Was meint Camus damit?

6 Antworten

Negative Gefühle und positive Gefühle sind sich ziemlich ähnlich, weil sie die gleichen Ursachen haben, nämlich Leidenschaft und Temperament. Es kann etwas nur geben und von der Gleichförmigkeit des Restes hervorgehoben werden, wenn es sich von irgendetwas anderem abhebt. Es kann kein "warm" geben ohne "kalt", kein "hell" ohne "dunkel" usw. - Gegensätze ziehen sich nicht an, sondern sie setzen sich gegenseitig voraus. Wahrscheinlich hat Camus in einer harten Phase so heftig gelitten, dass er es nicht mehr aushalten konnte, außer, indem er sich irgendetwas schön redete. Als er darüber nachdachte, wie schön es ist, so leidensfähig zu sein, weil es zeigt, wie leidenschaftlich man ist, da musste er vermutlich laut und heiter auflachen, erkannte seine Liebe zur Leidenschaft und damit die immer wiederkehrende Bestätigung der Liebe in ihm durch jedes Leid, das ihn ereilen konnte. Wenn du einmal begriffen hast, dass kein Gefühl dich töten kann und dass es gar nicht erstrebenswert ist, den inneren Winter abzustreifen, dann hast du auch den unbesiegbaren Sommer entdeckt.

Zur zweiten Äußerung: Das ist etwas pragmatischer. Das Leben verlieren bedeutet auch, zu wissen, dass dieser schreckliche Zustand vorüber gehen wird, nie wieder kommen wird und du danach leidfrei bist. Den Sinn seines Lebens aber baut man auf Annahmen auf, die man für stabil hält. Z.B. ist der Sinn des Lebens Familie gründen, weil der Fortbestand der Menschheit erstrebenswert ist. Oder der Sinn des Lebens ist es, alt zu werden, weil das bisher alle mehr oder weniger angestrebt haben. Was aber, wenn alle Annahmen, auf denen dein Lebenssinn basiert hat, weggewischt werden? Was, wenn du dein Leben nach der Kirche ausgerichtet hast und den Sinn deines Lebens darin gesucht hast, Gott gefällig zu sein und plötzlich herausfindest, dass Gott vermutlich einer von etlichen "Göttern" aus dem All war und vor abertausenden Jahren hier Astronomieunterricht gegeben hat, bevor er mit seinem Raumschiff wieder nach Hause konnte? Auch wenn ich glücklicherweise nie gläubig war und auch nie so vermessen, den Sinn des Lebens für mich definiert zu haben kann ich dir sagen, wie sich das anfühlt: Ungefähr so, als würdest du mit 35 erst erfahren, dass der Weihnachtsmann eine ausgedachte Geschichte ist. Dir wird der Boden unter den Füßen weggezogen, du fühlst dich von allen und jedem betrogen um die vorenthaltene Wahrheit und Aufklärung. Jegliche Orientierung entfällt, du weißt nicht mehr, warum du irgendetwas gemacht hast oder irgendetwas machen solltest. Es wird einfach ALLES in ein ganz anderes Licht gerückt und dein Vertrauen in die Welt, wie du sie kanntest wird fundamental gebrochen. Man steht aber an einem Scheidepunkt und weiss: irgendwie muss es weitergehen. Diese Hilflosigkeit ist es, was Camus zurecht für so unerträglich hält.

Also zu Zitat eins würde ich sagen, dass r damit meint, dass obwohl es irgendwas Schweres erdrückenes gibt, er trotzdem irgendwie stark und groß sein kann, vielleicht auch gerade deswegen.. (musst du noch irgendwie schöner formulieren)

und das zweite besagt meiner meinung nach, dass "leben" mehr ist als irgendwie seine routine ohne tieferen sinn tag für tag wie immer durchzugehen, sondern dass man irgendwie eine aufgabe braucht, oder etwas, was das Leben lebenswert macht und wenn man das nicht mehr hat, bzw sieht wie es verschwindet (sei es in Form von einer geliebten Person o.ä.) ist es viel schlimmer als evtl sogar zu sterben?

Zitat 1: Das bedeutet, dass was immer du aushalten musst, wie schwer es auch sein mag, Du, der das jetzt liest, ist davon voellig unbeeindruckt, denn er ist jenseits aller Empfindungen und Gefuehle. Er wird ewig sein und kann durch einen Winter (was Qual und Schmerzen symbolisiert) nicht beeindruckt werden. Der unbesiegbare Sommer repraesentiert das ewige Leben!

Zitat 2: Wenn man stirbt, dann stirbt man nicht wirklich, denn dein Bewusstsein wird ewig leben, das hat der Herr erkannt. Aber die Erkenntnis, dass man nun ein ganzen Leben verschwendet hat, weil man dachte, der Sinne des Lebens koennte z.B. sein, gluecklich zu sein ist dann niederschmetternd, da man seinen Tod akzeptiert hat, aber der Sinn des vorherigen Lebens auf voellig falschen Vorstellungen beruhte. Es war quasi sinnlos zu leben, weil man einer Vorstellung hinterhergejagt war, welche einfach nicht existiert.

Mach's gut und stelle mehr solcher Fragen. Danke!

So wie es aussieht, sieht es mal wieder jeder anders aber für mich wäre das erste Zitat einfach die Aussage, dass für alles was von außen auf uns einwirkt, die Gegenkraft in uns liegt. Egal wie unendlich oder unerträglich es uns scheint, in uns liegen die Mittel damit umzugehen, es zu neutralisieren. [Off-Topic: Erinnert ein wenig an den platten ''was uns nicht umbringt macht uns härter''-Spruch]

Beim zweiten Beispiel finde ich den Kontrast in der Wortwahl (verlieren/beim aufgelöst werden zusehen) beachtenswert: Das Leben verlieren kann man in einem Augenblick aber zusehen wie etwas aufgelöst wird, klingt doch nach einem längeren Prozess. Es erinnert mich an die zwei Extreme, bei einem Unfall schlagartig das Leben zu verlieren, was eine Sache von Sekundenbruchteilen ist oder nach der Diagnose ''Krebs im Endstadium'' einfach noch ein paar Monate auf den Tod zu warten, was u.U. den Sinn dieser Monate auflösen kann (aber natürlich nicht muss).

"Sommer" - unzerstörbare Hoffnung trotz Winter?

Mit Sinn, nimmt man Sterben-müssen(-geschieht-irgendwann-einfach) in Kauf, es gehört dazu sogar .. (Who wants to live forever?). Ohne Sinn leben ist hingegen unerträglich.

Kerngedanken der sogenannten Existentialisten. Es bringt nichts, sich im Leid zu verlieren. Religionen, Philosophien sind teils unterscheidbar, charakerisierbar an ihrem Umgang / Erklärung von Leid (Plagen von Gott geschickt oder nüchtern: Katastrophen oder alltäglichem sh*t oder Tiefen des Winters). siehe: http://www.thejaywalker.com/pages/shit_happens.html

RoSiebzig  12.11.2013, 15:24

"unbesiegbarer Sommer" - unzerstörbare Hoffnung und der Wille, zu überstehen, dagegen (zB gegen jeglichen `Winter´) anzugehen, die Herausforderung anzunehmen, nicht aufzugeben, es wenigstens zu versuchen, was sommerlich gut tut. .. so les ich's.

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