Wofür wird Josef K. angeklagt?

3 Antworten

K. hat nie etwas getan.

Es ist eine kafkaeske Situation, in der Josef K. angeklagt und hingerichtet wird, ohne jemals einen echten Prozess bekommen zu haben und auch ohne jemals einen Richter gesehen zu haben.

Es gibt einige Parallelen zu Kafkas Leben.

Er wollte Felice Bauer heiraten, zwischen Verlobung und Entlobung verging ein Jahr, genau wie bei Josef K. die Zeit zwischen Verhaftung und Hinrichtung.

Auch das Alter stimmt: Verlobung von Kafka fand statt, als er 30 war, die Entlobung kurz vor seinem 31. Geburtstag, genauso wie bei Josef K.

Es ist also anzunehmen, dass „Der Prozess” keinen echten Prozess behandelt, sondern viel mehr Gewissensbisse und den inneren Kampf von Kafka selbst beschreibt, ob er Felice Bauer wirklich heiraten will, oder eben nicht.


SchakKlusoh  25.05.2024, 22:34

Das ist eine "mutige" Interpretation.

Es geht eher darum, daß Josef K. einem gnadenlosen und undurchsichtigen Apparat ausgeliefert ist.

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SchakKlusoh  25.05.2024, 22:38
@vanilleschnitte

Das ist amha falsch. Ich finde nicht, daß das sinnvoll ist. (Und "machen" tut nichts Sinn.)

Kafka beschreibt gerne Situationen, wo jemand einer Maschinerie ausgeliefert ist. Ich denke, so hat er das Leben, die Gesellschaft usw. empfunden.

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vanilleschnitte  25.05.2024, 22:42
@SchakKlusoh

Ich denke eher, dass man fast alle Werke von ihm biografisch deuten kann.

Vor allem im Prozess, wo es so viele Parallelen gibt. Bei „Vor dem Gesetz” gibt es wirklich fast nur die gesellschaftliche Deutungsebene, aber es ist ja bekannt, dass er große Probleme mit seinem Vater und allgemein seinem Leben hatte, von daher würde ich den Prozess eher biografisch deuten

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SchakKlusoh  26.05.2024, 09:19
@vanilleschnitte
Ich denke eher, dass man fast alle Werke von ihm biografisch deuten kann.

Genau das tue ich.

Die Canetti-Interpretation ist eine wenig intelligente Oberflächlichkeit. Er verwendet so eine Art Küchen-Philosphie. Kafka hatte ja nicht nur eine Frau in seinem Leben. Grete Bloch, Julie Wohryzek, Milena Jesenska, Dora Diamant ...

Er hat sein Leben, die Gesellschaft, seine Arbeit in der Versicherung usw. als eine Art Maschinerie gesehen, der er ausgesetzt ist, ohne etwas dagegen tun zu können. Eben wie ein Gefängnis, aus dem es kein Entkommen gibt und wo er keine Entscheidungsfreiheit hat.

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Ja, das ist gewollt und typisch kafkaesk. Der Grund der Anklage bleibt im Dunkeln.


SchakKlusoh  25.05.2024, 22:41

"In der Strafkolonie" findet sich ein ähnliches Motiv. Der Delinquent wird einer Maschine ausgeliefert, die ihn so lange foltert, bis er im Augenblick des Todes erfährt, weshalb er verurteilt wurde..

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Genau darum geht es: Er erfährt es nie.