Verständnis der Seele nach Platon. Philosophie.

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Ja, das Verständnis der Seele nach Platon ist Platons Seelenlehre.

Platons Seelenlehre ist die von ihm vertretene Auffassung über die Seele, ihren Aufbau, ihr Beschaffenheit und ihre Leistungen.

Ausagen über die Seele bilden einen wichtigen Bestandteil von Platons Philosophie.

Einige Hinweise:

Platon hält die Seele für unsterblich (Phaidon) bzw. zumindest ihren vernünftigen Teil (Politeia 611 b – 612 a).

Im Dialog Phaidros (246 a - 256 e) steht ein Gleichnis von einem Seelenwagen mit Wagenlenker und zwei Pferden, die den Wagen ziehen.

Die Sorge für die Seele hat bei Platon zwar Vorrang, aber eine übermächtige Einseitigkeit kann dem Körper aus dem Gleichgewicht bringen und krank machen. Daher gehört eine Ausgewogenheit zum Wohlbefinden (Timaios 88 c).

Lernen und Erkenntnis beruht nach Platon auf einer Wiedererinnerung (Anamnesis; griechisch: ἀνάμνησις) der Seele (Menon). Etwas, was der Möglichkeit aufgrund von Denkkriterien der Vernunft vorhanden ist, wird zur Wirklichkeit gebracht.

Platon unterscheidet drei Seelenteile als Arten der seelischen Ausrichtung/seelische Strebeformen:

1) das Vernünftige (τὸ λογιστικόν)

2) das sich Ereifernde (τὸ θυμοειδές)

3) das Begehrende (τὸ ἐπιθυμητικόν)

Die vier Haupttugenden sind nach Platon Besonnenheit (σωφροσύνη), Tapferkeit (ανδρεία), Weisheit (σοφία) und Gerechtigkeit (δικαιοσύνη). In einer Verbindung mit einer Seelenlehre/Psychologie sind diese Tugenden mit Seelenteilen/Strebeformen jeweils auf besondere Weise verbunden (auch wenn sie alle Vernunft voraussetzen): Die Besonnenheit mit einer Kontrolle über das Begehrende (τὸ ἐπιθυμητικόν), die Tapferkeit mit dem Muthaften/sich Ereifernden (τὸ θυμοειδές), die Weisheit mit dem Vernünftigen (τὸ λογιστικόν) und die Gerechtigkeit mit einer Übereinstimmung/Harmonie aller Seelenteile/Seelenvermögen. Gerechtigkeit bedeutet, das Seine zu haben und das Seine zu tun (Politeia 433b τὸ τὰ αὑτοῦ πράττειν).

Alle Seelenteile/Strebeformen umfassen Denken, Fühlen und Wollen, nur in unterschiedlicher Art. Das Vernünftige ist mit Erkenntnis verbunden, das sich Ereifernde (gemeint ist nicht wütend sein, sondern eher etwas wie engagiert sein) mit Meinung und das Begehrliche mit Sinneswahrnehmung. Die Vernunft soll die Leitung übernehmen, eine kluge Fürsorge/Voraussicht (προμήθεια). Platon beschreibt das Verhältnis bei gutem Zusammenspiel (dem gerechten Zustand) als Freundschaft (φιλία), Übereinstimmung/Einklang (συμφωνία) und Harmonie (ἁρμονία).

Alle Seelenteile haben ein Eigenrecht. Begierden sollen nicht die Leitung übernehmen und nicht die Vernunft bloß als dienendes Hilfsmittel ohne Kontrollfunktion benutzen. Sie sind dafür anfällig, sich von einem Anschein täuschen zulassen („blind“ vor Begierde) und das angezielte Gute nicht zu erreichen. Das Begehrliche hat aber eine Zuständigkeit und das Vernünftige ist nicht dafür da, ein Lustgefühl wahrzunehmen, festzustellen (etwas fühlt sich angenehme an) und zu melden.

Bücher enthalten Darstellungen, z. B.:

Michael Erler, Platon (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 2/2). Basel ; Stuttgart : Schwabe, 2006, S. 375 – 389

Michael Erler, Platon. Beck : München, 2006 (Beck`sche Reihe: bsr - Denker; 573), S. 33 - 142

Peter M. Steiner, Psyche bei Platon. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 1992 (Neue Studien zur Philosophie ; 3). ISBN 3-525-30503-6

Einen Abschnitt über die Seelenlehre Platons mit Unterscheidungen zu neuzeitlichen Theorien enthält:

Stefan Büttner, Die Literaturtheorie bei Platon und ihre anthropologische Begründung. Tübingen ; Basel : Francke, 2000. ISBN 978-3-7720-2754-3

wakuwaku 
Fragesteller
 04.06.2011, 21:00

wow!

sehr hilfreich, Vielen Dank!

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