Kafka der Prozess, irgendwie unklar. Was ist der Sinn?

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Was ist der Sinn?

Gute Frage!

Zitat aus Harenberg, Das Buch der 1000 Bücher:

Die tiefe Widersprüchlichkeit der Ereignisse, die paradoxen Reaktionen K.s und das klaustrophobische Gerischtsszenario erzeugen eine labyrinthische Atmosphäre, die das Berichtete auch den rationalen Erklärungsversuchen des Lesers entzieht. [...] Die parabolische Erzähltechnik bewirkt, dass sich der Roman - wie das "Gesetz" - jeder abschließenden Deutung verweigert und den Leser zwingt, sich stets aufs Neue mit den divergierenden Sinnangeboten des Textes auseinanderzusetzen.

Warum K. verhaftet wird, bleibt im Dunkeln. Die Verhaftung erfolgte auf der Grundlage eines unbekannten "Gesetzes". Dieses Gesetz entzieht sich jedem rationalen Verständnis.

So wenig, wie der Sinn des Lebens entschlüsselt werden kann, ist der "Sinn" des Gesetzes zu erfassen; da es obsolet ist, verweigert sich das Gesetz objektiven Definitionen. Die allein möglichen subjektiven, daher stets unzureichenden Einschätzungen konfrontieren den Erkenntnissuchenden mit der Sinnlosigkeit seines Tuns. Verbissen weigert sich K., sein Dasein unter dieses negative Prinzip des "Scheiterns" zu stellen, den Prozess zu verschleppen oder die Hoffnung auf einen "Freispruch" aufzugeben.

Der Prozess finden nicht "nur" in seinem Kopf statt. Die Umstände sind so mysteriös wie grotesk. Das Verhör findet im Schlafzimmer der Nachbarin statt, im Beisein einiger Kollegen. Das anonyme Gericht urteilt auf der Grundlage eines unbekannten Gesetzes. Das Gericht wird von der Schuld K.s "angezogen", wodurch diese Schuld prinzipiell unzweifelbar ist, obwohl K. kein Verbrechen begangen hat. K. Hat keine Chance, er weiß es nur nicht und will es nicht erkennen.

Ein Jahr nach Prozessbeginn wird K. vor die Stadt geführt und exekutiert.