Wie sieht die Momentlinie bei einem Gerberträger aus?
Guten Abend zusammen
Ich muss als Hausaugabe den ungefähren Momentenverlauf einer Brücke zeichnen, was mir leider Schwierigkeiten bereitet!
Beim statischen System handelt es sich um einen dreifeldrigen Durchlaufträger. Im mittleren Feld befinden sich bei den Momentennulldurchgänge sogenannte Gerbergelenke, was den Durchlaufträger zu einem sogenannten Gerberträger macht. Das ist das, was ich soweit verstehe. Was ich jetzt nicht verstehe ist, welchen Vorteil bringen jene Gelenke und was passiert mit dem Momentenverlauf. Ich bitte wirklich um Hilfe. Es ist sehr wichtig für mich. Danke!
Ich habe zur Hilfe Bilder zum Projekt (Blockträgerbrücke Neckartenzlingen)angefügt.
1 Antwort
Guten Morgen,
idealerweise sieht die Momentenlinie des Gerberträgers genauso aus, wie die eines biegesteif durchlaufenden Trägers: nämlich dann, wenn die Gelenke genau dort gesetzt werden, wo beim Durchlaufträger ohnehin der Momentennullpunkt wäre.
Vorteil:
Der Gesamtträger kann aus mehreren Einzelteilen hergestellt werden. Die Stöße zwischen den Einzelteilen müssen lediglich Querkräfte übertragen können und müssen nicht biegesteif ausgeführt werden, was zwar machbar, aber relativ aufwändig ist.
Beispiel Brücke Neckartenzlingen:
Der Brückenträger wurde vermutlich in drei Stücken vorgefertigt und die Einzelteile dann nacheinander mit dem Kran eingehoben: Zuerst die beiden äußeren Felder, jeweils mit kurzem Kragarm (Faustformel für Gerberträger: Kragarmlänge ca. L/7). Dann wurde das mittlere Feld zwischen den beiden Kragarmen eingelegt.
Hoffe, das hat Dir weitergeholfen.
Grüße!
Lieber Waldenmeier. Klasse, was für eine ausführliche Antwort und Skizze! Genau was ich gebraucht habe - vielen Dank dafür! Jetzt hätte ich noch eine Frage: Weshalb wird der Querschnitt über den Stützen so massiv grösser?
Freut mich, wenn ich helfen konnte!
Wegen dem Querschnitt:
Nun, die Brücke sieht ja so, wie sie ist, sehr elegant aus: schlank im Feld und wuchtig über den Auflagern. Erinnert ein bisschen an eine historische Bogenbrücke. Ich vermute, da hat der Statiker ein bisschen mit dem Gerbersystem "gespielt", um diese ansprechende Optik erreichen zu können:
- Je kürzer die Kragarmstücke gewählt werden, desto größer werden die Feldmomente ("Bäuche") und desto kleiner die Stützmomente ("Spitzen")
- Je länger sie gewählt werden, desto kleiner werden die "Bäuche", die "Spitzen" dafür umso größer. Denke, so ist es bei dieser Brücke.
Zur Erläuterung habe ich noch eine Skizze gezeichnet, die kann ich hier im Kommentar aber nicht einfügen; Du findest sie deshalb - völlig themafremd - bei deiner vorherigen Frage von vor ein paar Wochen.
Grüße!