Was passiert chemisch gesehen mit Kohlenhydraten beim Kochen/Backen?

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Eigentlich kannst Du alles am Brot schön erklären:

  1. Gärung beim Backen (also eigentlich vor dem Backvorgang): guck mal unter Gärung nach, da wirst Du sicher was finden.

  2. Bezüglich Stärke würde ich auch auf Brot eingehen. Hier mal vereinfacht wiedergegeben: Im Weizenbrotteig liegt die Stärke zunächst in Form von Stärkekörnern (vereinfacht: mikroskopisch kleine Körner aus Amylose und Amylopektin) vor. Beim Erhitzen im Backofen werden die Stärkekörner gesprengt (durch die thermische Bewegung und Einlagerung von Wasser in kristalline Bereiche und dadurch bedingte Quellung). Die Stärke bildet eine Art Gel, durch das das Brot nach dem Backen weich und elastisch ist. Lagert man das Brot, kommt es nach und nach zur sogenannten Retrogradation der Stärke. Das heißt, dass die zuvor im Gel vorliegende Stärke zusehends sich wieder mit benachbarten Stärkemolekülen zu kristallinen (und praktisch wasserfreien) Bereichen zusammenlagert. Das Brot ist nicht mehr elastisch und trocknet schnell aus (es wird altbacken). Dieser Prozess läuft um 5°C am schnellsten ab. Demnach sollte frisches Brot, was nicht sofort verzehrt werden soll, besser portionsweise eingefroren werden, anstatt es im Kühlschrank zu lagern. (Bei einer Mehlschwitze - Mehl wird in Butter erhitzt, um damit eine Sauce oder Suppe zu verdicken - passiert Ähnliches: die Stärkekörner werden gesprengt und die Stärkeketten liegen nachher frei in der Sauce vor. Lange Molekülketten in Lösungen haben die Eigenschaft, je nach Beschaffenheit, die Lösung viskoser, also dickflüssiger zu machen. Genau das ist Ziel der Mehlschwitze!)

  3. Am Rand des Brotes (der späteren Kruste) finden Reaktionen von reduzierenden Zuckern (z.B. Glucose, die durch Amylasen der Hefen aus der Stärke abgespalten wurden) mit Aminen (z.B. Aminosäuren) statt. Diese Reaktionen sind sehr komplex und führen zu braun gefärbten Produkten, sowie auch Aromastoffen. Man bezeichnet die Reaktionen in Summe als Maillard-Reaktion. Ich denke, dazu kannst Du allenfalls eine schematische Darstellung liefern. Das übersteigt sonst den Rahmen in der Schule bei weitem. (diese Reaktionen laufen übrigens auch ab, wenn Du eine Mehlschwitze sehr heiß werden lässt. Das Ergebnis ist dann eine braune Mehlschwitze).

Damit kannst Du sicherlich schon einiges anfangen. Wenn Du noch was nicht verstehst, sag Bescheid.

Lilii1994 
Fragesteller
 04.01.2012, 11:56

vielen vielen dank :) hat mir wirklich weitergeholfen!!! :)

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Arrggh  04.01.2012, 12:08

Mir ist grade nochwas eingefallen:

  1. Karamell und auch Zuckercouleur! (solltest Du so genug finden können)

  2. Reaktionen von reduzierenden Zuckern in sauren Lebensmitteln --> Honig. Kaltgeschleuderter Honig (der also nur durch Zentrifugalkraft aus der Wabe entfernt und dabei nicht erhitzt wird) ist hochwertiger, als solcher, der erhitzt wurde. Grund dafür ist u.A., dass der Honig beim Erhitzen zum Teil Aromastoffe verliert, aber auch, dass die Zucker im Honig bei erhöhter Temperatur leicht reagieren: Im Honig wird zwar auch zu einem gewissen Maße die Maillard-Reaktion ablaufen, aber da der Honig zum Großteil aus einer sauren wässrigen Zuckerlösung (Glucose und Fructose) besteht, kommt hier auch zum Tragen, dass reduzierende Zucker (z.B. Glucose und Fructose) im Sauren leicht reagieren. Es finden Umlagerungen statt (Keto-Enol-Tautomerie), es wird Wasser abgespalten und es finden Ringschlüsse statt. Über diese drei Reaktionswege entstehen wieder braune Farbstoffe und (im Honig fremde und daher unerwünschte) Aromastoffe (das Produktspektrum ist weitgehend identisch mit dem bei der Maillard-Reaktion). Diesen Umstand nutzt man auch zum Nachweis einer Erhitzung. Die über die genannten Wege gebildete Substanz Hydroxymethylfurfural dient als Indikatorsubstanz für eine Erhitzung.

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Arrggh  04.01.2012, 14:29
@Arrggh

Ach so - im Zusammenhang mit der Maillard-Reaktion würde ich auch erwähnen, dass diese der Grund dafür ist, dass die Gehalte der essentiellen Aminosäure Lysin durch die Maillard-Reaktion in z.B. erhitzter Milch geringer sind.

Lysin verfügt auch in Proteinen und Polypeptiden über eine freie Aminofunktion, die an der Maillard-Reaktion teilnehmen kann (die epsilon-Aminofunktion).

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