Woher weiß man exakt, wie weit ein Stern von uns entfernt ist?

6 Antworten

Hallo Menydous,

es gibt verschiedene Methoden der Entfernungsbestimmung in der Astrophysik, die jede für bestimmte Entfernungen geeignet sind.

Aber der Reihe nach: 

  • Im Sonnensystem, z.B. zum Mond können wir noch Lichtlaufzeiten messen. Man schickt ein Signal zum Mond und misst die Zeit, bis das reflektierte Signal wieder da ist. Klingt leichter als es ist, funktioniert aber sehr gut, solange wir Entfernungen haben wie im inneren Sonnensystem. Danach streut das Licht zu sehr - selbst mit Lasern - und man kann kein rückkehrendes Signal mehr messen.
  • Weiter kommt man mit der sogenannten Parallaxe. Die Messung der Parallaxe trägt für Entfernungen zu den mit bloßem Auge sichtbaren Sternen prima und ist hier auch eines der wichtigsten Verfahren. Die Parallaxe ist ein Winkel. Das Verfahren funktioniert so, wie das 3 dimensionale Sehen mit unseren beiden Augen: Halte den Daumen vor die Nase und mach' ein Auge zu. Merke Dir den Punkt an der Wand, den Dein Daumen verdeckt. Dann wechsel das Auge, bleib aber sonst ganz ruhig sitzen: Du wirst merken, dass der Daumen jetzt einen anderen Punkt an der Wand verdeckt. Das liegt daran, dass das Auge aus einer bestimmten Richtung auf den Daumen blickt - und diese Richtung wechselt halt, wenn wir mit dem anderen Auge schauen. Wiederholst Du das Ganze mit dem ausgestreckten Arm, dann springt der Daumen auch scheinbar vor der Wand, aber weniger weit, als wenn er nahe vor der Nase war. Und genau so machen wir es mit Sternen: Wir beobachten einen Stern heute und ein halbes Jahr später, wenn die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne genau gegenüber steht - immerhin rund 300 Millionen Kilometer sind unsere beiden "Augen" damit auseinander. Und aus den beiden gemessenen Winkeln, unter denen wir einen Stern dabei anpeilen müssen, können wir seine Entfernung berechnen. Das funktioniert schon einige Lichtjahre weit. Hier ist das ganz genau erklärt: http://www.leifiphysik.de/astronomie/fixsterne#J%C3%A4hrliche%20Parallaxe
  • Bei Entfernungen, die noch größer sind, hilft es uns, dass wir in den letzten hundert Jahren die Physik, die in Sternen abläuft, sehr gut verstanden haben. Wir kennen ein paar Formeln, aus denen wir die Leuchtkraft und damit die absolute Helligkeit eines Sternes ausrechnen können, wenn wir zum Beispiel seine Masse und seine Temperatur kennen. Aus dem Vergleich der so bestimmten absoluten Helligkeit und der hier noch ankommenden Helligkeit können wir seine Entfernung bestimmen. Stichwort ist hier "Masse-Leuchtkraft-Beziehung"; die Masse können wir zum Beispiel bei Doppelsternen aus den Dopplereffekten der beiden sich umkreisenden Sterne bestimmen. 
  • Auch bestimmte Typen veränderlicher Sterne helfen uns bei der Entfernungsbestimmung. Ein Beispiel wären die sogenannten Cepheiden. Die physikalischen Vorgänge, die bei diesem bestimmten Typ von veränderlichem Stern ablaufen, erzeugen eine ganz charakteristische Helligkeitsschwankung, so dass man sie gut identifizieren kann. Außerdem besteht eine feste Beziehung zwischen der Periode der Helligkeitsschwankung und ihrer absoluten Helligkeit. Messen wir also ihre Periode und ihre maximale bei uns ankommende Helligkeit, dann können wir die Entfernung zum Cepheiden über diese Formel ausrechnen. Mit dieser Methode kommen wir schon in uns nahe gelegene Galaxien. Cepheiden bezeichnen wir als "Standardkerzen", weil wir ihr Licht hernehmen können, um auf Entfernungen zu schließen. Über die Cepheiden wurde zum Bespiel vor etwa 100 Jahren nachgewiesen, dass die Andromeda kein Teil der Milchstraße ist, sondern ein eigenes System.
  • Eine andere Standardkerze ist eine bestimmte Klasse von Supernova-Explosionen, die sogenannten Typ 1a Supernovae. Auch diese Explosionen erreichen aufgrund der ablaufenden Vorgänge immer annähernd dieselbe absolute Helligkeit. Am Verlauf der Helligkeit über die Zeit der Supernova können wir diese Klasse auch gut erkennen. Eine Supernova ist ein sehr helles Ereignis. Ein Stern kann dann kurzzeitig fast so hell strahlen wie seine Galaxie. Entsprechend können wir Supernovae 1a in etlichen Galaxien entdecken und damit ihre Entfernung bestimmen.
  • Für sehr, sehr weite Objekte bleibt uns die kosmologische Rotverschiebung. Hubble hat 1929 eine Besonderheit im Licht der damals beobachtbaren Galaxien entdeckt: Das Licht dieser Galaxien zeigt dieselben Spektrallinien von Wasserstoff, wie wir sie hier im Labor messen, aber zu längeren Wellenlängen ("Richtung rotes Ende des sichtbaren Lichtes") hin verschoben. Und zwar umso weiter verschoben, je weiter die Galaxie (aus einer der beiden eben erklärten Methoden bestimmt) weg war. Dieser Effekt kommt dadurch zustande, dass sich der Raum zwischen uns und der anderen Galaxie ausdehnt - und zwar mit einer ganz bestimmten Ausdehnungsrate pro Entfernung. Diese Rate nennen wir heute den "Hubbleparameter" und wir konnten ihn mittlerweile über recht verschiedene Methoden ganz gut bestimmen. Wenn wir jetzt also eine Galaxie zum Beispiel im Hubble Deep Field beobachten, dann nehmen wir ihr Spektrum auf und schauen, wie sehr die Spektrallinien darin rotverschoben sind. Über den Hubbleparameter können wir daraus dann die Entfernung zu dieser Galaxie abschätzen.

Du kannst auch mal bei Florian Freistetter reinhören. Auch der hat die verschiedenen Verfahren zur Entfernungsbestimmung mal in seinem Podcast erklärt - und zwar in Folge 19, 20 und 21 seiner "Sternengeschichten".

https://youtube.com/watch?v=WNO_OaZE-Ys

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU

Anhand seiner Leuchtkraft. Jeder Typ von Stern sendet ein bestimmtes Licht aus. Ist es heller als der "Referenzstern", dann ist er weiter weg. Ist er dunkler als der "Referenzstern", dann ist er weiter weg.

Am Anfang haben wir die Entfernung einiger Sterne über die sog. Parallaxe bestimmt. Man peilt einen Stern z.B. im Dezember an und dann noch einmal im Juni. Man weiß wie sich die Position der Erde in diesen 6 Monaten verändert hat. Man kennt also eine Strecke und zwei Winkel des Dreiecks "Erde (Dez) - Stern - Erde (Juni)" und daraus kann man die Entfernung berechnen.

Hierfür verwendet man Parallaxen. Das Prinzip ist so ähnlich wie folgendes: Halte den Finger vor deine Nase und schließe ein Auge, wenn du jetzt das andere schließt und mit dem anderen schaust, dann springt dein Finger hin und her. Umso weiter du allerdings den Finger entfernst, desto weniger springt er. Wenn man jetzt Bilder mit Teleskopen macht von einem Stern und ein halbes Jahr später (also wenn die Erde auf der anderen Seite von der Sonne steht) noch ein Bild macht vom selben Stern, dann ist dieser auch gesprungen und man kann aus dieser Sprungdistanz die Entfernung berechnen.

therealkickers  08.02.2020, 11:58

Wow, das war mal ne hilfreiche und verständliche Erklärung, danke!

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Peppie85  08.02.2020, 19:13

wow, danke, das habe ich mich auch schon mal gefragt.

lg, Anna

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Dafür nutzt man den Dopplereffekt, welchen man üblicherweise mit dem Martinshorn von Einsatzfahrzeugen beschreibt.

wenn das Feuerwehrauto auf dich zufährt werden die Schallwellen gestaucht, das TaTüTaTa erklingt in einem Helleren Ton, wenn es dann von Dir weg fährt werden die Schallwellen auseinander gezogen, das Einsatzhorn klingt dann Dunkler.

dasselbe passiert mit dem Licht: wenn sich etwas von uns weg bewegt, wird das Licht „auseinander gezogen“ - die Spektralfarben werden gleichmäßig ins rote verschoben.

da man weiß, mit welcher Geschwindigkeit das All sich ausdehnt (nämlich ca. 70km pro Sekunde), man weiß, aus was ein Stern typischerweise besteht (nämlich Wasserstoff und Helium in Form von Plasma) und man zudem weiß, welche Spektralfarben diese Stoffe erzeugen, kann man durch Verschiebung der Spektralfarben ins rote Rückschlüsse auf die Entfernung ziehen.

So mal als ganz ganz grobe Erklärung.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Für kurze Entfernungen benutzt man Parallaxen, das hat man ja schon lang und breit erklärt.

Für größere Entfernungen benutzt man sogenannte Standardkerzen. Das sind Objekte die eine bekannte Helligkeit besitzen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Supernova_vom_Typ_Ia

Gruß