Warum sind ältere Menschen so davon besessen, was die Leute denken?

6 Antworten

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Ich kenne die Litanei, in meiner Heimat war es genauso und irgendwann war es für uns so unerträglich, dass wir Bewerbungen schrieben und weggingen.

Ich habe hier einen schönen Spruch -----> Menschen kaufen von Geld, das sie nicht haben Dinge, die sie nicht brauchen um Leuten zu imponieren, die sie nicht mögen. Es gibt diverse Abwandlungen davon, eine ist mir mit dem Focus auf Werbung und Konsum bekannt - der Sinn ist der Gleiche.

Meine Ansicht ist, dass solche Leute in ihren Wertvorstellungen gefangen sind, immer Angst um ihr Ansehen haben und vielleicht auch nicht richtig anerkannt/nicht richtig akzeptiert werden. Ich kenne so ein Verhalten vor allem aus ländlichen oder vorstädtischen Gefilden und versuche das mal vorsichtig mit der dort herrschenden Sozialkontrolle zu begründen, die oft groteske Züge annimmt. Je süddeutscher, katholischer und ggf. ungebildeter/landwirtschaftlicher das Umfeld ist, umso schlimmer wird das.

In meiner Heimat gab es diverse Typen, die alles und jeden bemängelten und zerlegten. Zur Zielscheibe solcher Leute gerieten vor allem "die, die irgendwas anders machten als die anderen", egal ob es eine Ehe mit jemandem aus dem Nachbarlandkreis oder gar aus der Stadt oder gar mit jemandem war, der studiert hatte oder der Kauf eines Mercedes oder der Austritt aus einem Verein oder schwere Erkrankungen waren, die man durchmachen musste - und alle wussten immer alles besser. Es ging hoch bis zu Rufmordkampagnen, natürlich waren aber alle so lieb und nett und katholisch und fingen nicht selten beim Gebet fast zu weinen an ... ja, was sind wir doch nett.

So jemandem möchte keiner eine Steilvorlage liefern und deswegen sind die Leute gefangen in ihren Hamsterrädern, immer peinlich darauf bedacht nie aufzufallen und niemals in irgendeiner Weise anzuecken. Schließlich würde Nachbar XYZ sofort alles sehen mit seinen neugierigen Augen und das Ganze ordentlich aufbauschen, mit Lügen "verfeinern" und allen erzählen - und man wäre erledigt, weil sich niemand die Mühe macht, die Gegenprobe zu machen: Würde man es tun, wäre man selbst der Nächste, der beleidigt und vorgeführt wird.

So verhalten sich diese irgendwie tumben Landeier, die sich für ach so vernünftig und ehrlich und christlich und toll halten und so bürgerlich wirken. Diese Leute haben oft Angst, zu kurz zu kommen oder fürchten sich davor, dass ihnen irgendjemand irgendetwas nimmt - solche"Normalos" nach dem Motto "er Bauschlosser, sie Sekretärin" mit Einfamilienhaus, Vorgarten, Hollywoodschaukel, Aufsitzrasenmäher, Gartenzwerg-Kollektion, Golfplatzrasenschnitt, zwei Autos und bescheidenem deutschem Wohlstand, eher geringer Allgemeinbildung, wenig Interesse an Neuem und an der Welt, dafür Vereinswelt und Tratscherei über alles sowie ggf. Politikverdrossenheit. So jemand hat dann Angst, dass ihm ein Albaner den Gartenzwerg klaut (weil er sich angeblich selber keinen leisten könnte), ein gelegentlich die Straße entlang laufender "Bimbo" (so reden diese Leute oftmals noch immer) Häuser ausspäht und nachts einbricht oder ein türkischer Zeitungsausträger mit fettigen "Döner-Fingern" ihm den Briefkasten befingert und wenn im Polizeibericht der Zeitung irgendein Einbruchsbericht steht, heißt es "ouh, des war bestimmt 'n Russ". Aber Hauptsache, der Kaffee ist schön stark, der Kuchen schön fest und man wird von vorne bis hinten von der Frau bedient, kann mit dem Nachbarn über Dritte palavern und lästert sobald man daheim im Wohnzimmer hockt wieder über eben diesen "lieben Nachbarn" schamlos ab und tut dann wieder so auf groß, wenn die AWO-Ortsgruppe um Warenspenden für Bedürftige bittet und man den Ehrenamtlichen in einem Anflug nach dem Motto "hach, was bin ich doch lieb und großmütig" feierlich seinen alten, stinkenden, vergammelten Schrott hinkarrt, damit man sich die 20 Kilometer zum Recyclinghof und ein paar Liter Sprit spart.

Genau so ist es - das ist ganz schlimm, aber wenn man diese Leute kennt, dann weiß man, was Sache ist. Aus dieser Ecke kamen die schlimmsten und vor allem grundlosesten und fadenscheinigten Diffamierungen gegen Andere. Ältere sind da oft deswegen noch mal um Einiges schlimmer als Berufstätige, weil sie als Rentner nix zu tun haben, Langeweile empfinden, vielleicht nicht mehr beweglich genug für die Vereinsarbeit oder zu gebrechlich für körperliches Tun sind (geistig muss man von denen nix groß erwarten - Hauptsache, das Essen schmeckt und die Kirchenglocken läuten; sehr einfache Leute sind auch mit sehr einfachen Dingen zufrieden) und deswegen auf dumme Gedanken kommen - da wird getratscht, geschimpft, da werden Geschichten ersponnen und Dinge zusammengelogen - nicht selten im genauen Bewusstsein dessen, dass man lügt, Hauptsache man redet mit und hat etwas, das noch heißer ist als die Grillwurst auf Nachbars Grill und noch aktueller als der eben erst eingeworfene Aldizettel.

Ich gebe zu, dass ich dieses Milieu nicht nur deswegen wie die Pest hasse - Hauptsache, man gewinnt mal wieder beim Blumenschmuckwettbewerb einen Preis und kommt in die Zeitung und kann über Ausländer schimpfen oder über die Nachbarn, weil die Mercedes fahren oder ein größeres Haus haben. Oft sind diese Leute so von Neid zerfressen, unzufrieden und halten nur Fassaden aufrecht, dass es kracht. Und zum Psychologen gehen ist nicht, der Nachbar könnte ja das rauskriegen, weil er zufällig mal in den Aldi unweit des Arztes geht und das sieht und dann könnte er ja schimpfen... aber man selbst verunglimpft doch selbst jeden und lacht ihn aus, wenn er dorthin geht.

Oft liegt es auch daran, dass die Leute keine anderen Themen haben und vielleicht auch nicht in der Lage dazu sind, Anderes kennen zu lernen oder auch nicht empathisch genug sind, sich in die Opfer von Gerüchten, Anschuldigungen, Beleidigungen, Vorurteilen und vielleicht sogar ernsthaften ggf. juristischen Problemen, die durch üble Nachrede zustande kommen, zu versetzen.

Diesen Unholden ist einfach langweilig - sie wissen nicht, was sie mit ihrer Zeit tun sollen und sie haben oft auch mit sich selbst Probleme oder sind neidisch auf diejenigen, über die sie sich die Münder zerreißen. Auf dem Land oder in der Vorstadt ist das Usus, woanders interessiert sich niemand davon.

Und davon kommt dann diese Angst davor, irgendwas falsch zu machen und am Pranger der kommunalen Nation zu landen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Alexx352  12.09.2020, 11:15

Ich leide schon seit vielen Jahren unter solchen Umständen! Habe mich aus diesen Gründen auch politisch anders orientiert als die Mehrheit hier. Nun aber haben sich seit Jahren bei den Grünen und Sozialisten Themen in den Vordergrund gespielt mit denen ich auch nicht kann (Radikalfeminismus, Homo-Ehe, Welcome-Geschrei etc.) Jetzt sitz ich also zwischen den Stühlen. Der mittlere Weg ist wohl der schwerste, den muss man sich mühsam selber suchen und wird von allen Seiten beflegelt: Von den einen - du Linker, von den anderen - du Rechter!

Nun, das ist eigentlich ganz einfach zu erklären.

Vor Jahren und Jahrzehnten gab es einen sehr weit verbreitete Gedanken zugunsten eines gesellschaftlichen Miteinanders. Dabei hat die Gesellschaft sich gegenseitig kontrolliert und bei Problemfällen lenkend eingegriffen.

Der Grundgedanke dabei war ein vielversprechender Ansatz, der durchaus auch hätte gelingen können, aber Übertreibungen einerseits und Ablehnung andererseits haben diesen guten Ansatz immer mehr unterwandert.

HEUTE fühlt sich keiner mehr für andere mitverantwortlich, hilft kaum noch einer der Oma über die Straße oder bietet ihr im überfüllten Bus seinen Sitzplatz an.

Sorry, aber heute haben wir bis auf wenige Exoten nur noch Eigenbrödler, Egoisten, rücksichtslose Ellenbogen-Nutzer und desinteressierte Zeitgenossen.

WEN interessiert es heute noch, ob und warum z.B. das Kind vom Nachbarn weint - ES SEI DENN es ist ruhestörend. DANN ist es eine Katastrophe !

WIR schämen uns lieber "Deutsch" zu sein, weil es mal einen von Hass und Minderwertigkeits-Komplexen zerfressenen Ösi und die damit zusammenhängende Schandtaten gab, wollen heute selbstlos die ganze Welt retten - selbst Gauner und Terroristen, vergessen aber vor lauter Eifer dabei, mal zum Nachbarn oder zur eigenen Sippschaft rüber zu schauen um zu wissen und zu sehen, ob dort alles im (z.B. moralisch) annehmbaren Rahmen abläuft.

Fazit: .....WILLKOMMEN in der ELLENBOGENN-GESELLSCHAFT !


Das ist die Generation, das waren noch Zeiten, in denen der Ruf und was andere denken für die Leute wichtiger war. Das ist heute aber auch noch so.

Das ist Generation lieber nix sagen und es ist doch alles gut. Meine Eltern waren auch so "wie gehts dir?" - gut, "wirklich?" - JA MIR GEHTS GUT, "Du hast schmerzen oder?" -Hör auf mit mir zu diskutieren. Kleines Beispiel aus meiner Jugend, Gespräch mit meiner Mama.

Man muss es halt akzeptieren, hin und wieder bekommt man die aus ihrer Schale raus, aber selten.

Ich lese wohl nicht richtig?

Du schreibst das als junger Mensch und hast wohl noch nie bemerkt, dass hier Jugendliche den ganzen Tag anfragen warum andere Jugendliche sie so beurtelen oder ob sie auf das andere Geschlecht positiv wirken?

Menschen jeden Altes legen grössten Wert darauf, dass sie positiv wahrgenommen werden. Nur eben in einem anderen Kontext.


verreisterNutzer  05.09.2020, 11:09

Ich bin 42

Judith171  05.09.2020, 11:19
@verreisterNutzer

Ach tatsächlich? Dann hätte ich dir aber mehr Empathie zugetraut.

Wenn Menschen älter werden, legen sie grossen Wert darauf in Harmonie mit ihrer Umgebung zu leben.

Das sollte mal respektieren!

verreisterNutzer  05.09.2020, 11:44
@Judith171

Ich bin durchaus empathisch. Ich sehe nur nicht ein, warum ich lügen soll. Damit die Nachbarn zufrieden sind?

Meine Eltern sind genauso. Ich hab es nie verstanden. Ihr Horizont ist wohl zu klein und sie hat (Mutter) keine Freunde weiter weg. Ihre Welt spielt sich nur in den drei Wohnblocks ab, die um sie herum sind.