Warum kann bei Wechselstrom Leistung in eine Richtung übertragen werden?

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Das ist eine sehr kluge Frage, wenn man bedenkt, dass die Energie über den Sinus übertragen wird. Bauen wir doch mal die Überlegung auf und schauen, was für Erkenntnisse wir daraus ziehen, dies wird übrigens auch die Grundlage für die komplexe Wechselstromrechnung ;)

Also wir haben eine Sinusförmige Wechselspannung an einem Widerstand R anliegen und es fließt nach dem ohmschen Gesetz I=U/R ein Strom durch den Widerstand.

Nun sollte klar sein, dass wenn das ohmsche Gesetz gilt der Strom ebenfalls Sinusförmig sein muss. Gehen wir nun mal den Verlauf der Sinuskurve entlang und berechnen für jeden Zeitpunkt die Leistung und die ist ja bekanntermaßen:

P=U*I

zunächst ist Strom und Spannung positiv wir bekommen also eine positive Leistung. steigt die Spannung, so steigt auch der Strom und damit auch die Leistung. Gehen Strom und Spannung Richtung Nulldurchgang, so geht euch die Leistung Richtung 0. So weit so unspektakulär. Aber was passiert, wenn Strom und Spannung negativ werden?

Naja. Mathematik.... was ergibt denn -*- ?

Multiplizieren wir zwei negative Werte erhalten wir doch einen positiven Wert. Das heißt das Produkt muss positiv sein und die Leistung ist ja das Produkt aus Spannung und Strom und somit ist auch die Leistung positiv. Unser zeitlicher Verlauf muss also folgendermaßen aussehen:

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Wir sehen P in Grün, U in Blau und I in Rot und wir sehen, dass die Leistung immer positiv ist und so kann die Leistung nur in eine Richtung übertragen werden. Das Vorzeichen bleibt ja immer positiv ;)

Aber... was passiert, wenn der Strom negativ ist und die Spannung positiv ist und umgekehrt? Dann erhalten wir doch eine negative Leistung.... und genau das passiert tatsächlich auch. Die Rede ist von der sogenannten "Blindleistung":

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Hier sehen wir eine sogenannte "Phasenverschiebung" zwischen Spannung U und Strom I und durch die Verschiebung um 90° kommt es jetzt zu einer Blindleistung, die exakt genauso groß ist wie die Wirkleistung. Aber was heißt das? Und was ist überhaupt Blindleistung und Wirkleistung?

Naja. Die Blindleistung ist eine "reaktiv wirkende Leistung" heißt, hier wird Energie wieder ins Netz abgegeben. Die Energie pendelt sozusagen zwischen Verbraucher und Erzeuger hin und her. Eine Phasenverschiebung von 90° hat zu bedeuten, dass keine Wirkleistung umgesetzt wird. Das heißt die Energie pendelt nur hin und her ohne aber, dass etwas passiert. Es leuchtet keine Lampe, es läuft kein Motor... nichts und das obwohl Strom fließt.

In der Realität gibt es das aber nicht. Das liegt daran, weil immer ein Wirkanteil in Reihe zum Blindanteil vorliegt alleine schon durch den Leitungswiderstand. Das macht die Sache aber nicht besser, denn auch wenn die Lampe nicht leuchtet, fließt mehr Strom über das Kabel, wird also stärker belastet und das ist gerade für die Netzbetreiber ein Problem. Deshalb fordern sie entweder eine Bezahlung der Blindleistung oder seine Kompensation, da entweder größere Kabel gelegt werden müssen oder aufwendig eine "Kompensationsanlage" errichtet werden muss, die dafür sorgt, dass die Blindleistung nur bei der Anlage hin und her pendelt aber nicht zwischen Erzeuger und Anlage. Sozusagen die Anlagenbetreiber mit dem Problem sitzen bleiben.

Wie entsteht aber Blindleistung? Blindleistung entsteht immer bei kapazitiven und induktiven Verbrauchern. Kapazitäten und Induktivitäten sind dabei natürliche Gegenspieler und können sich somit gegenseitig kompensieren. Sie bilden einen "elektrischen Schwingkreis".

Konkretes Beispiel Experiment

Wir haben eine folgende Schaltung mit einem Widerstand und einem Kondensator gegeben:

Bild zum Beitrag

An U0 liegt die Quellspannung U0 an. Und wir wissen nach dem Maschensatz von Kirchhoff, dass die Summe der Teilspannungen die Gesamtspannung U0 ergeben muss also:

U0=UR+UC

U0=4V und UC=2,5V demnach muss UR=1,5V sein weil 1,5V+2,5V=4V super! in die Theorie scheint alles gut zu klappen. Wir bauen die Schaltung mal in der Realität auf und schauen uns an, welche Teilspannungen an UR und UC anliegen:

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hmmm.... komisch. die ist ja viel größer... wie kann das sein? Wie kann mehr Spannung zusammenkommen als angelegt wird? Ist was an dem Maschensatz von Kirchhoff verkehrt? Hatte er vielleicht unrecht?

Nein. Tatsächlich liegt es genau an der Tatsache, dass es sich um "komplexe Zahlen" handelt. Die Spannungen sind verschoben haben also einen anderen Winkel und deshalb kommen unterschiedliche Werte zusammen. Mithilfe des Pythagoras lässt sich das berechnen:

U0=√(UR^2+UC^2)=√(3,125V^2+2,5V^2)=4V

Wir sehen, mit Kirchhoff ist alles in Ordnung. Es handelt sich lediglich um eine "geometrische Addition".

Der Widerstand der durch den Kondensator C entsteht ist dabei Frequenzabhängig und Verhält sich Antiproportional zur Frequenz. Heißt, der Widerstand geht gegen unendlich je kleiner die Frequenz ist. Deshalb werden Schwingkreise auch gerne als Filter eingesetzt. Die Formel für den "kapazitiven Blindwiderstand" lautet dabei:

jXC=1/jωC

C ist die Kapazität des Kondensators, ω die Kreisfrequenz 2*π*f und das j steht für den Faktor √(-1) und weißt auf eine "imaginäre Einheit" hin. Die Idee ist nämlich: "Wir können nicht die Wurzel aus einer negativen Zahl ziehen, also denken wir uns eine aus." und das Produkt ist die Gaußsche Zahlenebene die wir in der Elektrotechnik und der Physik oft einsetzen.

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Bei der Wechselstromtechnik wandern die Ladungen periodisch hin und her. Die Spannung wechselt mit derselben Frequenz aber auch ihre Polarität.

Der Generator dreht sich und durch die Drehung entsteht über (vereinfacht ausgedrückt) elektromagnetische Induktion eine Spannung, die ihre Polarität ändert. D.h. sowohl für die positive Spannung als auch die negative Spannung muss der Generator arbeiten, denn er muss sich ja drehen. Die positive Spannung entsteht also durch Arbeit, aber eben auch die negative Spannung!

Wenn jetzt hinten eine Last anliegt (Verbraucher), dann fließt ein Strom, der ebenfalls wie die Spannung die Polarität ändert. D.h. die Ladungen "eiern" periodisch zum Verbraucher hin und wieder zurück. Doch sowohl für den Hin- als auch für den Rückweg muss der Generator ja weiterhin malochen, denn der Verbraucher "drückt" ja nicht. Er macht es sich bequem lässt die Ladungen durch sich hin- und her eiern.
Von ganz hinten muss also immer ordentlich nachgedrückt werden, damit bei steigender Last die Spannung aufrechterhalten wird.

Würde man das nicht tun, würde sich der Generator verlangsamen, die Netzfrequenz würde absacken und bei immer steigender Last irgendwann zum Stillstand kommen.

Da ein "Verbraucher" wie bereits erwähnt nicht in Richtung des Generators drücken kann, erfolgt der physikalische Wirkleistungsfluss nur in eine Richtung, da an der Quelle generiert und an der Senke belastet wird.

Der Energiefluss P entspricht dem Produkt aus U und I:

Bei Ohm'scher Last ist U proportional zu I und somit P=U*I=U²/R

Die Leistung kann auch bei negativer Spannung nicht negativ werden, da das Quadrat immer einen positiven Wert für P erzwingt.

Die Wirkleistung wird nur in eine Richtung übertragen, da Strom und Spannung in einer Phase liegen, aber die Blindleistung wird in beide Richtungen übertragen...

Nein Leistung ist Strom mal Spannung und hier funktioniert die Mathematik denn auch minus mal minus gibt plus