Was waren die Unterschiede zwischen Sokrates und Platon?

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Zu Sokrates und Platon können eher Unterschiede in ihrem Leben angegeben werden als inhaltliche Unterschiede in ihren philosophischen Auffassungen. Platon begegnete im Alter von ungefähr 20 Jahren Sokrates, der etwas mehr als 40 Jahre älter war, und wurde sein Schüler (Diogenes Laertios 3, 6). Dies ist für Platon eine wesentliche Prägung gewesen. Allerdings hat es auch weitere philosophische Einflüsse gegeben (z. B. Parmenides, Herakleitos [Heraklit], die Pythagoreer). Platon hat Ansätze von Sokrates aufgegriffen und weiterentwickelt. Bei Platon ist viel mehr an einzelnen Gedanken und zusammenhängenden Überlegungen greifbar als bei Sokrates, der von seinen philosophischen Gedanken nichts schriftlich hinterlassen hat.

Unterschiede

soziale Schicht: Sokrates war eher einfacher Herkunft (Vater Steinmetz und/oder Bildhauer, Mutter Hebamme) mit etwas Vermögen (ausreichend, um bei den athenischen Streitkräften als schwerbewaffneter Fußsoldat [Hoplit] herangezogen zu werden), Platon ein wohlhabender Adliger.

Ehe und Famile: Sokrates war mit Xanthippe verheiratet und hatte 3 Söhne, Platon blieb unverheiratet und kinderlos.

Reisen: Sokrates ist einmal nach Samos gereist, hat aber Athen sonst kaum verlassen außer bei Feldzügen in Kriegen. Platon hat Athen etwas öfter verlassen, vor allem auf Reisen nach Unteritalien/Sizilien (wo es bedeutende griechische Siedlungen gab), einschließlich eines Zusammentreffens mit den Tyrannen Dionysios I. und Dionysios II.

Lebensende: Sokrates ist aufgrund eines Prozesses (Anklage wegen Religionsvergehens und Verführung der Jugend) hingerichtet worden, Platon hatte einen natürlichen Tod (Alter/Krankheit).

schriftliche Werke: Sokrates hat keine schriftlichen Werke mit philosophischen Aussagen verfaßt. Platon hat dagegen philosophische Werke geschrieben (hauptsächlich Dialoge; die Werke sind erhalten und es gibt in der Überlieferung auch Werke, deren Urheberschaft bei Platon zweifelhaft oder unecht ist). Sokrates ist bei Platon (außer der Apologie des Sokrates) eine Figur in Dialogen, wobei diese Figur nicht einfach mit dem echten geschichtlichen Sokrates gleichgesetzt werden darf.

Organisation philosophischer Lehre: Sokrates hat mit Menschen philosophische Gespräche geführt, wo er sie traf, gerne auch auf dem Marktplatz, hatte einen Schülerkreis, aber ohne eine feste Organisation. Platon hat Gespräche an verschiedenen Orten geführt, diskutiert, zumindest einmal auch öffentlich einen Vortrag gehalten, mit der Gründung einer Philosophenschule (platonische Akademie) um 387 v. Chr. aber auch eine Institution als festen organisatorischen Rahmen geschaffen.

Einstelllung zur athenischen Demokratie: Sokrates war Athen treu, hat seine Bürgerpflichten erfüllt und eine Gegnerschaft des Sokrates zur Demokratie ist nicht belegt. Vermutlich hat er die Demokratie bejaht oder akzeptiert, ohne die Zustände in ihr in jeder Hinsicht für ideal zu halten. Sokrates hat vielleicht (wenn ihm zugeschriebene Aussagen ihn richtig wiedergeben) mehr Sachverstand bzw. passende Fähigkeiten für Leute in leitenden Stellungen für wünschenswert gehalten und in dieser Hinsicht zum Losverfahren bzw. zu Wahlergebnissen kritische Bemerkungen geäußert. Dies kann aber auch eine Kritik eines grundsätzlichen Befürworters einer Demokratie sein, der auf Kompetenz bei den Leuten Wert legt. Platon dagegen hat die athenische Demokratie abgelehnt, ausdrücklich Demokratie als etwas Schlechtes dargestellt.

Auffassung zur Möglichkeit von Erkenntnissen: Platon hat ein wenig mehr als Sokrates das Erreichen von Erkenntnissen bei philosophischen Fragen für möglich gehalten. Sokrates hat nicht grundsätzlich eine Erkennbarkeit der Dinge bestritten und verneint. Eine Annäherung an die Wahrheit hat er sich und anderen zugetraut. Allerdings hat er eine Einsicht in Grenzen des eigenen Wissens und damit Vermeidung von Selbstüberschätzung betont (Platon, Apologie des Sokrates 21 d). Bei Menschen hat er anscheinend dabei eine nur vorläufige und nicht völlig gewisse Erkenntnis zu wesentlichen Dingen angenommen, keine endgültige Erkenntnis der Wahrheit mit unumstößlicher Gewißheit (dies ist nach seiner Auffasung auf Gottheiten beschränkt, die vollkommen sind). Platon ist zwar auch vorsichtig mit der Erreichbarkeit von Wahrheit, traut aber einigen Menschen bei intensivem Durchdenken zu, mit Mühe zu Erkenntnissen in wesentlichen Dingen zu gelangen.

philosophische Thematik: Sokrates hat sich vor allem mit Ethik beschäftigt, dabei auch die Frage der Möglichkeit von Erkenntnissen berührt, sich in jüngeren Jahren vermutlich auch mit Naturphilosophie beschäftigt (dafür spricht die Bekanntschaft mit dem Philosophen Archelaos und eine Bezugnahme auf Erklärungen von einer Art und Weise, wie sie Anaxagoras gab, in einer Aussage zu Sokrates in jüngeren Jahren und der Naturphilosophie bei Platon, Phaidon). Platon hat umfassend philosophische Thematik ausgiebig erörtert, darunter neben Erkenntnistheorie und Ethik auch Naturphilosophie (Platon, Timaios) und politische Philosophie mitsamt Entwürfen eines besten (Platon, Politeia) bzw. unter praktischen Umständen möglichen verhältnismäßig guten Staates (Platon, Nomoi).

Ideenlehre: Die Ideenlehre stammt von Platon. Bei Sokrates hat es erst Versuche zu Wesensbestimmungen gegeben, mit der auf Tugend bzw. einzelne Tugenden bezogenen Fage, was sie sind (Was-ist-X-Frage). Die Ideenlehre ist eine eigene Theorie Platons und für den geschichtlichen Sokrates nicht belegt, auch wenn Platon wohl davon überzeugt war, die Ideenlehre sei in den Gedanken des Sokrates im Grunde schon angelegt. Nach Platons Darstellung gibt es von fast allen Dingen, nicht nur Tugend bzw. einzelne Tugenden, Ideen. Ausnahmen sind:

a) individuelle konkrete einzigartige Dinge (Singularia), diese gibt es nur einmal und es kann sie auch nicht mehrfach geben (daher gibt es z. B. keine Idee des Individuums Sokrates)

b) Undefinierbares (zu etwas, das kein abgrenzbares Etwas ist, nur ein Das-da, gibt es keine Idee)

Prinzipienlehre: Eine Prinzipienlehre hat nur Platon aufgestellt, nicht der geschichtliche Sokrates. Platon hat nach antiken Zeugnissen eine Prinzipienlehre (griechisch ἀϱχή = Prinzip) vertreten, zu der es in den schriftlichen Dialogen nur einige andeutende Hinweise gibt. Platon hat sie mündlich vorgetragen („ungeschriebene Lehre“; darunter ein öffentlicher Vortrag „Über das Gute „ [Πεϱὶ τἀγαθοῦ]) und mit anderen erörtert. Das Eine (τò ἕν), ein Prinzip der Einheit, verleiht als Idee des Guten allem Grenze und Bestimmung und damit Existenz und Erkennbarkeit. Zu diesem ersten Prinzip tritt – ihm auf gewisse Weise untergeordnet – als ein zweites Prinzip die unbegrenzte/unbestimmte Zweiheit (ἀόϱιστος δυάς), von der die Vielheit abgeleitet ist. Dieses Materialprinzip für Ideen und Sinnendinge wird auch als Groß – Kleines (μέγα καὶ μικϱόν) bezeichnet

Erhaltene schriftliche antike Zeugnisse, die sich auch auch auf die mündliche Lehre beziehen (Aristoxenos, Στοιχεῖα ἁρμονικά (Grundzüge der Harmonielehre; lateinischer Titel: Harmonica) 40, c; Aristoteles, Eudemische Ethik 1, 8, 1218 a 20 -21 und 25 – 26; Aristoteles, Metaphysik, 14, 4, 1091 b 13 – 15), legen eine Gleichsetzung der Idee des Guten mit dem Einen nahe (wobei klärungsbedürftig ist, inwiefern bzw. auf welche Weise).

Hi,- Platon IST Sokrates - und zwar insofern als Platon Schüler von Sokrates war, Letzterer aber keine schriftlichen Aussagen hinterlassen hat. Alle Dialoge Platons, in denen Sokrates zu Wort kommt sind eine Verarbeitung dessen was Platon durch S. aufgenommen und verarbeitet / weiterentwickelt hat. Insofern kann es überhaupt keine sinnvolle Frage zu einem möglichen Unterschied geben. ;-)

Gruß