Warum fehlen bei vielen aus Stein gemeißelten Figuren die Nasen?

2 Antworten

Natürlich ist die Theorie zu den ägyptischen Statuen und Bildnissen reizvoll. Ob sie sich wissenschaftlich durchsetzt, wird sich zeigen. Vorher werde ich als Nichtfachmann mich nicht festlegen. Nicht zuletzt weil ja auch bei griechischen und römischen Statuen öfter Nasen fehlen und weil etwas Entsprechendes für Bilder meiner Kenntnis nach nicht bekannt ist.

Aber ich danke für den Hinweis auf die reizvolle These.

Sowohl als auch.

Ja, es gibt an ägyptischen Statuen und Reliefs gezielte Zerstörungen.

In der altägyptischen Denkweise repräsentiert das Bildnis die dargestellte Person. Die Seele einer Verstorbenen kann eine Statue als "Sitz" oder "Ersatzkörper" nutzen, um das Diesseits zu besuchen. Durch Statuten und Bildnisse ist man auch magisch präsent und kann z.B. Opfergaben empfangen.

Wenn man also eine Person nicht mag, dann kann man diese magische Präsenz auslöschen indem man das Abbild zerstört. Manchmal wird das gesamte Bildnis zerstört, manchmal konzentriert man sich auf die wichtigsten Punkte: Augen, Nase, Ohren, Mund, Hände - also Sinnesorgane und Handlungsmacht.

Die Nase lässt die Statue leben: ägyptische Texte sprechen davon, dass der "Atem des Lebens an die Nase" gegeben wird.

Man kann da im Wesentlichen drei Arten von Zerstörungen erkennen.

Erstens: Schon relativ kurz nach dem Tod einer Person kommen die persönlichen Animositäten. Da werden z.B. in einer Grabkapelle ganz gezielt die Bildnisse und der Namen einer bestimmten Person beschädigt. Das sind Zerstörungen durch gebildete Menschen, die lesen konnten und meistens auch den Namen der Person aus der Inschrift entfernten

Zweitens: die Welle der christlichen Zerstörungen. Relativ kurz nach der Christianisierung Ägyptens wurden einige Tempel in Kirchen verwandelt und Eremiten ließen sich in alten Grabkapellen nieder. Oft wurden dann die heidnischen Bilder zerstört, und zwar alle Darstellungen, nicht nur bestimmte Personen. Hier fällt auf, dass viele Christen dennoch noch der alten Denkweise verbunden waren und sich auf Gesicht und Hände konzentrierten.

Drittens: die zufälligen Beschädigungen. Und hier muss man klar sagen, dass nicht jede fehlende Nase Absicht ist. Sie ragt nun einmal heraus, und wenn eine Statue nach vorne umfällt erwischt es die Nase zuerst.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Grundstudium Ägyptologie und Geschichtswissenschaft