Ich habe bisher nur wenige Male von Einzelnen gehört und gelesen, wie sie Introvertierte aufgrund ihres Auftretens verspotten. Es ist töricht zu meinen, dass Extrovertierte dies immer machen, weil es selbstverständlich nicht stimmt.
Ich habe vor einigen Jahren ein konsequent introvertiertes Dasein geführt. Durch extrovertierte Freunde konnte ich erst einen Wandel meiner Persönlichkeit vollziehen und mich der Welt Stück für Stück öffnen. Sie haben mich unterstützt (zum großen Teil ohne es selber zu merken) und sich über meine Gesellschaft stets gefreut. Ich bin selbstsicherer geworden und führe mittlerweile ein angenehmes Sozialleben. Das Besondere ist, dass ich dennoch weiterhin einfach das Alleinsein genießen kann.
Wenn ich mich zurückerinnere an die Zeit, als ich noch wenig mit Menschen zu tun hatte, plagte mich stets das Gefühl der Unsicherheit in der Öffentlichkeit, z.B. in der Schule. Ich habe viel zu viel in bestimmte Situationen hineininterpretiert und musste sehr oft darauf achten auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. Gelächter machte mich immer nervös. War das jetzt wegen mir? Habe ich was dummes gemacht? Stimmt irgendwas nicht mit mir? Ich hatte stets ein mulmiges Gefühl, dass mich jeder sieht und verurteilt, was aber nie der Fall gewesen ist. Dieses unsichere Gefühl führt dazu, dass man Dinge sieht oder bemerkt, die überhaupt nicht stimmen oder da sind.
Aus diesem Grund entsteht meiner Meinung nach bei einigen Introvertierten der Eindruck, das man, nur weil man merkt, dass man nicht ist, wie andere Menschen im Umfeld, sofort ins Visier von jedem genommen wird, der lautstärker ist, nicht weil man in einer Opferrolle sei, sondern weil man einfach zu unsicher ist und sich zu viele Gedanken macht.
Selbstverständlich gibt's dann vereinzelt Leute, die meinen was Besseres zu sein und offen über ruhigere Menschen herziehen. Das wäre wiederum eine Thematik die unter das Thema Mobbing fällt. Wer gemobbt wird oder sieht, wie es jemand anderem widerfährt, und sich nicht wehrt bzw. nichts unternimmt, weil irgendwer gesagt hat, man würde über dem Mobber (der ja in den meisten Fällen extrovertiert ist) stehen, wenn man nichts macht, entwickelt dann möglicherweise eine Abneigung gegen alle Extrovertierten. Würde der Mobber aufhören, wenn man nichts macht? Ganz bestimmt nicht. Die Unsicherheit steigt dabei umso mehr und es kommen Sprüche und Fragen in Umlauf, wie "Warum machen so viele extrovertierte leute ein drama um introvertierte?".
Sowas ist absolut oberflächlich und verallgemeinernd und hilft keinem weiter.