Wie kann man endergonische Reaktionen "erzwingen"?

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Endergonische Reaktionen haben positives ΔG und laufen zunächst mal nicht ab, bzw. das Gleichgewicht sie so weit auf der Edukseite, daß man keine Reaktion sieht.

Um die Reaktion zum Laufen zu bringen, muß an also die Bedigungen ändern. Da ja ΔG=ΔH− TΔS, kann man bei entropieproduzierenden Reaktionen (ΔS>0) oft einfach die Temperatur erhöhen, um das ΔG negativ zu machen, dann wird die Reaktion natürlich spontan ablaufen.

Das ist letztlich eine Anwendung des Le-Chatelier-Prinzip: Energieverbrauchende Re­ak­tio­nen (ΔH>0) sind bei höherer Temperatur bevorzugt. Auch mit Konzentrationen und Drücken kann man manchmal etwas erreichen.

Allerdings haben diese Methoden ihre Grenzen: Mit diesen Tricks kann man ΔG zwar etwas verkleinern, aber wenn es bei Standardbedingungen drastisch positiv ist, dann wird das meistens nicht reichen, um einen Vorzeichnwechsel zu erzwingen.

Es gibt noch eine viel bessere Mlichkeit: Man koppel die endergonische Reaktion mit einer, die sehr stark exergonisch ist. So kann man jede Reaktion erzwingen.

Fe₂O₃ ⟶ 2 Fe + 1½ O₂             ΔG=+742.2 kJ/mol

Diese Reaktion ist massig endergonisch und läuft nicht ab; im Gegenteil, Eisen oxi­diert an der Luft und bildet Fe₂O₃.

2 Al + 1½ O ⟶ Al₂O₃                 ΔG=−1582.3 kJ/mol

Diese Reaktion ist so stark exergonisch, daß sie die erste „mitziehen“ kann, denn die Summe beider hat ein negatives ΔG:

Fe₂O₃ + 2 Al ⟶ 2 Fe + Al₂O₃     ΔG=−840.1 kJ/mol

In der Biochemie ist das ein extrem fruchtbares Prinzip: Wann auch immer der Kör­per eine endergonische Reaktion durchführen möchte (das tut er sehr, sehr oft), dann „be­zahlt“ es damit, indem er die Reaktion mit der Hydrolyse von ATP koppelt, die die ΔG-Bilanz ins Negative treibt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik