Servus, wie viel Macht hatte damals der Reichskanzler (wie z.B. Hitler) in der Weimarer Republik?

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Vor Hitler ist der Reichskanzler eine Instanz, die von dem Parlament kontrolliert werden kann. Der Reichstag besitzt nämlich gemäß Art. 54 der WRV das Recht zum Misstrauensvotum. Der Reichskanzler kann also vom Reichstag gestürzt werden.

Der eigentliche "Ersatzkaiser" ist der Reichspräsident. Er besitzt die Machtfülle und er besitzt beinahe diktatorische Vollmächte in Notstandsituationen. Er kann den Reichstag auflösen (Art. 25), Notverordnungen entlassen mit Außerkraftsetzen der Grundrechte (Art. 48). Und er ernennt/ entlässt den Reichskanzler (Art. 53).

Mächtiger wird der Reichskanzler erst 1930-33, als der Reichstag durch Gegensätze handlungs- und mehrheitsunfähig ist. Der Reichspräsident führt deswegen eine außerparlamentarische Lösung ein, die Präsidialkabinette. Darin ist der Reichskanzler und seine Regierung allein vom Reichspräsidenten abhängig! Er kann unter Missbrauch der Verfassung ohne den Reichstag regieren und unter Bemächtigung des Präsidenten die genannten Artikel* anwenden. Aber nur, wenn der Präsident einverstanden ist. D.h. seine gesamte Macht ist abhängig von dem Gutdünken des Präsidenten, der ihn bei Missstimmigkeiten entlassen kann.

Man spricht hier auch von einer Präsidialdiktatur. Die ist aber nicht nur alleine durch den Kanzler möglich, da dieser stets dem Vertrauen des Präsidenten bedarf. Sie ebnet aber den Weg für Hitlers Machtergreifung, denn faktisch ist das Parlament bis 1933 in seiner Funktion aufgehoben, resigniert oder geschwächt.

Hitler vereinigt im August 1934 nach dem Tode des Reichspräsidenten Reichskanzler und Reichspräsidentenamt zusammen und ist als "Reichskanzler und Führer" Diktator. Dadurch erhält der Kanzler erst seine starke Stellung.

* zum Regieren der Präsidialkabinette von der Bundeszentrale für politische Bildung:

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LG

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Servus, wie viel Macht hatte damals der Reichskanzler (wie z.B. Hitler) in der Weimarer Republik?

Zur Beantwortung der Frage ist ein Blick in die Reichsverfassung lehrreich:

Artikel 52. Die Reichsregierung besteht aus dem Reichskanzler und den Reichsministern.

Artikel 53. Der Reichskanzler und auf seinen Vorschlag die Reichsminister werden vom Reichspräsidenten ernannt und entlassen.

Artikel 54. Der Reichskanzler und die Reichsminister bedürfen zu ihrer Amtsführung des Vertrauens des Reichstags. Jeder von ihnen muß zurücktreten, wenn ihm der Reichstag durch ausdrücklichen Beschluß sein Vertrauen entzieht.

Artikel 55. Der Reichskanzler führt den Vorsitz in der Reichsregierung und leitet ihre Geschäfte nach einer Geschäftsordnung, die von der Reichsregierung beschlossen und vom Reichspräsidenten genehmigt wird.

Artikel 56. Der Reichskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür gegenüber dem Reichstag die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Reichsminister den ihm anvertrauten Geschäftszweig selbständig und unter eigener Verantwortung gegenüber dem Reichstag.

Artikel 58. Die Reichsregierung faßt ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

Fazit: Der Reichskanzler ist in der Tagespolitik der leitende Politiker, ähnlich dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

MfG

Arnold

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