Was waren die Aufgaben vom Reichskanzler in der Weimarer Republik?

2 Antworten

In der Weimarer Republik (1919–1933) wurde der Reichskanzler vom Staatsoberhaupt – nunmehr dem Reichspräsidenten – ernannt und entlassen, doch war er zugleich dem Reichstag gegenüber verantwortlich. Der Reichskanzler konnte aufgrund dieser Konstruktion allerdings auch ohne parlamentarische Mehrheit regieren, sofern es nicht ausdrücklich zu einem förmlichen Misstrauensvotum kam. Zudem konnte der Reichspräsident gemäß Artikel 48 der Weimarer Verfassung sogenannte Notverordnungen erlassen.

Für Fragen dieser Art die Verfassung des Deutschen Reiches von 1919 (Weimarer Reichsverfassung) heranzuziehen (es gibt sie als gedruckten Text und in Internet).

Der Reichskanzler war Vorsitzender der Reichsregierung und hatte damit eine leitende Rolle in der Exekutive (ausführende/vollziehende Gewalt). Der Reichskanzler war gegenüber dem Reichstag verantwortlich. Der Reichstag konnte durch ausdrücklichen Beschluß dem Reichskanzler und den Reichsministern und sein Vertrauen entziehen und sie damit zum Rücktritt zwingen (Artikel 54). Der Reichskanzler wurde vom Reichspräsidenten (das Staatsoberhaupt, mit bedeutenden Befugnissen ausgestattet) ernannt und konnte von ihm entlassen werden (Artikel 53).

Artikel 50: „Alle Anordnungen und Verfügungen des Reichspräsidenten, auch solche auf dem Gebiete der Wehrmacht, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den Reichskanzler oder den zuständigen Reichsminister. Durch die Gegenzeichnung wird die Verantwortung übernommen.“

Artikel 56: „Der Reichskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür gegenüber dem Reichstag die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Reichsminister den ihm anvertrauten Geschäftszweig selbständig und unter eigener Verantwortung gegenüber dem Reichstag.“

Der Reichskanzler war vor die Aufgabe gestellt, Regierungsgeschäfte durchzuführen, für Maßnahmen Mehrheiten im Reichstag zu finden (oder im Notstand vom Reichspräsidenten Rückhalt zu bekommen, in Form von Notverordnungen nach Artikel 48) und auf politische Probleme zu reagieren.

Zu den praktischen Aufgaben des Reichskanzlers gehörte es, die Besprechungen der Reichsregierung (vor allem Kabinettssitzungen) zu leiten, die politischen Kräfte, von denen die Regierung getragen wurde, zusammenzuhalten, die Politik der Regierung öffentlich zu vertreten und mit Überzeugungskraft um Unterstützung dafür zu werben.