Worin besteht der Unterschied zwischen Kants "pflichtgemäß" und "aus Pflicht"?

1 Antwort

Der Ausdruck „pflichtgemäß“ betrifft nur die äußere Handlung. Der Ausdruck „aus Pflicht“ betrifft die innere Seite, den Beweggrund/die Triebfeder. Pflichtgemäßes Handeln kann bloßes äußeres Handeln, das dem Recht entspricht (Legalität), sein. Einen Wert als moralisch/sittlich gut hat aber nach Kant ein menschliches Handeln nur, wenn die Pflicht Bestimmungsgrund des Wollens ist. Eine Maxime (der subjektive Grundsatz) des Handelns hat nur dann einen moralischen Gehalt,  wenn etwas Pflichtmäßiges weder aus einer (unmittelbaren oder mittelbaren) Neigung noch aus Furcht getan oder unterlassen wird, sondern rein aus Pflicht.

 Nach der von Immanuel Kant vertretenen Ethik hat der Mensch als Naturwesen Neigungen und kann daher Lust bekommen, das moralische Gesetz zu übertreten. Zur Befolgung des Gesetzes ist es dann nötig, die Neigungen zu überwinden, indem sich die Pflicht geltend macht. Die moralische Nötigung der Pflicht ist ein innerer Zwang (Selbstzwang). Sie geschieht durch Selbstbindung eines Vernunftwesens an ein von ihm selbstbestimmt aufgestelltes sittliches Gesetz. Jemand folgt der Stimme der Vernunft, im Handeln unbedingt ihrem Gesetz (kategorischer Imperativ) zu folgen.

Kant sieht eine Pflicht, als vernunftbegabtes Wesen dem Sittengesetz zu folgen, weil dies die Achtung vor dem mittels der Vernunft eingesehenen Gesetz gebietet.

Pflicht ist eine Nötigung der freien Willkür durch das Gesetz. Pflicht ist Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz."

Im Recht ist die Gesetzgebung auf die formale Vereinbarkeit der Handlungen bezogen. Bei Rechtspflichten kann die Nötigung ein äußerer Zwang sein.

Vgl. Otfried Höffe, Immanuel Kant. Originalausgabe. 7., überarbeitete Auflage. München : Beck, 2007 (Beck'sche Reihe : Denker ; 506), S. 182 – 182

S. 183: „Nun gibt es drei Möglichkeiten, die sittliche Pflicht zu erfüllen. Erstens kann man die Pflicht befolgen und doch letztlich vom Selbstinteresse bestimmt sein; das trifft für den Geschäftsmann zu, der aus Angst, seine Kunden zu verlieren, auch unerfahrene Käufer ehrlich bedient. Zweitens kann man pflichtgemäß und Kunden zugleich mit einer inneren Neigung zur Pflicht handeln, beispielsweise einem Notleidenden aus Sympathie helfen. Schließlich kann man die Pflicht rein »aus Pflicht« anerkennen.

Der gute Wille liegt nicht schon dort vor, wo man die Pflicht aufgrund irgendwelcher Bestimmungsgründe tut; die Sittlichkeit einer Person besteht nicht in bloßer Pflichtgemäßheit, die Kant Legalität nennt. Denn die bloße Pflichtgemäßheit (sittliche Richtigkeit) einer Handlung hängt von den Bestimmungsgründen ab, aus denen man die Pflicht befolgt, ist also bedingt, nicht unbedingt gut. Das (metaethische) Kriterium der Sittlichkeit, das uneingeschränkte Gutsein, wird erst dort erfüllt, wo das sittlich Richtige aus keinem anderen Grund ausgeführt wird, als weil es sittlich richtig ist. Dort also, wo die Pflicht selbst gewollt ist und als solche erfüllt wird. Nur in diesen Fällen spricht Kant von Moralität.“

Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft. Erster Teil. Elementarlehre der reinen praktischen Vernunft. Zweites Buch. Dialektik der reinen praktischen Vernunft. Drittes Hauptstück. Von den Triebfedern der reinen praktischen Vernunft. A 144 – 145:

„Der Begriff der Pflicht fodert also an der Handlung, objektiv, Übereinstimmung mit dem Gesetze, an der Maxime derselben aber, subjektiv, Achtung fürs Gesetz, als die alleinige Bestimmungsart des Willens durch dasselbe. Und darauf beruht der Unterschied zwischen dem Bewußtsein, pflichtmäßig und aus Pflicht, d.i. aus Achtung fürs Gesetz, gehandelt zu haben, davon das erstere (die Legalität) auch möglich ist, wenn Neigungen bloß die Bestimmungsgründe des Willens gewesen wären, das zweite aber (die Moralität), der moralische Wert, lediglich darin gesetzt werden muß, daß die Handlung aus Pflicht, d.i. bloß um des Gesetzes willen geschehe.

Es ist von der größten Wichtigkeit in allen moralischen Beurteilungen, auf das subjektive Prinzip aller Maximen mit der äußersten Genauigkeit Acht zu haben, damit alle Moralität der Handlungen in der Notwendigkeit derselben aus Pflicht und aus Achtung fürs Gesetz, nicht aus Liebe und Zuneigung zu dem, was die Handlungen hervorbringen sollen, gesetzt werde. Für Menschen und alle erschaffene vernünftige Wesen ist die moralische Notwendigkeit Nötigung, d.i. Verbindlichkeit, und jede darauf gegründete Handlung als Pflicht, nicht aber als eine uns von selbst schon beliebte, oder beliebt werden könnende Verfahrungsart vorzustellen.“

Wildturtl  21.01.2015, 22:26

Danke Albrecht ersparrst mir 30 minuten das video zu gucken bistn guter und sehr ausführlich

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