Wie gehe ich mit der Trotzphase um?
Hallo zusammen,
Unsere 2 und halb Jahre alte Tochter hat momentan seid circa 2 bis 4 Monate eine nehme ich an Trotzphase.
Um es kurz zu fassen sie ist sehr aktiv. Sie hört auf kein nein egal in welchen Tonart es man zu ihr sagt. Sie schlägt uns als Eltern und auch andere Familienmitglieder. Sie springt auf uns oder haut uns mit Händen oder Füßen. Wir sagen sehr oft das macht man nicht oder es tut weh aber sie lacht und macht weiter. Schicke sie auch oft ins Kinderzimmer und sage ihr, dass sie sich beruhigen soll und erst dan wieder raus darf. Aber sie kommt dann wieder raus und macht weiter. Das ist jeden Tag so und vorallem abends. Sie weigert sich auch immer schlafen zu gehen abends und springt im Bett herum oder springt auf uns. Sie hört uns einfach nicht mehr zu. Diese Laune hält bei ihr circa 1 Stunde an und das öfter am Tag. Wir geben es zu Wir sind sehr überfordert damit und wissen nicht mehr weiter. Haben alles mögliche versucht.
Eventuell habt ihr ein Paar Tipps für uns. Wären dafür sehr dankbar.
Vielen dank im Vorraus.
3 Antworten
Einerseits solltet ihr Euch nicht aus der Ruhe bringen lassen. Andererseits ist ihr Verhalten weniger Trotz, als vielmehr so eine Art Spiel. Sie provoziert und entlockt euch Reaktionen, die für sie Unterhaltungswert haben. Ignoranz und Humor wären meine Reaktionen auf ihr Verhalten. Auch würde ich situativ ganz anders reagieren, als sie es erwartet. Da solltet ihr ausprobieren, welches "andere Verhalten" die besten Ergebnisse zeigt. Ihr benötigt Kreativität.
Ja, das kann schon mal passieren.
Wer weiß, wie stark ihr im Alltag eingebunden und somit erschöpft seid.
Keiner kann stets mit allem perfekt umgehen.
Sie sucht ihre Grenzen.
Kinder spüren Schwächen der Eltern, was ihnen Angst macht.
Kinder wollen starke Eltern, weil sie diese brauchen, um gut zu gedeihen.
Sie fordert euch heraus, in der Hoffnung, dass ihr versteht und einlenkt.
Sie braucht ihre Grenzen, um sich darin sicher und geborgen fühlen zu können. Alleine ist sie überfordert, sie braucht ihre Eltern, die sie stark und fest führen. Später dann will sie sich aus aller Prägung dann lösen ... auch wieder natürlich ....
Aber aktuell bräuchte sie stärkere Eltern, die sie verstehen und ihr geben, was sie braucht: zuverlässige Grenzen, Durchsetzung, Führung.
An deiner Stelle würde ich prüfen, was dich daran hindert, starke, klare Grenzen zu setzen. Ganz ehrlich mal bei sich gucken. Aber nicht, um sich Schulzu zu geben, sondern nur auf Lösungen zu kommen.
Finde ich super, dass ihr der Sache nachgeht, um an Lösungen zu kommen.
Entscheide, wann was sein soll. Tagesablauf. Alltagsregeln.
Das ziehst du dann konsequent durch.
Anfangs wird es ruckeln, klar, und vieles wird von deiner Willensstärke abhängig sein, auch klar, aber wenn du hartnäckiger und ausdauernder als deine Tochter dran bleibst, wird du bald gewinnen.
Könnt ihr Eltern euch für die Anfangszeit gegenseitig unterstützen, bis alles geregelter läuft?
Könnt ihr was streichen, um euch zeitlich und kräftemäßig zu entlasten? Würde euch sicherlich sehr angenehm sein....
Was schwächt euch? Könnt ihr daran was ändern?
Gibt es Bereiche, wo ihr selbst am liebsten verrückt spielen würdet und auch mal ausrasten wolltet? Lösungen dafür?
Es hat keinen Sinn, seine Kinder erziehen zu wollen, sie machen einem doch alles nach.
Gibt es Lebensbereiche, wo ihr zu grenzenlos mit euch umgeht, was euch schädigt, schwächt, überfordert?
Eurer Tochter keine nötigen und wohltuenden Grenzen geben z.B.
Noch anderes?
Das ist ganz normales Verhalten. Jetzt ist es an der Zeit klare Grenzen zu setzen. Das Kind ist jetzt im Übergang in die Ich-Phase. Jetzt ist das Alter, wo das Kind feststellt. Ich habe etwas zu sagen, ich habe einen eigenen Willen. Wenn ich etwas will dann bekomme ich es, wenn ich nur laut genug bin, oder anders auffällig bin. Es ist auch der Übergang in die Sprache. Denn mit zunehmenden Alter versteht das Kind mehr. Früher war es so, als Baby schreit es, Mama kommt, es gibt Zuwendung, Essen, Windel, Wärme.... Jetzt merkt es, das die Worte eine Bedeutung haben und da muss man doch mal testen, wie weit man mit diesen Worten kommt.
Jetzt kommt es drauf an, wer am längeren Hebel sitzt. Das Problem ist, das jetzt das erste mal die Entscheidung fällt, ob ihr Eltern zuverlässig und glaubwürdig seid. Und das Kind lernt jetzt, welche Hebel es ziehen muss, damit es zum Ziel kommt. Jetzt heißt es, nicht nachgeben.
Schicke sie auch oft ins Kinderzimmer und sage ihr, dass sie sich beruhigen soll und erst dan wieder raus darf. Aber sie kommt dann wieder raus und macht weiter.
Sie weiß nicht was beruhigen ist. Das sind in dem Alter auch zu viele Worte. Mache es kurz.
"STOP ich will nicht das du mich haust/trittst/beißt, denn das tut mir weh!"
Hier müssen Gestik, Mimik, und vor allen Dingen die Tonlage stimmen. Eine "Eititeiti" Stimmlage passt da nicht. Klar, deutlich und der Gesichtsausdruck muss dabei angemessen zur Stimmung sein. Es darf auf mal etwas lauter sein, wenn sich das wiederholt. Beim dritten mal gehts ins Zimmer.
Wenn das Kind ins Zimmer muss, dann nicht sagen, wenn du dich beruhigt hast kannst du wieder rauskommen. Nicht das Kind beendet die Auszeit, sondern die Person, die sie ins Zimmer gebracht hat. Du bist nicht einverstanden mit ihrem Verhalten, du hast mehrfach gesagt das du das nicht willst und jetzt muss ein Lernprozess stattfinden. Wenn du es dem Kind überlässt, dann kommt das Kind ein paar Sekunden später wieder raus und macht munter weiter, denn es hat keine Lust was zu lernen. Aber du willst das ein Lerneffekt vorhanden ist, denn es ist nicht wieder gut wenn das Kind es sagt, sondern wenn du es sagst. Und daher holst du sie auch wieder aus dem Zimmer.
Du gehst rein, sagst nochmal das es dir weh getan hat und das du es nicht magst wenn sie das nochmal macht und dann sagst du, wenn das nochmal passiert, dann geht sie wieder ins Zimmer.
Es kann sogar sein das das wieder vorkommt. Dann verlängerst du die Wartezeit um 1-2 Minuten. Manche Kids brauchen einige Anläufe mehr bis sie merken das Schluss mit lustig ist. Geduld ist hier das A und O....
Wichtig für Trotzphase 2 und 3 (wenn die Kita beginnt und kurz vor der Einschulung) gelten dann noch weitere Regeln. Auch im täglichen Umgang.
Sobald das Kind mehr spricht und versteht müsst ihr Erziehungsvereinbarungen mit dem Kind gestalten. Nicht nur ihr setzt Regeln und Grenzen, auch das Kind ist hierbei gefragt. Regeln haben Grenzen. Und wo die Grenzen nicht greifen müssen Konsequenzen her. Es ist wichtig, das das Kind an dem Finden der Regeln und Grenzen und auch Konsequenzen beteiligt ist. Nur wenn das Kind weiß wo eine Grenze ist, und was passiert wenn die Grenze überschritten wird, kann das Kind selber entscheiden, ob es gegen diese oder jene Regel verstoßen möchte. Das Kind kennt die Konsequenzen und wird dann entweder dafür oder dagegen entscheiden.
Wichtig ist auch, das ein Ja immer ein Ja bleiben muss und ein Nein immer ein Nein. Das Problem ist, wenn ihr in Ausnahmen verfallt, dann merkt das Kind, OK hier ist der Hebel mit dem ich arbeiten kann. Ihr macht euch unglaubwürdig wenn Ausnahmen folgen. Wenn das Kind nicht hören will, hütet euch davor es zu locken, zu drohen oder zu belohnen.
Sage nicht.... die Mama geht gleich alleine nach Hause.... wenn das Kind zB vom Spielplatz nicht mitgehen will. Sage 2 mal das wir gehen und wenn es nicht kommt, dann gehst du hin und holst es. Nicht warten bis das Kind sich bequemt. Du gibst den Takt vor, nicht das Kind.
Bockten und quengeln im Supermarlt kann man entgehen, wenn man vorher Regeln vereinbart. Wir gucken mit den Augen, nicht mit den Händen. Wir sind leise, weil da andere Leute sind die in Ruhe einkaufen wollen. Wir gehen einkaufen weil wir dieses oder jenes holen wollen. Es gibt keine anderen Dinge. Oder aber... du darfst dir eine Sache aussuchen, wenn alle anderen Sachen die wir holen wollen bereits im Wagen sind. Das Kind muss vorher wissen was Phase ist, sonst schießt es quer. Und wenn es doch anfangen sollte zu bocken und quengeln, dann geht ihr sofort aus dem Laden. Nicht einfach sagen, machen. Damit das Kind merkt das du es ernst meinst. Solches Verhalten muss gleich im Anfang blockiert werden.
Ich selber habe letzteres auch jedes Jahr einmal. Und die Kids lernen voneinander. Immer wenn im Sommer neue Kids kommen mache ich diese Übung. Fast jedes Jahr ist ein Kind dabei das quer schießt. Das Kind lernt hier von den Anderen. Das was wir kaufen wollen kann also nicht gehört werden. Die anderen Kids sind sauer, weils jetzt nichts gibt. Das heißt, das Kind ist den Rest des Vormittags der Buhmann. Zurück in der Kita können wir auch nicht mehr spielen, weil dann das Mittagsband beginnt. Das heißt, für alle Kinder war es ein dummer Vormittag und das lassen die anderen Kinder das quengelnde Kind spüren. Ich selber brauche dazu nicht mal was machen. Und den Rest des Jahres kann ich mit 19 ruhigen und nicht quengelnden Kids einkaufen gehen, die am Wagen bleiben, oder aber ihre Aufgaben haben und Sachen holen. Naja, Kita Alltag.
Egal mit welchen Reaktionen euer Kind vor euch steht. Ruhe bewahren, und immer dran denken, ihr seid am längeren Hebel. Ein Kind braucht Regeln und Grenzen im Leben, damit es sieht, das jeder in einer Gesellschaft einen gewissen Platz in der Gesellschaft hat. Es geht nicht, dass eine Person der Nabel der Welt ist und alles um das Kind herum springt und tanzt. Regeln und Konsequenzen müssen altersgerecht sein und mit steigendem Alter und Verständnis muss das Kind eine Teilhabe bekommen was Regeln Grenzen und Konsequenzen betrifft. Seht es als Partnerschaft und nicht als Vormund. Immer glaubwürdig bleiben. Und in Bewegung bleiben. Wenn das Kind nicht kommt, dann holt es.
Dankeschön für den Text und alle Tipps sind sehr dankbar dafür:)