Zwei-Reiche-Lehre?

2 Antworten

Die sogenannte Zwei-Reiche-Lehre gehört zum Herzstück von Luthers theologischen Aussagen. Er sprach allerdings von zwei „Regimenten“, mit denen Gott angeblich Einfluss auf die Menschen nehme.

Das "weltliche Regiment“ wird repräsentiert durch die Regierungen („Obrigkeit“), aber auch durch Institutionen wie Ehe und Familie, Wirtschaft und die Berufe.

Das „geistliche Regiment“ soll die Menschen erlösen durch die christliche Botschaft, die Kirche oder auch durch die Sakramente wie Taufe und Abendmahl.

Beides, so wird interpretiert, gehöre zusammen, gegen keines von beiden dürfe man sich als guter Christ wehren!

Bonhoeffer richtet sich gegen diesen Missbrauch der Lehre.

Er spricht sich für eine klare Trennung der "Regimente" aus:

Obrigkeit [weltliches Regiment] und Kirche [göttliches Regiment] sind durch denselben Herrn gebunden und aneinander gebunden. Obrigkeit [äußere Gerechtigkeit: Böse bestrafen und Erziehung zum Guten] und Kirche [Wächteramt] sind in ihrem Auftrag voneinander getrennt. Obrigkeit und Kirche haben denselben Wirkungsbereich, die Menschen. Keines dieser Verhältnisse darf isoliert werden …

Aus dieser klaren Trennung der "Regimente" resultiere die religiöse Neutralität des Staates. Gemeint ist mit "Neutralität" das regulative Verhalten des Staates gegenüber Religionen und Weltanschauungen.

Natürlich kann keine Entscheidung von Personen bzw. Personenverbänden, auch des Staates, hundertprozentig "neutral" sein.

Aber "Neutralität" des Staates heißt: jede Religion und Weltanschauung hat in diesem Staatswesen die gleichen Rechte und Pflichten.

Es darf keine Bevorzugung geben. Durch die Unterscheidung, nicht die Trennung, beider göttlicher "Regimente" im "Reich der Welt" solle gerade dies gewährleistet werden.

Der Staat hat keine Bevollmächtigung, in den Bereich der Religionen bzw. des geistlichen "Regimentes" einzugreifen, hat aber die verdammte Pflicht, deren Verhalten innerhalb des Staates und untereinander zu kontrollieren und mit der vorhandenen Staatsmacht auch in die entsprechenden Bahnen zu lenken!

Deshalb ist es eigentlich schon eine Verletzung dieser "Neutralität", wenn hier verkündet wird, dass Deutschland "christlich geprägt" sei.

Jüngste Verhöhnung dieser Neutralität ist die Rede des eigentlich zu weltanschaulicher Neutralität verpflichteten Bundespräsidenten auf dem gerade stattgefundenen Kirchentag!