Was waren die Unterschiede von Luthers Lehre zu Zwingli und Calvin?

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Zwingli war wesentlich radikaler, als Luther. Nicht unbedingt, was seine Lehre betrifft, sondern vor allem, was sein Vorgehen betrifft. Luther und die ihm nahestehenden "Reformatoren" ließen viele katholische Traditionen bestehen, wenn Sie der Meinung waren, dass diese gut und nützlich seien und der Heiligen Schrift nicht ausdrücklich widersprechen. Zwingli hat einen ziehmlichen Kahlschlag unternommen

Zum Beispiel beim Gottesdienst: Die Lutheraner hatten die Messe nicht abgeschafft - jedoch ins Deutsche übersetzt und erhebliche Änderungen und Streichungen im Eucharistiegebet vorgenommen. Auch die Tagzeitengebete wollte man beibehalten. Die meisten Festtage wurden beibehalten. Die Gemeinden durften tlw. sogar weiter Weihrauch und Kerzen benutzen, die Priester durften weiterhin Messgewänder tragen - mussten aber nicht. Zwingli hat fast alles, außer der Predigt abgeschafft und auch keine deutschen Kirchenlieder geschaffen. Ähnlich war es mit Bildern in den Kirchen oder beim Fasten.

Der wichtigste Unterschied in der Lehre betrifft das Abendmahl. Luther hielt an der traditionellen christlichen Lehre fest, dass Christus mit Leib und Blut in den Insignien gegenwärtig ist (Realspräsenz). Er lehnte lediglich die Transsubstantationslehre zur religionsphilosophischen Erklärung der Realpräsenz ab, sowie die Vorstellung dass beim Abendmahl das Kreuzesopfer Christi wiederholt werde (was die katholische Kirche so aber garnicht gelehrt hatte). Zwingli verstand Taufe und Abendmahl nur als äußere  Zeichen, die zwar von Christus geboten sind, aber keine Heilswirkung haben. Das "Nachtmahl" war für Zwingli nur ein Gedächtnismahl. Den Glauben an die Realpräsenz bekämpfte Zwingli. Der "Abendmahlsstreit" zwischen den Beiden gründet nicht nur in einem unterschiedlichem Verständnis der Abendmahlsworte Jesu, sondern auch in unterschiedlichen Ansichten was das Verhältnis von göttlicher und menschlicher Natur Jesu betrifft.

Mit Calvin kenne ich mich leider nicht besonders gut aus. Jedoch nimmt er in vielen Fragen eine Mittelposition zwischen Luther und Zwingli ein. Von Luther unterscheidet er sich darin, dass er lehrte, dass Gott vorherbestimmt ob ein Mensch erlöst wird oder in die Hölle kommt (Doppelte Prädestination). Dies würde zwar eigentlich auch aus der Lehre Luthers "Vom Unfreien Willen" folgen, dennoch lehnten Luthers Schüler es ab das so auszudrücken.

In einigen lutherischen Gesangbüchern stand früher eine Liedstrophe, welche die wichtigsten Lehrunterschiede zusammenfasst. Wirkt heute etwas skurril - lässt sich aber immernoch gut merken: "Die Reformierten sind, / wie wir von Rom geschieden. / Und dennoch leben wir, / mit ihnen nicht im Frieden, / denn erstens lehren sie / vom Abendmahl nicht recht, / zweitens ist ihr Begriff / der Gnadenwahl gar schlecht."