Wieso ist Autismus eine „Kommunikationsstörung“?


04.05.2022, 18:21

Also Asperger Autisten, nicht die frühkindlichen oder Highfunctioning

7 Antworten

Für mich war Autismus - wenn überhaupt - schon immer eine neurologische Störung bzw. eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, wobei man sich darüber auch streiten kann.

Der Begriff "Kommunikationsstörung" würde wohl noch am ehesten zu non-verbalen Autisten passen. Aber selbst viele von denen können kommunizieren, nur eben nicht in verbaler Form.

Wenn ich "Kommunikationsstörung" lese, habe ich oftmals Angst, man beschäftigt sich nur mit solchen Dingen wie z.B Augenkontakt herstellen und halten, Mimik, Körpersprache und Tonfall lesen, Ironie, Sarkasmus, Sprichwörter und Redewendungen verstehen etc. Womit natürlich viele Autisten Probleme haben - mal mehr, mal weniger -, doch für mich sollte der Fokus nicht nur darauf liegen. Als Autistin finde ich, dass zu Autismus viel mehr gehört als nur die Probleme beim Zwischenmenschliche. Ich möchte wahrlich nicht darauf reduziert werden.

Kurzum: Der Begriff wird von Leuten genutzt, die keine Ahnung haben. Selbiges gilt für den Begriff "Krankheit" in diesem Zusammenhang.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin diagnostizierte Autistin (Keine Selbstdiagnose)👽
verreisterNutzer  04.05.2022, 19:01

Zum Thema "Krankheit":

Ich denke mir so oft, dass mein Leidensdruck eigentlich gar nicht von meinem Asperger-Syndrom kommt, sondern von einer Gesellschaft, die mich unbedingt "neurotypisch machen" will.

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Zitruseulchen  04.05.2022, 20:09
@verreisterNutzer

Ganz genau. Das denke ich mir auch so oft. Und viele andere Autisten denken sich das ebenfalls. Ist natürlich immer einfacher, es auf den Autismus zu schieben. Besonders für die Gesellschaft.

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verreisterNutzer  04.05.2022, 20:14
@Zitruseulchen

Ja.

Eigentlich brauche ich doch gar nicht so viel um zufrieden zu sein - in Frieden meinem Job als technische Zeichnerin nachgehen, mich in meiner Freizeit ausgiebig meinen Hobbies und Spezialinteressen widmen, meine Beziehung und eine kleine Anzahl handverlesene Freundschaften pflegen.

Ich brauche keine rauschenden Parties und hunderte oberflächliche und dauernd wechselnde Kontakte.

Ich brauche auch nicht zwanghaft "Abwechslung". Wenn etwas für mich funktioniert, warum muss ich es dann ändern? Veränderungen finde ich genau dann gut, wenn ich sie selber wollte 😅

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Von Experte Zitruseulchen bestätigt

Ich bin selber Asperger und muss sagen, dass aus meiner Sicht die Beschreibung "Kommunikationsstörung" so nicht richtig ist.

Wahrscheinlich sagen das die Leute so, weil die Kommunikationsschwierigkeiten der einzige Aspekt sind, der von den Mitmenschen wirklich zur Kenntnis genommen wird.

Ja, Asperger "können" Issues mit der Kommunikation haben. Das kann in Form von Schwierigkeiten beim Verstehen von Ironie oder Sarkasmus der Fall sein, es kann sein, dass jemand Körpersprache oder Gesichtsausdrücke nicht gut versteht, es kann aber auch bedeuten, dass jemand Probleme beim Verarbeiten von gehörter Sprache hat.

Asperger-Autismus erstreckt sich aber eben nicht nur auf die zwischenmenschliche Kommunikation, sondern kann auch diverse Besonderheiten bei der Verarbeitung von Sinneseindrücken beinhalten. Also dass vereinzelte Sinne viel empfindlicher oder auch unempfindlicher sein können als bei neurotypischen Menschen.

In meinem Fall ist die Kommunikation das kleinere Problem, mich persönlich stresst die Reizüberflutung und die Unberechenbarkeit mancher Mitmenschen viel mehr. Der ganze Tag in einem Büro zwischen mehreren Personen, die die ganze Zeit laut telefonieren? Eine lange Zugfahrt in einem überfüllten Abteil mit dem Lärmpegel und den Ausdünstungen der anderen Fahrgäste? "Liebe" Mitmenschen, die gerne in letzter Minute Abmachungen unstürzen wollen?

🤯🤯🤯

Sunshine7sunny 
Fragesteller
 04.05.2022, 18:39

Das vorm ersten Absatz ist auch meine Meinung. Ich bin selbst Asperger Autistin und ich finde das einfach nicht richtig

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Sunshine7sunny 
Fragesteller
 04.05.2022, 18:40

So geht‘s mir auch, ich habe auch mal öfters Reizüberflutungen

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verreisterNutzer  04.05.2022, 18:47
@Sunshine7sunny

Ohja.

Bevor ich meine Diagnose hatte, habe ich dann meine eigenen Grenzen oft nicht respektiert. Also dieses neurotypische "stell dich nicht so an!" gegen mich selber angewandt.

Heute versuche ich besser auf mich aufzupassen, weil ich WEISS , dass ich mich sicher nicht "anstelle". Wenn ich merke, dass ich plötzlich ohne von aussen sichtbaren Grund nicht mehr mag, die Schnauze voll habe, schlechte Laune zu bekommen anfange, dann weiss ich einfach, ich muss mich jetzt irgendwie aus dieser Situation rausnehmen und irgendwo hingehen, wo es ruhiger ist.

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Hast du Asperger? Das weist du was damit gemeint ist. Man kommt immer anders rüber und hat eine andere Sicht der Welt als die meisten Menschen. In der Kommunikation fällt das oft auf.

Autismus gilt als eine Entwicklungsstörung, die sich in verschiedenen Bereichen äußern kann. Typisch sind Auffälligkeiten bei der (sprachlichen und nonverbalen) Kommunikation. Autismus ist jedoch keine Kommunikationsstörung (und dieser Begriff wird auch normalerweise nicht in diesem Zusammenhang verwendet).

Zu den oben genannten Auffälligkeiten zählt, dass autistische Menschen (wie ich) oft später zu sprechen anfangen, aber dafür schnell lernen, ganze, korrekte Sätze zu bilden. Außerdem sind autistische Menschen oft kurz angebunden und können keinen Smalltalk ausstehen. Ich kann auch viel reden, aber nur, wenn ich das Gefühl habe, etwas wichtiges zu sagen zu haben.

Es ist nicht so, dass autistische Menschen nicht kommunizieren können, wir kommunizieren nur oft anders als neurotypische Menschen. Beispielsweise äußert sich meine Stimmung nicht in meinem Gesichtsausdruck. Wenn du wissen willst, wie es mir geht, frage mich und schaue mich nicht bloß an :)

Ich denke, doch, sogar in beide Richtungen.