Sekundärquelle/Darstellung unterschiede

1 Antwort

Kriterium einer Unterscheidung zwischen Primärquelle und Sekundärquelle ist die zeitliche und örtliche/räumliche Nähe bzw. der Abstand zum geschichtlichen Geschehen, über das sie Informationen bieten.

Eine Primärquelle befindet sich unmittelbar in diesem Geschehen, ist in diesem entstanden bzw. das, was jemand aus eigenem Erleben angibt. Eine Sekundärquelle hat keine unmittelbare Nähe, jemand ist kein Augenzeuge oder Ohrenzeuge, sondern greift auf Informationen anderer zurück.

Ernst Opgenoorth/Günther Schulz. Einführung in das Studium der Neueren Geschichte. Unter Mitarbeit von Tanja Bettge und Frauke Schlütz. 7., vollständig neu bearbeitete Auflage. Paderborn ; München ; Wien ; Zürich : Schöningh, 2010 (UTB ; 1553), S. 49:
„Wissenschaftliche Literatur basiert auf Quellen, dient direkt oder indirekt deren Interpretation und baut auf diesen auf. Die Westfälischen Friedensverträge von 1648 sind Quellen; FRITZ DICKMANNS (1906—1969) Buch „Der Westfälische Frieden“ legt diese und andere Quellen aus, es gehört zur Literatur. Die Versuche, die Gesamtheit der Quellen systematisch zu unterteilen, sind mannigfaltig. Umstritten ist vor allem die Grundfrage, ob es möglich und ratsam sei, Quellen nach ihrer objektiven Beschaffenheit (schriftlich, mündlich, körperlich, immateriell) zu unterteilen, oder ob nicht das wichtigste Kriterium der Erkenntniswert der Quellen für den benutzenden Historiker sein sollte. […]. Mit der Historiographie und der Thematik ihres Verhältnisses zu den Quellen stellt sich die schwierige Frage einer Einteilung und in diesem Zusammenhang einer Abgrenzung der häufig verwandten Begriffe „Primärquelle “ und „Sekundärquelle“. Primäre Quellen sind durch ihre — in der Regel zeitliche oder überlieferungsspezifische— Nähe zum historischen Sachverhalt gekennzeichnet, sekundäre durch ihren (größeren) Abstand.“

Das Wort »Darstellung« hat auf eine Textart bezogen allgemein die Bedeutung von (gestaltender) Schilderung, Beschreibung, Wiedergabe, Bericht.

In der Fragebeschreibung ist grundsätzlich richtig verstanden, was eine Sekundärquelle und was eine Darstellung ist.

In der Frage ist mit »Darstellung« anscheinend etwas gemeint, was auch »Literatur« genannt wird. Literatur bezeichnet dabei das, was auf der Grundlage von Quellen (direkt oder indirekt auf ihnen beruhend) geschichtliche Ereignisse, Zustände und Entwicklungen beschreibt.

Eine Quelle ist in der Geschichtswissenschaft alles, das aus einer vergangenen Zeit erhalten ist (Texte, Gegenstände, Tatsachen [wie z. B. die fortdauernde Existenz von Wörtern in der Sprache]) und aus dem Kenntnisse über diese Vergangenheit gewonnen werden können.

Literatur ist auf Quellen als Ausgangsmaterial aufbauende, sie deutende Darstellung einer späteren Zeit.

Die Zuordnung (Quelle oder Literatur) ist immer auch von der Fragestellung einer geschichtlichen Untersuchung (der Aufgabenstellung, unter der etwas bearbeitet wird) abhängig.

Eine Quelle ist etwas, in dem über den Untersuchungsgegenstand etwas aus der untersuchten Vergangenheit erhalten ist, Literatur/Darstellung nicht etwas, in dem etwas aus dieser Vergangenheit erhalten ist, sondern etwas, das auf irgendeine Weise auf in Quellen vorliegenden Informationen beruht und eine Darstellung zu dem Thema ist.

Bei der Frage. ob ein Bericht über eine Primärquelle eine Sekundärquelle oder eine Darstellung ist, muß genauer geprüft werden, wer wann aufgrund welcher Informationen welche Art Bericht geschrieben hat.

Wenn jemand in der Gegenwart den Inhalt einer in einer Quelle vorliegenden Rede eines antiken Politikers wiedergebt, ist dies keine Quelle für diese Rede – zumindest solange die dafür vorliegenden Quellen erhalten sind.

Eine Darstellung kann aber unter einer anderen Fragestellung, z. B. nach der Caesarrezeption, eine Quelle sein.

Um eine Sekundärquelle handelt es sich, wenn jemand, der sich nicht unmittelbar in diesem Geschehen befunden hat, berichtet (z. B. über Umstände, Wortlaut der Rede, Inhalt, wie sie vorgetragen wurde, Reaktion des Publikums/der Adressaten), aber direkt oder indirekt auf der Grundlage von Informationen aus unmittelbarer Nähe („aus zweiter Hand“ oder noch weiter entfernt) und die verwendeten Informationen nicht alle erhalten sind.

Arkande 
Fragesteller
 14.11.2013, 21:31

Ahhh.... Danke! Das heißt wenn ich alle Bücher "de Bello Gallico" verbrenne und irgendwie sämtliche Dateien der Welt dazu lösche, würde meine Zusammenfassung zur Quelle werden. ?

Schreibe ich statt einer Zusammenfassung eine Interpretation der Stilmittel plus Sach- und Werturteil, ist es eine Sekundärquelle oder Darstellung zu den Stilmitteln Cäsers?

Oder: Wenn im 16. Jhr. (?) ein Benediktiner Mönch in Europa von der Behandlung der Amerikamischen Ureinwohner hört, sich darüber aufregt und seinen Ärger niederschreibt, ist das eine Sekundärquelle zur Behandlung der indigenen Bevölkerung in der "neuen Welt". Würde ich aber einen Text dazu, aus dem selben Anlass, schreiben wäre es eine Darstellung, oder? Wo wäre hier der Unterschied(wenn beide Texte im Stil von "ich habe gehört" anfangen und mit "ich finde, dass" aufhören)?

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Albrecht  14.11.2013, 22:44
@Arkande

Wenn von Gaius Iulius Caesar, Commentarii de Bello Gallico nichts erhalten sein sollte, ist eine Zusammenfassung, die verlorengegangene Quellen verwendet hat, eine Sekundärquelle (eine ziemlich notdürftige, wenn nicht sehr lange Texstellen wörtlich zitiert werden).

Ob eine Zusammenfassung oder eine Interpretation der Stilmittel plus Sach- und Werturteil geschrieben wird, ändert nichts daran, wie dies einzuordnen ist. Es handelt sich um eine Darstellung (wieder: außer wenn auf einmal keine der bisherigen Quellen vorliegt). Ein Unterschied besteht nur in den Informationen, die enthalten sind, bzw. dem Thema, zu dem Informationen gegeben werden.

Wenn ein Benediktinermönch in Europa im 16. Jahrhundert etwas über die Behandlung der amerikanischen Ureinwohner schreibt, was direkt oder indirekt auf jemand zurückgeht, der etwas davon erlebt hat (der Mönch hört es von ihm bzw. von jemand, der etwas von einem anderen gehört hat), ist dies zu dem vergangenen Geschehen eine Sekundärquelle, außer wenn alle von ihm genutzten Informationen auch als Quellen vorliegen (dann ist es nur eine Darstellung).

Ein in der Gegenwart geschriebener Text ist eine Darstellung.

Der Unterschied liegt darin, daß beim Benediktinermönch indirekt etwas aus einer vergangenen Zeit erhalten ist, das sonst nicht als Quelle vorliegt. Der Mönch konnte mit Leuten reden, die selbst etwas erlebt hatten und sich damit unmittelbar im vergangenen Geschehen befanden, bzw. mit Leuten, die eine Erinnerung an etwas hatten, was sie von anderen erfahren hatten …

Ein „ich habe gehört“ in der Gegenwart ist, wenn nicht ein Extremfall einer Erforschung einer äußerst langen mündlichen Tradition, in der echte Erinnerung der Zeitgenissen des vergangenen Geschehens aufbewahrt ist, angenommen wird, nichts, was über schon vorliegende Quellen hinaus etwas aus dem vergangenen Geschehen enthält. Was auf der Grundlage vorliegender Quellen erzählt wird, hat für dieses vergangene Geschehen keinen eigenständigen Quellenwert.

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