Stimmt es wirklich?

4 Antworten

Im Krieg ist es möglich, dass es zu keinen Wahlen kommen kann. In Ukraine geht man davon aus, dass eine Wahl vor den Wahllokalen zu Menschenansammlungen führt, die dann von russischen Marschflugkörpern und Drohnen sehr wahrscheinlich beschossen werden würden. Außerdem würde das für den Wahlkampf gelten, und gerade politische Gegner hätten wegen russischen Beschuss dabei einen Erheblichen Nachteil und außerdem eine Bedrohung für das eigene Leben.

Daher sehen die meisten Verfassungen demokratischer Staaten vor, dass im Krieg nicht gewählt wird. Das gilt auch für Deutschland und UK. (Churchill musste nicht im Krieg sich eine Parlamentswahl durchführen). In Ukraine müsste man sogar die Verfassung ändern, wenn die Wahl im Krieg stattfinden sollte.

Wegen diesem Notstandsrecht bleibt Selenskyi vorerst im Amt. die Wahl findet erst nach dem Krieg statt, oder vielleicht durch eine ukrainische Verfassungsänderung. Daher ist er auch kein Diktator.

Hallo LotusMaximus,

Ich habe gehört, dass Selenskyjs Amtszeit gestern zu Ende gegangen ist. Stimmt es wirklich, dass er jetzt als nicht gewählter Diktator weiter regiert? Ich verstehe das nicht ganz. Kann mir jemand erklären, was da los ist?

Da hast Du leider völligen Unsinn gehört und in Wirklichkeit ist es komplett anders:

Selenskyi wurde 2019 in einer fairen und demokratischen mit fast Dreiviertel- (!) Mehrheit zum Präsidenten der Ukraine gewählt; und auch das ukrainische Parlament wurde völlig demokratisch gewählt.

Seit Februar 2022 – also seit inzwischen zweieinviertel Jahren – führt das verbrecherische russische Terror-Regime einen völlig unprovozierten und durch nichts zu rechtfertigenden, völkerrechtswidrigen Unterwerfungs- und Völkermordkrieg gegen die Ukraine.

Dadurch war das demokratisch gewählte ukrainische Parlament (!) in Folge gezwungen, in der Ukraine das Kriegsrecht auszurufen.

Die Verhängung und die Verlängerung des Kriegsrechts in der Ukraine geschieht nämlich in Folge eines demokratischen Parlamentsbeschlusses, siehe z.B. https://laender-analysen.de/ukraine-analysen/295/ukraine-parlament-demokratie-im-krieg/

Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten?   (...)
Als russische Bodentruppen am 24. Februar 2022 die Grenze von Belarus überquerten und sich auf die ukrainische Hauptstadt Kyjiw zubewegten, begann ein massiver Beschuss der Ukraine. Die Truppen rückten etwa 100 Kilometer auf die Stadt zu, gleichzeitig landeten russische Luftstreitkräfte in Hostomel, rund 30 Kilometer vom Stadtzentrum Kyjiws entfernt, und an anderen Orten in der Nähe.
An diesem Tag kam das ukrainische Parlament zu einer historischen Sitzung zusammen. Sie fand in Präsenz im Parlamentsgebäude statt, auf das leicht russische Raketen hätten ausgerichtet werden können, und dauerte nur neun Minuten. Damit war sie die kürzeste Parlamentssitzung in dieser Legislaturperiode.  In diesen neun Minuten verabschiedete das Parlament allerdings zwei Präsidentenverfügungen, durch die das Kriegsrecht verhängt und eine landesweite Mobilmachung angeordnet wurde (laut ukrainischer Verfassung müssen Ausrufung und Verlängerung des Kriegsrechts und die Einberufung zum Wehrdienst vom Parlament genehmigt werden).

Das ist alles juristisch völlig klar geregelt und hat mit der Person Selenskyi NICHT DAS GERINGSTE zu tun.

Und es ist NICHT Selenskyi, der das Kriegsrecht ausgerufen hat und verlängert. Das kann der ukrainische Präsident nämlich gar nicht allein machen.

Sondern dazu ist der demokratische Beschluss des ukrainischen Parlaments erforderlich. Das ist also auch ein durch und durch demokratischer Vorgang.

Und in der Zeit eines Krieges dürfen keine Wahlen abgehalten werden, weil deren faire Durchführung schlicht nicht möglich wäre, sondern solange der Krieg andauert, bleibt die zuvor gewählte Regierung im Amt und trägt die Verantwortung.

Es ist also schlicht und ergreifend völliger Unfug, wenn jemand Dir einreden will, Selenskyi würde jetzt "als nicht gewählter Diktator weiter regieren".

🤦‍♂️

Siehe dazu z.B. auch https://faktencheck.afp.com/doc.afp.com.33QF9X4

Weil in der Ukraine momentan das Kriegsrecht gilt, dürfen keine Wahlen abgehalten werden
Das ukrainische Gesetz untersagt es, Wahlen durchzuführen, während sich das Land im Krieg befindet. In sozialen Netzwerken kursiert jedoch die Behauptung, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein "faschistischer Diktator" sei, der die demokratischen Wahlen "verboten" habe, um an der Macht zu bleiben. AFP hat verschiedene Expertinnen und Experten kontaktiert, die erklärten, dass unter dem Kriegsrecht keine Wahlen abgehalten werden können. Das Kriegsrecht in der Ukraine wurde vom demokratisch gewählten Selenskyj ausgerufen und am Tag der russischen Invasion, dem 24. Februar 2022, vom Parlament des Landes genehmigt und seitdem mehrmals verlängert. Die Expertinnen und Experten erklärten außerdem, dass es sehr schwierig wäre, in dieser Situation gerechte Wahlen zu organisieren: Die Sicherheit der Menschen würde in Gefahr gebracht und Bürgerinnen und Bürger in besetzten Gebieten könnten nicht an der Wahl teilnehmen.

In Wirklichkeit ist es also die ukrainische Gesetzeslage, die völlig verständlicherweise Wahlen während des Kriegszustandes verbietet, siehe https://ahrens.kiev.ua/Kriegsrecht-Ukraine-464-de.html

Kriegsrecht in der Ukraine (...)
Rechtsgarantien im Kriegsrecht
Im Kriegsrecht ist folgendes verboten:
Änderung der Verfassung der Ukraine;
Änderung der Verfassung der Autonomen Republik Krim;
Durchführung von Wahlen zum Präsidenten der Ukraine sowie Wahlen zur Werchowna Rada der Ukraine, zur Werchowna Rada der Autonomen Republik Krim und zu lokalen Selbstverwaltungsorganen;
Durchführung gesamtukrainischer und lokaler Referenden;
Streiks, Massenkundgebungen und Aktionen abzuhalten.
Die Werchowna Rada der Ukraine beschließt spätestens neunzig Tage nach Beendigung oder Abschaffung des Kriegsrechts über die Einberufung von Wahlen der Abgeordneten der Werchowna Rada, Kommunalwahlen usw., wenn im entsprechenden Zeitraum Wahlen abgehalten werden sollten.

Wie gesagt: Allein aufgrund des völlig unprovozierten und durch nichts zu rechtfertigenden, völkerrechtswidrigen Unterwerfungs- und Völkermordkriegs des verbrecherischen russischen Terror-Regimes gegen die Ukraine gilt derzeit in der Ukraine das vom Parlament demokratisch beschlossene (!) Kriegsrecht, siehe z.B hier: https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/weil-in-der-ukraine-momentan-das-kriegsrecht-gilt-d%C3%BCrfen-keine-wahlen-abgehalten-werden/ar-AA1eK9Dt

Weil in der Ukraine momentan das Kriegsrecht gilt, dürfen keine Wahlen abgehalten werden
Das ukrainische Gesetz untersagt es, Wahlen durchzuführen, während sich das Land im Krieg befindet.

Selenskyi ist Jurist und kennt die Gesetze und Rechtslage seines Landes sehr genau.

Da Selenskyi KEIN Diktator, sondern demokratisch gewählter Präsident eines Rechtsstaats ist, hält er sich völlig zurecht an die geltende Rechtslage.

Daran ist nicht das Geringste zu beanstanden.

Das Kriegsrecht hat Präsident Selenskyi am 24. Februar 2022, dem Tag, an dem der völlig unprovozierte und durch nichts zu rechtfertigende Überfall des verbrecherischen russischen Terror-Regimes auf die Ukraine begann, nach einem vorherigen entsprechenden Beschluss des demokratisch gewählten ukrainischen Parlaments mit dem Dekret Nr. 64/2022 in Kraft gesetzt.

Interessant könnte z.B. auch sein https://verfassungsblog.de/unsere-kampfende-demokratie/

Unsere kämpfende Demokratie
Ein Brief aus der Ukraine
Heute vor zwei Jahren hat Russland seinen groß angelegten Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet. Seitdem kämpft unser Land um seine Demokratie. Die Bedingungen hierfür könnten kaum extremer sein. Seit 1945 war keine Demokratie auf dem europäischen Kontinent ähnlichen Herausforderungen ausgesetzt wie die Ukraine.
Unter den Bedingungen eines tobenden Krieges haben die Menschen in der Ukraine ihre Widerstandsfähigkeit und ihr Engagement für den Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit unter Beweis gestellt. Auch unser Verwaltungssystem hat seine Fähigkeit bewiesen, bei seiner Praxis weiterhin demokratischen Grundsätzen zu folgen.
Die ukrainische Demokratie hält an den Grundsätzen der Verfassung fest, trotz feindlicher Handlungen, trotz laufender Militäroperationen. (...)
Parlament und Präsident
Trotz militärischer Risiken setzt das ukrainische Parlament seine Arbeit auch unter Bedingungen des Kriegsrechts fort und führt nahezu alle seine verfassungsmäßigen Funktionen aus. Das Parlament hat zahlreiche bedeutende Gesetze verabschiedet: Neben Gesetzgebung in militärischen, humanitären und sozialen Bereichen hat das Parlament auch Gesetze im Zusammenhang mit der europäischen Integration verabschiedet.
Auch der Präsident der Ukraine über seine Befugnisse weiterhin gemäß der ukrainischen Verfassung aus. Gemäß Artikel 102, Absätze zwei und drei, dient der Präsident als Garant für die staatliche Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine, die Einhaltung der Verfassung sowie als Garant der Rechte und Freiheiten der ukrainischen Bürger.

Darüber hinaus ist es im Rahmen des Verteidigungskrieges angesichts der russischen Invasion und permanenter und massiver russischer Angriffe mit Raketen und Drohnen auf die ganze Ukraine wie gesagt schlicht nicht möglich, Wahlen sicher durchzuführen und dabei die Mindeststandards für echte und faire Wahlen einzuhalten.

Wie sollte es auch gehen; allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime, faire demokratische Wahlen während eines Kriegszustandes mit Raketen- und Drohnenangriffen auf das gesamte Staatsgebiet sowie Frontlinien, eingedrungenen Invasionstruppen und teilweise vorübergehend von Terroristen besetzten ukrainischen Gebieten durchzuführen ??

Außerdem wären Wahllokale für das verbrecherische russische Terror-Regime völlig interessante Zielscheiben und daher das Risiko für die Bevölkerung im ganzen Land extrem groß und unverantwortlich. Man könnte jeden verstehen, der zwar gern wählen, aber sich scheuen würde, in’s Wahllokal zu gehen. Und was ist mit den Zehntausenden Ukrainern, die auf ukrainischem Staatsgebiet leben müssen, das von den eingedrungenen russischen Terroristen noch vorübergehend besetzt gehalten wird und die daher zwar genauso Wahlrecht haben, aber keine Möglichkeit, es auszuüben?

Echte Wahlen sind unter diesen Umständen schlicht völlig unmöglich und deswegen schon von vornherein gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen - sowohl in der Ukraine als auch bei uns.

Selenskyi hält sich an geltendes Recht. Es ist ihm keinerlei Vorwurf zu machen.

Und verzerrte oder völlig gefälschte Scheinwahlen, wie sie in Russland der einzige Dauerzustand sind, seit Putin 1999 die Macht übernommen hat, braucht nun wirklich niemand, weil jede Sekunde Zeit für eine solche himmelschreiende Farce wie in Russland nur komplett vergeudet ist.

Bei uns ist die Gesetzeslage diesbezüglich übrigens absolut vergleichbar:

Auch bei uns dürfen im Verteidigungsfall solange keine Wahlen durchgeführt werden, bis der Verteidigungsfall mehrere Monate (!) beendet ist, siehe

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art 115h 
(1) Während des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden des Bundestages oder der Volksvertretungen der Länder enden sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.   Die im Verteidigungsfalle ablaufende Amtszeit des Bundespräsidenten sowie bei vorzeitiger Erledigung seines Amtes die Wahrnehmung seiner Befugnisse durch den Präsidenten des Bundesrates enden neun Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.   Die im Verteidigungsfalle ablaufende Amtszeit eines Mitgliedes des Bundesverfassungsgerichtes endet sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles. (...)
(3) Für die Dauer des Verteidigungsfalles ist die Auflösung des Bundestages ausgeschlossen  .

Fazit: Auch das Kriegsrecht in der Ukraine ist demokratisch beschlossen.

Selenskyi vollzieht hier lediglich den demokratischen Parlamentsbeschluss. Daran ist nicht das Geringste zu beanstanden, sondern das ist ein völlig normaler, demokratischer Vorgang.

Und selbstverständlich ist die Ukraine eine Demokratie und Selenskyi ist KEIN Diktator.

Liebe Grüße 🙂

Nein, er ist natürlich kein Diktator. Auch wenn dir der Kreml dies natürlich sagt.

Woher ich das weiß:Hobby – Seit Jugendtagen verfolge ich täglich die politische Welt

LotusMaximus 
Fragesteller
 23.05.2024, 14:49

Der Kreml sagt mir gar nix

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