Warum macht sich der Mensch Bildnisse?
Max Frisch sagte, man solle sich kein Bildnis machen. In Wirklichkeit machen wir uns doch aber ständig Bildnisse, seien sie von uns selbst, von unseren Mitmenschen, unserer Umgebung oder (einfachstes Beispiel) von Gott.
Wozu eigentlich?
Kann man das auf psychologischer Basis erklären? Brauchen wir solche Bildnisse, um die Welt besser bzw. einfacher verstehen zu können und uns darin zurecht zu finden?
Mich würde eure Meinung dazu interessieren :)
Liebe Grüße
4 Antworten
Max Frisch war Schweizer und Calvinist. Tatsächlich lautet das zweite Gebot im calvinistischen Katechismus: "Du sollst Dir kein Bild machen. Bete es nicht an und verehre es nicht." So steht es auch in der Bibel, im Buch Exodus und auch im Deuteronomium.
Die frühe Kirche hat dies Gebot aus ihrem Katechismus gestrichen; das war das Ergebnis eines jahrhundertelangen "Bilderstreits". Das Ergebnis war, dass das Anbeten und Verehren von Heiligenbildern in der Kirche allgemeine Sitte wurde. Das war und ist ein Verstoß gegen dieses Gebot.
Aber genau darum geht es. Es geht nicht um irgendwelche Bilder von irgendetwas. Natürlich brauchen wir innere Bilder, um die Welt besser zu verstehen, und äußere, künstlich angefertigte Bilder sind dazu auch nützlich. Sie stehen am Anfang jeder Kultur und gehören zu ihrem Wesenskern.
Materialistisches Denken: Allein schon in unserer Sprache findet man das, z. B. "ich habe Zeit". Zeit kann man nicht "haben".
da sein bewußtsein des bildlosen noch nicht erwacht ist, braucht er bildnisse.
das christentum steht eben erst am anfang und hat seine kinderkrankheiten noch nicht überwunden!
Wenn Max Frisch das wirklich gesagt hat, ist es ein großer Unsinn! Er war Architekt, und diese machen mit ihren Zeichnungen auch Bildnisse von zu realisierenden Gegenständen. Ich nehme an, dass Du mit Bildnisse nicht nur Gemälde oder Statuen meinst, sondern das, was in der Psychologie ,,mentale Modelle" heißt. Der Mensch kann nicht denken; nichts erklären und nichts voraussagen ohne diese mentalen Modelle. Wir müssen uns aber darüber bewusst sein, dass unsere mentalen Modelle abstrakt sind, dass sie unvollständig sind und dass sie nie ein komplettes und korrektes Abbild der Wirklichkeit sein können. So sind mentale Modelle über Gott nur allegorisch und Begriffe wie ,,Vater" oder ,,allmächtig" sind nur menschliche Begriffe, welche nichts über das wahre Wesen Gottes aussagen können.