Was überwiegt in der Welt?

10 Antworten

Gibt es denn überhaupt gute und böse Menschen?
Für mich sind alle Menschen gut, denn jeder strebt nach Frieden und Glück.
Böse Taten entstehen aus einem Mangel heraus, aus Leid, Angst usw.
Aber ich denke niemand strebt danach böse zu sein.

Wie viel Angst und Leid es in der Welt gibt, bzw wie wir damit umgehen, bestimmen wir selber: Wenn wir empathsich sind, herzlich und anderen helfen, sieht es natürlich viel besser aus, als wenn wir damit beschäfigt sind Macht und Status anzuhäufen.

Die Frage nach dem Überwiegen von guten friedlichen oder schlechten bösartigen Menschen in unserer Welt berührt fundamentale philosophische und psychologische Konzepte. In der menschlichen Erfahrung zeigt sich eine bemerkenswerte Dualität, die seit Jahrtausenden Religionen und Philosophien beschäftigt.

Die Betrachtung von "gut" und "böse" ist zunächst ein kulturelles Konstrukt. Wie in den Forschungsergebnissen deutlich wird, sind gut und böse "Kategorien, die eine Gemeinschaft vereinbart hat. Was die eine Gesellschaft erlaubt, kann in der anderen schon einen Regelverstoß bedeuten". Diese kulturelle Relativität macht es schwierig, eine universelle Aussage darüber zu treffen, was überwiegt, da die Definitionen variieren.

Aus evolutionsbiologischer Perspektive argumentiert der Harvard-Professor Richard Wrangham nach jahrzehntelanger Forschung mit Primaten, dass Menschen von Natur aus sowohl gut als auch böse sind. Er beschreibt ein "Güte-Paradoxon", wonach wir "in unserem alltäglichen Leben ein ungewöhnlich geringes Maß an Gewalt praktizieren, aber in unseren Kriegen außergewöhnlich viele Todesopfer durch Gewalt erreichen". Diese Dualität des Menschen zeigt sich im gesamten Spektrum menschlichen Verhaltens – von herzerwärmender Güte bis zu unsagbarer Bösartigkeit.

Die Vorstellung eines natürlichen Gleichgewichts zwischen Gut und Böse wird in verschiedenen Traditionen diskutiert. In der chinesischen Philosophie verkörpern Yin und Yang die Verbindung zweier gegensätzlicher Kräfte, "wobei die zwei konträren Pole jeweils nur in Abhängigkeit des anderen existieren können. Kein Gut ohne Böse, kein Held ohne Schurke, kein Yin ohne das Yang". Diese Perspektive legt nahe, dass Gut und Böse nicht isoliert existieren können, sondern in einer dynamischen Wechselbeziehung stehen.

Interessanterweise deutet die Existenz dieser Balance nicht auf eine gleichmäßige Verteilung von guten und bösen Menschen hin. Eine provokante Ansicht besagt, dass "lediglich 0,5% aller Menschen wirklich 'Gut' gegenüber anderen Menschen und nur 0,0045% der Menschen müsste heiliggesprochen werden. Mit anderen Worten 99,5% der Menschen sind mehr 'Schlecht' zu anderen und zu sich selbst". Diese Behauptung ist zwar nicht wissenschaftlich belegt, spiegelt aber eine pessimistische Sichtweise wider, die in manchen philosophischen Traditionen verankert ist.

Die Trennung zwischen "guten Menschen" und "bösen Menschen" erscheint bei näherer Betrachtung jedoch künstlich. Wie in den Diskussionen auf Plattformen wie gutefrage.net deutlich wird: "Soweit ich weiß, gibt es keine guten und bösen Menschen. Kein Mensch ist nur gut oder nur böse". Diese Einsicht reflektiert ein nuancierteres Verständnis menschlicher Natur – Menschen sind komplex, mehrdimensional und fähig zu sowohl guten als auch schlechten Handlungen.

Das Konzept der "Homödynamik" bietet einen Rahmen zum Verständnis des Gleichgewichts im Leben. Es beschreibt das "Streben nach Aufrechterhaltung eines Gleichgewichts" als ein "Grundprinzip des Lebens". Dieses Prinzip manifestiert sich nicht nur auf biologischer Ebene, sondern auch in sozialen Systemen: "Zwischenmenschliche Beziehungen, denen es an der homödynamischen Gabe der Konfliktlösung fehlt, laufen Gefahr, auseinanderzubrechen". Das Leben selbst scheint nach Balance zu streben, auch wenn diese nicht statisch, sondern dynamisch ist – "ein Pendeln zwischen den Polen".

Die Balance zwischen Gut und Böse kann auch als innerer Kampf verstanden werden. Wie Peter von Thomas schreibt: "Der Kampf zwischen Gut und Böse ist ein innerer Kampf. Wir tragen ihn nach Außen, die Reaktionen nutzen wir dann als Waffe im Kampf". Diese Perspektive verlagert die Frage nach dem Überwiegen von Gut oder Böse von der äußeren Welt in das Innere jedes Menschen.

Nach Nietzsches Aussage gibt es "gar keine moralischen Phänomene, sondern nur eine moralische Ausdeutung von Phänomenen". Diese philosophische Position unterstreicht die subjektive Natur von gut und böse – nicht die Handlungen selbst sind inhärent gut oder böse, sondern unsere Interpretation dieser Handlungen.

Was hält also das Leben im Gleichgewicht? Die Antwort scheint in der dynamischen Wechselbeziehung zwischen gegensätzlichen Kräften zu liegen. Das Gleichgewicht ist kein statischer Zustand, sondern ein kontinuierlicher Prozess des Ausbalancierens. Es wird aufrechterhalten durch kulturelle Normen, soziale Strukturen, persönliche Ethik und die natürliche Tendenz lebender Systeme, Homöostase anzustreben.

In einer Welt, die von Extremen und Polarisierung geprägt ist, erinnert uns die Suche nach Balance daran, dass weder das absolut Gute noch das absolut Böse überwiegt. Stattdessen existieren beide in einem komplexen Wechselspiel, das sowohl zwischen Menschen als auch innerhalb jedes Individuums stattfindet. Das Leben selbst scheint nach einem "Fließgleichgewicht" zu streben – einer dynamischen Balance, die nicht Perfektion anstrebt, sondern Anpassungsfähigkeit und Resilienz.

Die Frage, ob gute oder böse Menschen überwiegen, führt letztlich zu einer tieferen Erkenntnis: Die Dualität von Gut und Böse ist nicht eine Frage des Überwiegens, sondern der Integration – ein fundamentales Merkmal der menschlichen Existenz, das uns sowohl herausfordert als auch definiert.

Wie die Biebl andeutet, gibt es mehr ungerechte als gerechte (in Gottes Augen)

(Matthäus 7:13, 14) . . .Geht ein durch das enge Tor; denn breit und geräumig ist der Weg, der in die Vernichtung führt, und viele sind es, die auf ihm hineingehen; 14 doch eng ist das Tor und eingeengt der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden.

Kommt auf die Definition von "gut" an. Wenn man davon ausgeht, was die Bibel lehrt, nur die wenigsten. Weitestgehend friedlich sind aber sicher weit über 90%

Die "gesellschaftliche" Welt muss dem Bösen in Form von Autokraten, Diktatoren und Monsterkapitalisten mindestens genauso viel Gutes in Form von Widerstand dagegen und Vorleben anderer Werte, wie Nächstenliebe, Altruismus und Menschenrecht entgegenstellen.

Es wird immer Gut und Böse geben, weil beide nur zusammen existieren können. Das Verhältnis darf nicht zugunsten des Bösen kippen, damit eine Art Gleichgewicht gewährleistet ist.