Solon?
Inwiefern waren die Reformen nach Solon demokratisch?
3 Antworten
Solon hat im athenischen Staat keine Demokratie geschaffen, aber Maßnahmen durchgeführt, die zu einer späteren Entwicklung hin zu einer Demokratie beitrugen. Solon ist also nicht Begründer der Demokratie in Athen gewesen, sondern gehört in die Vorgeschichte der athenischen Demokratie.
Solon erreichte in einer Krisensituation eine Stabilisierung und Beruhigung der Lage durch einen für reiche Adlige (Großgrundbesitzer) und arme Bauern akzeptablen Ausgleich. Es gab einerseits Erleichterungen für arme Bauern, andererseits eine ziemlich weitgehende Beibehaltung der Besitzverhältnisse, indem es keine völlige Umverteilung gab, sondern die adligen Großgrundbesitzer ihr eigenes Land behielten.
Solon war ein Mann des Ausgleichs und Kompromisses.
Damals gab es in Athen Demokratie weder als Sache noch als Begriff.
Volksfreundliche soziale und politische Maßnahmen Solons waren:
- allgemeine Schuldentilgung, als „Lastenabschüttelung“ (Seisachtheia [griechisch: σεισάχθεια]) bezeichnet (von Solon als Befreiung von Abhängigen aus schmachvoller Knechtschaft verstanden)
- Abschaffung der Versklavung aufgrund von Schuldknechtschaft (Verbot dieser Form des Zugriffsrechts auf die Person des zahlungsunfähigen Schuldners)
- Freikauf von Athenern, die in andere Länder als Sklaven verkauft worden waren
- straflose Rückkehrmöglichkeit (durch eine Amnestie) für flüchtige Schuldner
- Teilnahmerecht an der Volksversammlung (griechisch: ἐκκλησία [ekklesia]) für alle erwachsenen männlichen athenischen Bürger
- Teilnahmerecht an der Heliaia (griechisch: ἠλιαία) – ein Volksgericht, offenbar ein Berufungsgericht, wenn jemand gegen eine Rechtsprechung Einspruch einlegte - für alle erwachsenen männlichen athenischen Bürger
- Einrichtung eines öffentlichen Klagerechts (Eisangelia [griechisch: Εἰσαγγελία]): Alle Bürger, auch nicht Betroffene, konnten gegen die Urteile der Thesmotheten (oberste Gerichtsherren) und der Beamten klagen. So hatte jeder athenische Bürger Anspruch auf ein Gerichtsverfahren, wenn ihm selbst oder einem anderen Bürger Unrecht geschehen war. Vorher gab es kein öffentliches Klagerecht für alle athenischen Bürger und keine Möglichkeit einer Berufung an das Volksgericht gegen Entscheidungen oberster Richter.
- Rechtssicherheit durch vollständige schriftliche Aufzeichnung seiner Gesetzgebung (die teils alte übliche Regeln, teils Neuordnungen enthielt) und öffentlicher Aufstellung mit Hilfe von drehbar aufgehängten langen Holzbalken und bronzenen Pfeilern (Stelen) auf dem Marktplatz (Agora), wo alle Zutritt hatten und sie einsehen konnten
Solon hat Möglichkeiten eines Machtmissbrauchs reicher Adliger eingeschränkt, aber nicht die gesellschaftliche und politische Vorherrschaft des Adels beseitigt.
In der politischen Ordnung, die Solon eingerichtet hat, war die freie Bevölkerung Athens in vier Vermögensklassen eingeteilt, nach der Menge des Einkommens/Besitzes (gemessen an dem jährlichen landwirtschaftlichen Ertrag [Getreide, Wein und Oliven]). Politische Rechte und Pflichten waren nach Vermögensklassen abgestuft, also vom Besitz/Einkommen abhängig. Eine solche Verfassung ist in der Antike später als Timokratie (τιμοκρατία [timokratia]) bezeichnet worden. In ihr gab es keine Gleichheit der politischen Rechte.
- Wählbarkeit in die höchsten Ämter (z. B. zu Archonten) nur für die Reichsten
- ärmste freie Bürger (unterste Vermögensklasse), die sogenannten Theten, in keine Ämter wählbar, wurden auch nicht Mitglieder im Rat der 400.
In der Volksversammlung wurden die Stimmen gleich gewertet. Es gab bei Abstimmungen in der Volksversammlung (z. B. über Gesetzesvorschläge) keine unterschiedliche Gewichtung der Stimmen je nach Vermögensklasse. Anders ist es in der antiken römischen Republik gewesen, wo die Zenturiatskomitien (lateinisch: comitia centuriata) eine Stimme als Stimmkörperschaft hatten (jeweilige Mehrheit in der Stimmkörperschaft ausschlaggebend) und die Stimmkörperschaften der Wohlhabenden zahlreicher waren, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung kleiner war. Eine unterschiedliche Behandlung heißt Zensuswahlrecht bzw. Zensussystem (nicht Zensursystem).
Die Macht des Areopags und der Archonten war eingeschränkt, weil die Gesetzgebung nicht bei ihnen lag und in der Rechtsprechung durch Solon auch das Volksgericht (Heliaia) eine Rolle spielte.
Eine Gewaltenteilung genau nach modernem Muster gab es nicht, aber eine Verteilung der Staatsgewalt auf mehrere Institutionen, was eine Machteinschränkung bewirkte.
Die Befugnisse der Institutionen sind nicht alle durch Quellen genau bekannt.
Der Rat der 400 hat wahrscheinlich eine Vorberatung zu den Tagungen der Volksversammlung unternommen, insbesondere von Gesetezsvorschlägen.
Eine schriftliche Aufzeichnung (Kodifikation) zum Privatrecht in Athen schon vor Solon wird in der Überlieferung mit Drakon verbunden.
Ja, sie hatten die höchsten politischen Ämter. Die Archonten hatten Macht in der Staatsleitung und Verwaltung, im sakralen Kult (Religion), der Rechtsprechung und in miltärischen Dingen (der Archon polemarchos [griechisch: ἄρχων πολέμαρχος] hatte den Oberbefehl über das Heer).
Die Quellen überliefern sehr wenig über den Rat der 400. Plutarch, Solon 19 nennt als Befugnis eine Vorberatung durch den Rat der 400. Ohne eine solche Vorberatung habe nichts in die Volksversammlung eingebracht werden dürfen. Männer vom Areopag konnten also nicht eine neue Sache ohne Vorberatung durch den Rat der 400, in die Volksversammlung einbringen und etwas dazu vorschlagen. Viel Kontrolle ist dies allerdings nicht.
Ja, es gab den Archon eponymos (griechisch: ἄρχων ἐπώνυμος), den Archon basileus (griechisch: ἄρχων βασιλεύς), den Archon polemarchos (griechisch: ἄρχων πολέμαρχος) und 6 Thesmoteten (griechisch Singular: θεσμοθέτης; Plural: θεσμοθέτες), also insgesamt 9 Archonten.
So etwas ist zum Rat der 400 nicht überliefert.
Auch Männer, die aktuell nicht zum Rat gehörten, konnten Gesetze vorschlagen. Es konnten aber nach dem Quellentext keine Gesetzesvorschläge zu einem Thema, das nicht auf der Tagesordnung stand und nicht vom Rat vorberaten war, in die Volksversammlung zur Abstimmung eingebracht werden.
Die Archonten und die Mitglieder des Areopags konnten wie alle athenischen Bürger in der Volksversammlung Vorschläge äußern. Sie konnten vorher ein Thema für die Volksversammlung zur Behandlung nennen. Dieses war dann vom Rat vorzuberaten. Ausgeschlossen war nur eine Überumpelung am Rat vorbei. Dies ist nicht viel Kontrolle.
Ausgeschlossen war nur eine Überumpelung am Rat vorbei.
Das habe ich nicht ganz verstanden.
Ich verstehe dann die eigentliche Kontrollfunktion des Rates nicht: er bereitet bspw Gesetzesvorschläge vor. Könnte er diese dann nicht einfach nicht einbringen? Also Anfragen ingnorieren?
Wenn nicht, inwiefern hatte dieser eine Macht?
Wie meinst du das? Hat das Volksgericht die Härte der Klage bestimmt? Oder entschieden, ob es überhaupt eine Klage geben kann? Oder wie versteht man das? Oder war das Volksgericht ein Institut, bei dem man über bereits vorhandene Klagen diskutieren konnte?
Es sollte verhindert werden, dass plötzlich ein ganz neues Thema ohne Vorbereitung erörtert und dazu von der Volksversammlung etwas ohne Vorberatung durch den Rat beschlossen wurde. Der Rat könnte anscheinend nicht eigenmächtig beschließen, ein Thema in der Volksversammlung nicht zu behandeln. Zu einem Thema konnte jeder athenische Bürger in der Volksversammlung etwas vorschlagen.
Der Rat hatte ein wenig Macht durch die Möglichkeit, mit der Vorberatung, von der Ergebnisse mitgeteilt werden konnten, eine Sache zu beeinflussen und einer mangelnden Vorbereitung entgegenzuwirken.
Ich wollte noch folgendes zu den Archonten fragen. War es dann aber so, dass die 9 Archonten in ihrer Tätigkeit frei waren (d.h, dass beispielsweise derjenige, der für den Krieg verantwortlich gewesen ist, auch beipsielsweise willkürlich einen Krieg starten konnte?
Ursprünglich wurde Athen von sogenannten Aristokraten beherrscht. Das waren Adelige, die ein sehr großes Vermögen und meist auch viel, ertragreiches Land besaßen. Weil die Aristokraten die Situation der einfachen Bevölkerung vernachlässigten, verschlechterte sich deren Situation immer weiter: Die Aristokraten wurden immer wohlhabender, während weite Teile der Bevölkerung verarmten. Weil die Bauern nun nicht mehr von ihren Erträgen leben konnten, mussten sie bei den Aristokraten Schulden aufnehmen, um beispielsweise neue Geräte oder Saatgut zu kaufen. Nachdem sich die Situation immer weiter verschlechtert hatte, verschärften sich die sozialen Spannungen und es entstanden erste Aufstände. Daraufhin wurde der Aristokrat Solon berufen, um den Konflikt zu lösen und die Armut der breiten Bevölkerung in den Griff zu bekommen.
- Solon behob große soziale Missstände in Athen, indem er die verarmten Bauern mittels der sogenannten Lastenabschüttelung von ihren Hypotheken und durch die Abschaffung der Schuldknechtschaft aus der Sklaverei befreite. Ausserdem gab Solon ihnen die Möglichkeit, auf eigenem Grund und Boden zu wirtschaften und den Lebensunterhalt ihrer Familien zu sichern.
- Die Bevölkerung teilte er in vier Vermögensklassen ein. Entsprechend ihrer Einkommensverhältnisse wurden die männlichen Bürger Athens in vier Klassen eingeteilt, die unterschiedlich gewichtete Stimmen abgeben dürfen. Die Wohlhabendsten wählten nicht nur die "Volksversammlung", sondern auch den "Rat der 400" und die "Archonten", von denen Solon einer war. Die mit dem geringsten Einkommen wählten lediglich die "Volksversammlung". Frauen sind von dieser ersten Form der politischen Partizipation ausgeschlossen.
Solon schuf damit zugleich auch die Voraussetzungen einer politischen Neuordnung, weil das alte, aristokratische Prinzip der auf Herkunft und Abstammung basierenden gesellschaftlichen Stellung durchbrochen wurde. Er erschütterte die Vorherrschaft einiger weniger adliger Familien und erweiterte die Beteiligungsrechte für die unteren Schichten des Volkes.
Die Antwort enthält Fehler zu den politischen Institutionen.
Die Volksversammlung wurde nicht gewählt.
Der Rat der 400 wurde nicht von den Wohlhabendsten gewählt.
Die Verfahren, wie der Rat der 400 und die Ämter der Archonten genau besetzt wurde, sind nicht sicher bekannt. Ein Vorrecht der oberen Vermögensklassen bzw. der obersten Vermögensklasse lag in der Wählbarkeit (passives Wahlrecht).
Dann solltest du vielleicht nicht mich korrigieren, sondern die historischen Quellen und die Literatur, die von "Wählen" schreibt. Mal abgesehen davon, dass historisch betrachtet vieles tatsächlich gar nicht sicher bekannt ist und Historiker:innen lediglich Annahmen treffen.
Die historischen Quellen enthalten keine Aussage, dass die Volksversammlung gewählt wurde. So etwas würde auch in Gegensatz zum Wesen der Volksversammlung stehen.
Auch eine Wahl des Rates der 400 durch die Wohlhabendsten steht nicht in den Quellen.
Hey, Danke. Gab es aber vor Solon schon eine Volksversammlung, ein Volksgericht?
Nein, nicht im eigentlichen Sinne. Vorher war die politische Ordnung durch die Poleis geprägt. Das waren Stadtstaaten, Gemeinschaften mit mehreren tausenden Bürgern mit Selbstverwaltung. Diese bildeten den politischen Mittelpunkt des umliegenden Gebiets und waren gewöhnlich der Tagungsort von Rat und Volksversammlung. Da konnten jedoch nur freie und reiche Männer resp. Aristokraten politisch bestimmen.
Falls ich dir helfen konnte, würde ich mich sehr gerne über eine Auszeichnung freuen :)
Solons Reformen waren ein wichtiger Schritt in Richtung Demokratie, da sie die Macht der Aristokratie einschränkten und mehr Bürgern die Möglichkeit gaben, an politischen Entscheidungen teilzuhaben. Allerdings waren die Reformen nicht vollständig demokratisch, da viele Menschen von der politischen Teilhabe ausgeschlossen waren und die Reichen weiterhin einen größeren Einfluss hatten.
LG aus Tel Aviv
Hey, vielen Dank. Könntest du mir auf die neuste Frage (bzw Gegenfrage zu Stressika) anworten?