt, vollkommen grundlos.
Wer hat damals die juristische Verteidigung der Täter in Gang gesetzt und eine umfangreiche Spendenkampagne organisiert? Große Überraschung, es war Maximilian Krah. Das ist natürlich ein großer Zufall.
Rechtsextreme prügeln einen Flüchtling aus dem Supermarkt und fesseln ihn an einen Baum und Krah ist sofort da, um mit einem zusammengelogenem Propagandavideo Spenden einzutreiben. Überhaupt nicht suspekt.
2017 schrieb die Süddeutsche Zeitung darüber und fasste das Geschehen kurz und bündig zusammen. Hier der entsprechende Link.
Die Bürgermeisterin hat damals milde Kritik geäußert und ist damit erstmals in den Fokus der Hetze geraten.
Noch 2015 wurde sie mit großer Mehrheit (75%) als Bürgermeisterin wieder gewählt, seit 2001 war sie Bürgermeisterin in Arnsdorf. Sie hat es geschafft, dass die Schule saniert wurde und die Feuerwehr eine neues Gerätehaus bekommen hat.
2019 hat sie nach jahrelangem Mobbing und Drohungen von Rechtsextremen Ihr Amt als Bürgermeisterin niedergelegt, nach 18 Jahren Engagement für ihre Heimatgemeinde.
Oktober 2023, der Bürgermeister von Großschirma, Volkmar Schreiter, begeht Selbstmord. Auch er hat sich jahrelang engagiert für seine Heimat eingesetzt, genauer gesagt 19 Jahre lang.
Er wurde über Jahre in den Burnout getrieben, sein Einsatz für die Gemeinde wurde sabotiert und immer wenn möglich wurden seine Vorhaben blockiert.
Wissen kann es jetzt niemand mehr, trotzdem ahnen viele Menschen im Ort, was passiert sein könnte, warum Volkmar Schreiter sich das Leben genommen hat.
2004 als Volkmar Schreiter Bürgermeister in Großschirma wurde, war gerade die hoch verschuldete Stadt Siebenlehn eingemeindet worden. Alles musste saniert werden: der Marktplatz, die Turnhalle, viele Straßen waren voller Schlaglöcher. Jahr für Jahr hatte Schreiter die Verschuldung gesenkt, Kitas modernisiert, Straßen und Sportplätze reparieren, eine Grundschule bauen lassen.
Es hat sich etwas verändert seit die AfD in Großschirma aktiv wurde. Plötzlich wurden Plakate beschmiert, plötzlich wurde von einer Seite ein hitziger Wahlkampf geführt, auch in sozialen Medien.
Rolf Weigand, der Vertreter der AfD in Großschirma, ist klar rechtsextrem. Im Landtag hat er eine Auflistung aller Frauen im gebärfähigen Alter nach Nationalitäten und Staatsangehörigkeit gefordert.
Hier ein Artikel der taz zum beschriebenen Fall. Es gibt andere, bessere Artikel dazu, welche jedoch hinter einer Bezahlschranke verborgen sind.
Politiker sind nicht die einzigen Opfer rechter Gewalt, viele Menschen leiden darunter. Und nein, das ist nichts neues, auch nicht in diesem Ausmaß. Wir hatten eine Zeit lang relative Ruhe in Deutschland, aber es gab auch früher unruhige Zeiten.
Zur Zeit ist wieder eine unruhige Zeit, das ist eindeutig. Das zeigt sich nicht nur durch Angriffe auf Politiker, auch Journalisten werden angegriffen, normale Menschen werden angegriffen.
2022 gab es 320 Angriffe gegen Journalisten, 2023 waren es 290 Angriffe, das wirkt wie ein Rückgang, war es aber tatsächlich nicht wirklich. Denn noch 2018 waren es nur 93 Angriffe. Dieses Jahr waren es allein in Januar und Februar bereits 53 Angriffe, der Trend setzt sich also weiterhin fort.
Ladeninhaber werden angegriffen, wenn sie sich gegen die AfD äußern, nach Demonstrationen gegen Rechts wurden Teilnehmer eingeschüchtert und angegriffen, zum Beispiel in Bautzen.
Die AfD wird sich offiziell weiterhin distanzieren und brav aufsagen, dass das alles ganz schlimm und furchtbar ist. Darauf sllte niemand hereinfallen, denn es ist dreit telogen. Die AfD zündelt seit Jahren, das ist dutzendfach bekannt, zwei Fälle habe ich beschrieben, die Aussagen der Politiker sind eindeutig, was das angeht.
Gauland hat gesagt, wir werden sie jagen und genau so war es gemeint.
Beatrix von Storch hat gesagt, wenn jemand den ganz großen Knüppel rausholen und alles beenden würde, wäre sie sofort dabei und ganz genau so war es gemeint.
Diese Menschen fabulieren seit Jahren von einem Bürgerkrieg, das was jetzt passiert, ist genau das, was sie wollen.
Wenn wir die heutige Situation betrachten, müssen wir gar nicht bis in die Weimarer Republik zurückgehen, um eine vergleichbare Lage zu finden.
Die letzte Lage dieser Art gab es in den 90er-Jahrenmit historischen Ausmaßen rechter Gewalt. Im Jahr 1992 gab es 2639 offiziell erfasste rechtsextreme Gewalttaten, ein Jahr später waren es noch 2232 Gewalttaten. Allein in den Jahren 1991 bis 1994 gab es 83 staatlich anerkannte Todesopfer rechtsextremer Gewalt.
Die bekanntesten Fälle aus dieser Zeit dürften die Morde in Mölln und Solingen, sowie die Krawalle in Rostock-Lichtenhagen sein.
Genau das baut sich gerade wieder auf und es wird sich nichts daran ändern, solange die verantwortlichen Politiker nichts unternehmen. Denn bisher hat die Regierung nicht gehandelt, alles was bisher kam, waren wertlose Lippenbekenntnisse, es wurden hohle Sprüche losgelassen mehr nicht.
Man hat es bis heute nicht geschafft, eine offensichtlich rechtsextreme Partei von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Man hat es bis heute nicht geschafft, hunderte offene Haftbefehle gegen Rechtsextremisten durchzusetzen.
Während die Regierung nichts tut, heizt die CDU den Rassismus und die Fremdenfeindlichkeit weiter an, genau wie auch in den 90er-Jahren.
Parteien versuchen, die AfD nachzuahmen, statt sie zu bekämpfen. Olaf Scholz und Robert Habeck fordern Abschiebungen im großen Stil.
Offensichtlicher Rechtsextremismus in der Polizei wird nicht bekämpft, die Betroffenen berufen sich auf vermeintliche Satire und kommen damit durch. Übermäßige Gewalt gegen linke Demonstranten oder unnötige Schüsse auf Ausländer oder Obdachlose werden nicht unabhängig untersucht.
Ich habe keine große Hoffnung, dass diese Regierung oder die nächste Regierung effektiv gegen Rechtsextremismus vorgehen wird. Was das angeht, bin ich pessimistisch oder eher realistisch, wenn man die Vergangenheit betrachtet.
Wenn die Täter ermittelt werden, gehe ich davon aus, dass sie eine niedrige Haftstrafe bekommen und darüber hinaus nichts weiter passiert, egal welche Verstrickungen mit der AfD nachgewiesen werden. Würde man etwas gegen die AfD unternehmen wollen, wäre das schon längst geschehen.