richard löwenherz -> wieso dieser name?

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Nein, ganz im Gegenteil. Das ist kein Ehrentitel für Mut und Großherzigkeit, wie man meinen könnte, sondern den hat er sich für seine Brutalität, mit der er gewütet hat, verdient.

Die meisten kennen immer nur den grundguten König aus Robin Hood und seinen bösen Bruder John. Dabei war es umgekehrt. Richard hat sein Leben damit verbracht im Mittelmeerraum "Ungläubige abzuschlachten, während John das Land verwalten musste, was er übrigens entgegen seiner Rolle im Film recht gut gemacht hat.

Kleiner Nachtrag da ich hier allein auf weiter Flur stehe:

Der Geschichtswissenschaftler Reinhard Lebe spricht bei Richard I von „pathologischer Roheit“ und „finanzieller Habgier“. Ein König, der seine eigentliche Aufgabe, das Regieren, interesselos schleifen ließ. Von den 10 Jahren seiner Herrschaft hat er sich nur 6 Monate überhaupt in seinem Land aufgehalten. Als König ein totaler Reinfall.

Den Titel Löwenherz haben ihm die Sizilianer verliehen, als er 1190 mit seinen Horden marodierend auch durch ihr Land zog. Löwenherzig bedeutete in dem Fall.erbarmungslos.

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@Dummie42

während John das Land verwalten musste, was er übrigens entgegen seiner Rolle im Film recht gut gemacht hat.

'Johann Ohneland' gilt allerdings in England als ziemlich unfähiger König (vielleicht zu Unrecht) Es ist auch merkwürdig, dass es nach ihm nie wieder einen englischen König mit diesem Namen gab.

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@Dummie42

Seit wann macht es Sinn historische Persönlichkeiten aus der Sicht der aktuellen Wertvoprstellungen zu betrachten?

Das ist grober Unfug und hat mit Geschichte nichts zu tun.

Löwenherz ist ein Ehrentitel, weil er als Ehre gedacht war, denn aus damaliger Sicht war er vielleicht nicht der tugendhafteste Mensch aber auch bei weitem keine Ungeheuer.

"Brutalität" ist eben für einen Krieger ein positive Eigenschaft. Und "gewütet" hat er auch nicht. Er war ein recht schlauer Politiker und hat seine Gewaltaktionen sehr genau geplant und abgewogen.

Und "Ungläubige abschlachten" war damals genau so normal wie heute Orangen kaufen, auch für die "Ungläubigen" selbst übrigens. Man kann doch nicht mit heutigem Moralmass an die Taten von damals rangehen.

Herr Lebe hat einen an der Waffel oder viel wahrscheinlicher ein Pseudohistoriker, der sich profilieren will durch solche unwissenschaftlichen Verwirrungen von heutiger Moral und damaliger Politik. Ohne "pathiologische Rohheit" und "finanzieller Habgier" hätte ein König damals keine 3 Tage überlebt.

Ja, er hat gegen seinen Vater Kriege geführt und ihm auch wahrscheinlich zum Ableben verholfen, da dieser "überraschenderweise" starb ganze 2 Tage nachdem er gezwungen wurde Richard als Erben zu benennen. Aber so hat man damals nunmal Politik gemacht.

Ein König, der seine eigentliche Aufgabe, das Regieren, interesselos schleifen ließ. Von den 10 Jahren seiner Herrschaft hat er sich nur 6 Monate überhaupt in seinem Land aufgehalten. Als König ein totaler Reinfall.

Noch so ein Fall von sinnloser Übertragung heutiger Vorstellungen in eine andere Zeit. Selbst "sein Land" war damals etwas vollkommen anderes.

Den Titel Löwenherz haben ihm die Sizilianer verliehen, als er 1190

Quatsch! Den Titel hat er noch vor seiner Krönung bekommen als er gegen rebellische Barone kämpfte. Ja, wei er erbarmungslos war. Weil erbarmungslos genau das war was von einem Kriegsherr damal erwartet wurde.

mit seinen Horden marodierend auch durch ihr Land zog

Das ist ja eine recht göbbelssche Wortwahl. Da versucht jemand eien emotional suggestive Färbung reinzubringen.

Nochmals. Das war 1190 so üblich. Eine fremde Armee kam nicht ins Land um sich die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen sondern um zu plündern. Konnte man sich nicht wehren musste man es dulden.

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@aptem

Dieser Kommentar verträgt sich so überhaupt nicht mit deiner Blog-Behauptung kritisch zu hinterfragen. Du sitzt da eine Heldenpropaganda auf, die sowieso selten und diesem Fall wirklich nicht gerechtfertigt ist.

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@PatrickLassan

Du hast Recht, ich sollte das umformulieren. Im Vergleich zu seinem Bruder Richard hat John Lackland seinen Job gar nicht so schlecht gemacht. Allerdings fehlt es ihm an Fortune. Und er hatte einen in Philipp II einen sehr starken Gegner. Aber seinen schlechten Ruf hat er von den Chronisten vor allem als dunkler Gegenpart zum strahlenden Richard bekommen.

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@Dummie42

Diesen Kommentar finde ich darüber hinaus in Stil und Ton unnötig aggressiv.

"Göbbelssche Wortwahl"?
Du scheinst den Herrn aber zu verkennen.
Er schreibt sich auch anders.

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An der Antwort ist viel falsch.

Als Antwort auf verklärende und idealisierende Darstellungen und eine zu vereinfachte Gegenüberstellung von Gut und Böse ist eine Verkehrung in das völlige Gegenteil, obwohl dies nicht dem, was sich aus Quellen rekonstruieren läßt, entspricht, nicht überzeugend und nicht im Einklang mit wissenschaftlicher Wahrheitssuche.

Richard hatte kriegerische Fähigkeiten und Mut. Dazu, ihm dies völlig abzusprechen, wird in der Antwort auch keine echte Begründung angegeben. Anhänger Richards haben den Beinamen Löwenherz verwendet und dieser war von ihnen ehrend gemeint (eine andere Annahme ist absurd) und nicht als Brandmarkung von Brutalität.

John hat in seiner Regierungszeit Geld eingetrieben, was auch – ebenso wie bei Richard - damit zusammenhängt, es zu benötigen, z. B. fürs Kriegsführen.
Gegen die Behauptung eines „grundguten“ John sind viele Einwände möglich (Versuch einer ausgewogenen Darstellung: Dieter Berg, Die Anjou-Plantagenets : die englischen Könige im Europa des Mittelalters (1100 - 1400). Stuttgart : Kohlhammer, 2003 (Kohlhammer-Urban-Taschenbücher ; Band 577), S. 93 – 123).

Nur einige davon: John hat Adlige standeswidrig und entwürdigend behandelt. Beim Verschwinden seines Neffen Arthur von der Bretagne besteht ein starker Verdacht, John habe ihn persönlich ermordet oder die Anweisung dazu gegeben. Ehefrau und ein Sohn des Barons William de Broase starben, von ihm in Haft gehalten, anscheinend verhungert.

John hat verhältnismäßig schnell einen Großteil der Besitzungen auf dem europäischen Festland verloren, während Richard vorher gegenüber dem gleichen Gegner, König Philipp II. August von Frankreich verhältnismäßig günstig dastand.

Die Aussage, 1190 sei Richard von den Sizilianern der Beinamen Löwenherz, gegeben worden, weil er marodierend durch das Land zog, ist falsch. Die Behauptung einer Entstehung des Beinamens in Sizilien mit der Bedeutung „erbarmungslos“ ist eine Fehldeutung. Dirk Jäckel, Der Herrscher als Löwe : Ursprung und Gebrauch eines politischen Symbols im Früh- und Hochmittelalter. Köln ; Weimar ; Wien : Böhlau, 2006 (Archiv für Kulturgeschichte, Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte ; Heft 60), S. 84 Anm. 227: „Lebe behauptet hingegen, der Name „Löwenherz“ sei in Sizilien mit der Bedeutung „erbarmungslos“ entstanden (Lebe, Karl S. 80), doch handelt es sich dabei offensichtlich um eine Fehlinterpretation.“

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@Albrecht

Das ist eine Verdrehung meiner Antwort. Weder habe ich Richard kriegerische Fähigkeiten und Mut abgesprochen, noch habe ich behauptet, John sei grundgut gewesen. Ich habe geschrieben Richard war außerordentlich brutal und hat seine Pflicht zu reagieren nicht wahrgenommen. Was den Beinamen Löwenherz betrifft, so bleibe ich absolut bei meiner Aussage.

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@Dummie42

Es wird in der Frage als Erklärung für den Namen Löwenherz überlegt, er sei so genannt worden, weil er ein guter Krieger war.

Dann beginnt die Antwort mit: „Nein, ganz im Gegenteil.“ Dies impliziert die Aussage, Richard sei ein schlechter Krieger gewesen.

Weiter steht z. B.: „Die meisten kennen immer nur den grundguten König aus Robin Hood und seinen bösen Bruder John. Dabei war es umgekehrt.“ Umgekehrt bedeutet: grundguter König John und böser Bruder Richard.

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Es ist ein Ehrentitel.

Einen Film aus der Zeit von ihm und Robin Hood sehen, hilft einem da weiter, auch wenn das historisch nicht ganz richtig ist.

Richard Löwenherz galt einfach als ein mutiger Ritter.

Plantagenêt war zunächst ein Beiname von Richards Großvater Gottfried V. (1113 – 1151), Graf von Anjou, Maine und Touraine (1129-1151) und Herzog der Normandie (1144-1151), wegen seiner Vorliebe, einen Ginsterzweig als Helmzier zu tragen. In der Geschichtschreibung wird der Name für eine Dynastie verwendet. Ihre Angehörigen haben dies im Hochmittealter nicht getan, sondern dies ist erst im Spätmittelalter vorgekommen.

Der Beinamen Löwenherz (Cœur de Lio; the Lionheart) hat Richard in erheblichem Ausmaß bekommen, weil er ein guter Krieger war, aber nicht nur deswegen und insgesamt ist zur Erklärung noch mehr zu sagen.

Die Dynastie hatte Löwen als Wappentiere.

Zeitgenossen konnten mit der Symbolik eines Löwen bei einem Herrscher als Eigenschaften folgende Bedeutungsebenen verbinden:

1) Tapferkeit

2) tiefes Empfinden für Gerechtigkeit; vermag seine Leidenschaften zu beherrschen, stiftet Frieden, beschützt die Schwachen, straft die Hochmütigen, schont aber die Demütigen

3) versinnbildlichte Bereitschaft zum Kampf gegen »Heiden«; der »Heide« gilt im hochmittelalterlichen Denken der Christen meistens schon an sich als hochmütig und Friedensbrecher wegen Ablehnung des Heilsangebots und Verfolgung der Gläubigen

Auf Richard ist schon, als er ein junger Mann war, Löwenmetaphorik angewendet worden. Er hat danach starke Leidenschaften in der Seele, schont Besiegte, widersteht aber Hochmütigen.

1190 hat Richard nach späterer Überlieferung von den Sizilianern den Namen des Löwen (Leonis nomen) bekommen, was damit in Verbindung gebracht wird, ohne Ansehen der Person das Recht durchzusetzen und auch eigene Leute bei Vergehen zu strafen.

Nach Spannungen zwischen Kreuzfahrern und einheimischer Bevölkerung Messinas (schon vor Richards Ankunft), unter anderem durch Streit um den Brotpreis angeheizt, kam es zu Verhandlungen. Während dieser Gespräche griffen Bürger von Messina das Lager Richards an (das Quartier von Hugo IX. von Lusignan). Unter persönlicher Beteiligung Richards wurden sie zurückgeschlagen und die Stadt innerhalb von 5 Stunden erobert. Dabei kam es zu Tötungen und Plünderungen. Für die Zeitumstände besonders brutal war die Eroberung nicht. Nach einer vertraglichen Einigung mit Tankred von Lecce, König von Sizilien, befahl Richard seinen Leuten die Rückgabe von Plünderungsgut. Eine behauptete Entstehung des Beinamens Löwenherz wegen einer erbarmungslosen Eroberung Messinas ist nicht richtig, sondern eine Fehldeutung, die nicht der Quelle (Richard von Devizes, Chronicon de rebus gestis Ricardi primi regis Angliae) entspricht.

Der Beiname Löwenherz ist ihm im Zusammenhang mit dem Kreuzzug beigelegt worden, zuerst in einer Darstellung zur Ankunft des Königs in Akkon. Der Beiname ist ehrend gemeint. Richard wird in andere Heldendarstellungen eingereiht, z. B. wurde auch Gottfried von Bouillon zugeschrieben, ein Löwenherz zu haben. Bei Richard gibt es insofern eine Steigerung, als gesagt wird, daß er ein Löwenherz ist.

Richard hatte kriegerische Energie und Fähigkeiten, zeigte Mut und Tapferkeit, auch in persönlichem Einsatz im Kampf. Gelegentlich ging dies bis zur Leichtfertigkeit. Im Kreuzzug hat er aus damaliger christlicher Sicht zu Recht »Heiden« bekämpft.

Die Hinrichtung von etwa 2600 gefangenen Muslimen ist nicht in Übereinstimmung mit wahrhaft christlicher Barmherzigkeit. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß dies geschah, weil Saladin Vertragsbedingungen nicht erfüllte.

Richard ist schon zu Lebzeiten mit dem Beinamen Löwenherz bezeichnet worden. Er hatte Konflikte mit einigen anderen Herrschern. Böswilligen Unterstellungen von gegnerischer Seite, er sei ruchlos und hinterhältig, setzten Richard Anhänger eine intensivierte Erhöhung entgegen.

Nach seinem Tod sind zum Teil noch heroische Legenden entstanden. In manchen Romanen und Filmen gibt es Verklarung und Idealisierung.

Richard ist anscheinend immerhin tatsächlich ein mutiger Ritter gewesen und geeignet, Charisma zu entwickeln.

Richard war ein Machtpolitiker, aber nicht einfach ein roher Wüterich. Er hat Härte gezeigt, konnte aber auch großherzig sein. Bei einigen Gelegenheiten hat er impulsiv gehandelt, aber er hat oft bewiesen, zu klugen Überlegungen imstande zu sein. Er hat Verhandlungen geführt und den Kreuzzug mit einer diplomatischen Lösung beendet.

Um seinen Charakter und seine Fähigkeiten einzuschätzen ist empfehlenswert, mehrere auf Quellen beruhende Darstellungen zu lesen, oder zumindest eine gute wissenschaftliche Darstellung, in der unterschiedliche Meinungen und ihre Argumente erörtert werden.

Robert-Tarek Fischer, Richard I. Löwenherz 1157–1199 : Mythos und Realität. Wien ; Köln ; Weimar : Böhlau, 2006, S. 47 – 50:
„Der mittlerweile 25 Jahre zählende Königssohn, dem sich nun die Aussicht bot, stellte in vielerlei Hinsicht eine auffällige Erscheinung dar. Gemäß dem Itinerarium war er von überdurchschnittlicher Größe, hatte rötlich-blondes Haar und eine elegante, infolge seiner zahlreichen kraftvolle und durchtrainierte Statur. Ein imposanter Mann, dessen Physis an die nordländischen Urahnender Familie erinnerte. Seine kriegerische Energie, die mit außergewöhnlichem militärischem Sachverstand einherging, sowie sein sprichwörtlicher Mut im Kampf veranlassten Zeitgenossen schon bald, ihn mit einem Löwen zu vergleichen. Giraldus Cambrensis etwa versah bereits den jungen Richard mit diesem Schlagwort; Bertran von Born wandte diese Bezeichnung ebenfalls an, noch bevor der Plantagenet europaweit Berühmtheit als Kreuzfahrer erlangte. Wann genau der Beiname Löwenherz entstand, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit eruieren. Gemäß einer späteren Überlieferung mag er auf ein Ereignis in der Frühphase von Richards Kreuzzug, nämlich auf binnen weniger Stunden durchgeführte Eroberung Messinas im Oktober 1190 zurückzuführen sein. Als gesichert kann indessen angenommen werden, dass er im weiteren Verlauf des Dritten Kreuzzugs entscheidende Verbreitung erfuhr. Erwähnung fand er etwa im Werk des Poeten Ambroise, der den Kreuzzug als Augenzeuge miterlebte und einen der bedeutendsten Quellenberichte dieses Unternehmens hinterließ. Nach dessen Beendigung hatte sich der Beinamen so stark durchgesetzt, dass selbst der dem Haus Plantagenet naturgemäß nicht freundliche Hofchronist Philipps II., Wilhelm der Bretone, Richard anlässlich des Reichtages zu Speyer das Herz eines Löwen attestierte.

Der Kampfesmut des Plantagenet war im Übrigen nicht nur ein individuelles Wesensmerkmal, sondern letztlich wohl ebenso sehr ein Teil seines herrscherlichen Selbstverständnisses. Im Mittelalter hing während bewaffneter Auseinandersetzungen viel vom Verhalten des Heerführers ab. Zwischen ihm und den Soldaten herrschte ein Verhältnis vor, in dem nicht zuletzt die Emotion bestimmte, und ein derart unerschrockener Feldherr wie Richard bewirkte bei Soldaten ein beträchtliches Maß an Loyalität. Daß er Seite an Seite mit ihnen kämpfte, ebenfalls Kopf und Kragen riskierte, manchmal glich selbst vorstürmte, wirkte begeisternd, riss mit und spornte zu höchster Leistung an. Insgesamt gelang es Richard wie kaum einem Truppenführer, das Beste aus seinen Soldaten heranzuholen.“

Der überlegte Bezug zu Messina ist ein nur kurz angedeuteter Zusammenhang und die Kurzform könnte zu einer falschen Auffassung führen, wenn nicht die in der Anmerkung dazu genannte Buchstelle gelesen wird:

Ulrike Kessler, Richard I. Löwenherz : König, Kreuzritter, Abenteurer. Graz ; Wien ; Köln : Verlag Styria, 1995, S. 116:
„Später wurde behauptet, daß es in Messina war, wo sich Richard seinen legendären Beinamen erwarb. Tatsächlich hat schon Devizes gehört, dass die Sizilianer ihn mit einem Löwen verglichen, was er in Zusammenhang mit seiner Rechtspflege bringt: gleich nach seiner Ankunft ließ Richard Galgen vor der Stadt errichten, und entgegen Philipps Vertuschungstendenz habe er seine eigenen Leute nicht nachsichtiger behandelt als die Einheimischen.“

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ausführliches Eingehen auf den Beinamen:

Dirk Jäckel, Der Herrscher als Löwe : Ursprung und Gebrauch eines politischen Symbols im Früh- und Hochmittelalter. Köln ; Weimar ; Wien : Böhlau, 2006 (Archiv für Kulturgeschichte, Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte ; Heft 60), S. 82 – 89 (3.7.6 Löwenherz des Dritten Kreuzzugs: Richard I.) und S. 326 –329 (12. Schluss)

S. 83 - 84: „Die zeitgenössischen Belege für seinen Beinamen sind zahlreich.

Gleichzeitig ist er ein Herrscher, dessen Löwenbeiname im europäischen Rahmen heute besonders bekannt ist. Zu dieser Popularität dürften vor allem die Romane und Filme um Ivanhoe und Robin Hood beigetragen haben. Zu selbstverständlich jedoch wird der Beiname „Löwenherz“ allein mit dem Charakterzug der Tapferkeit in Verbindung gebracht. Am Anfang steht auch bei Richard die reine Löwenmetaphorik, und sie ist in Bezug auf Richard ideologisch tiefer gehend, als es ein reiner Ausdruck von Tapferkeit und Wagemut wäre.

Bereits im Alter von zwanzig Jahren, noch vor seiner Thronbesteigung, besitzt Richard so in dem Augen des Hofkaplans Giraud de Barri (gest. 1223) bereits so sehr eine in Tat und Charakter erkennbare Löwennatur, dass er auch die übliche Krankheit erduldet:

„Fernerhin: der, welcher die Natur zusammentrug, trug auch das Leiden der Natur zusammen. Um nämlich die wilden Leidenschaften seiner Seele zu dämpfen, wird dieser unser Löwe – und zwar mehr noch als ein Löwe – vom Wechselfieber nach Löwenart geplagt. Dadurch zittert er – ohne zu schwanken – fast ununterbrochen in einer Weise, dass er durch sein Zittern auch die ganze Welt erbeben lässt und fürchten macht.“

Die moralische Komponente des Löwennamens wird besonders deutlich bei Bertran de Born (gest. 1202/1215), dem provenzalisch schreibenden Troubadour Richards. Er lobt die Gewohnheit des Löwen, den Besiegten zu schonen, doch dem Hochmütigen zu widerstehen, und tadelt andererseits Richards Barone, welche eine missliche Lage des Königs ausnutzen, um ihm zu schaden.

Der Chronist Richard von Devizes beschreibt, wie Richard nach seiner Meinung auch außerhalb seines Reiches zu seinem Löwennamen kam: Zu Beginn des Dritten Kreuzzuges kam es auf Sizilien zu Verbrechen vorausgereister Kreuzfahrer an der einheimischen Bevölkerung. Unmittelbar nach seiner Ankunft (September 1191) hielt der englische König ein rigides Gericht über Übeltäter, während der französische König Philipp August die Vergehen seiner Leute deckte. Aufgrund dessen nannten die Sizilianer Philipp „Lamm“, während Richard den Löwennamen erhielt. Des Leonis nomen ist also derjenige würdig, der ohne Ansehen der Person das Recht durchsetzt.

Eine ganz ähnliche Gegenüberstellung beider Könige findet sich auch bei Bertran de Born, wenngleich es dort eher um eine allgemeine Verspottung des französischen Königs ob seiner vermeintlichen Schwäche geht. “

S. 84 Anm. 227: „Lebe behauptet hingegen, der Name „Löwenherz“ sei in Sizilien mit der Bedeutung „erbarmungslos“ entstanden (Lebe, Karl S. 80), doch handelt es sich dabei offensichtlich um eine Fehlinterpretation.“

S. 84: „Das zum dauernden Beinamen gewordene Epitheton „Löwenherz“ tritt zuerst ebenfalls im Kontext des Kreuzzuges auf, nämlich in einem wenige Jahre nach den Ereignissen gedichteten Chanson de geste; der Estoire de la Guerre Sainte des Ambroise. Bei der Ankunft des Königs vor Akkon, die dessen Rückeroberung aus den Händen der Muslime einleitete, wird er geschildert, als Le preuz reis, le quor lion - als „trefflicher König“ und „Löwenherz“. Ambroise wollte den König in eine Reihe mit anderen Helden der älteren Chansons de geste stellen

S. 85: „Der Vollständigkeit halber sei noch eine sonderbare Ätiologie des Epitheton „Cœur de Lion“ aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts genannt. Sie findet sich im mittelenglischen, legendenhaften Versroman über Richard Löwenherz. Dort wird erzählt, während seiner Gefangenschaft in Deutschland soll der König einem Löwen, dem er eigentlich zum Fraß vorgeworfen werden sollte, stattdessen mit bloßen Händen das Herz ausgerissen und es im Angesicht des deutschen Königs gegessen haben. Daraufhin soll dieser gesagt haben:

„Gewiß, wenn ich recht vermute, ist jener ein Teufel und kein Mensch, der meinen starken Löwen getötet, das Herz ihm aus dem Leib gerissen und es herzhaft gegessen hat! Er mag mit Fug und Recht der berühmteste König der Christenheit heißen, der starke Richard Löwenherz!“

Somit ist es also der deutsche König, der nach der Legende Richards Beinamen kreiiert.“

S. 88: „Doch nicht nur für Richard Parteigänger ist Richard ein Löwe bzw. Löwenherz: Selbst der Chronist Philipp Augusts, Wilhelm der Bretone, beschreibt das Verhalten des englischen Königs während seines erzwungenen Aufenthalts in Deutschland in diesem Sinne. Er habe dort das Wort erhoben, als ob er sich nicht in Gefangenschaft befände, sondern vielmehr auf seinem heimischen Thron, und habe dies in königlicher Weise getan – gewandt und wie ein Löwe beherzt.“

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Dieter Berg, Die Anjou-Plantagenets : die englischen Könige im Europa des Mittelalters (1100 - 1400). Stuttgart : Kohlhammer, 2003 (Kohlhammer-Urban-Taschenbücher ; Band 577), S. 91:
„Das Bild Richards in der zeitgenössischen Literatur begann schon bald legendenhaft- heroische Züge anzunehmen, indem der König als untadeliger Ritter, unüberwindlicher Kämpfer und erfolgreicher Truppenführer sowie Kreuzritter dargestellt wurde, der das Ethos seines Standes in geradezu idealtypischer Weise verwirklichte. Bei realistischer Prüfung der Quellen sind diese Darstellungen jedoch in Frage zu stellen — etwa im Blick auf die Massaker an muslimischen Gefangenen oder auf strategische Fehlentscheidungen während des Kreuzzugs. Zweifellos war Löwenherz insbesondere in den Kriegen gegen Philipp ein erfolgreicher Heerführer, der sich aber oftmals leichtfertig im Kampfgetümmel in Gefahr begab und hierdurch den Fortbestand seiner königlichen Herrschaft in Frage stellte. Vielmehr erscheint Richard als klassischer Vertreter des Feudaladels seiner Zeit, der rücksichtslos die eigenen Interessen durchsetzte, die einmal die Beststandsicherung des angevinisichen Reiches, zum anderen den Kreuzzug betrafen; alle anderen Dingen wurden diesen beiden Zielen völlig untergeordnet.“

weitere informative deutschsprachige Biographien:

Dieter Berg, Richard Löwenherz. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2007 (Gestalten des Mittelalters und der Renaissance). IBN 978-3-534-14511-9

John Gillingham, Richard Löwenherz : eine Biographie. 1. Auflage. Deutsch von Rudi Heeger. Düsseldorf : Claasen, 1981. ISBN 3-546-43223-1

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@Albrecht

Da scheint Herr Berg der historischen Persönlichkeit doch näher zu kommen, als Herr Jäckel. Aber auch der scheint sich nicht zu wundern, dass sich ein König so überhaupt nicht um seine Regierungsgeschäfte kümmert und nennt das nur typischen Feudaladel. Merkwürdig, sehr merkwürdig.

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@Dummie42

Der Kommentar zeigt vor allem, die Bücher nicht gelesen zu haben und ihr Thema überhaupt nicht zu beachten (eine Untersuchung zur Löwensymbolik ist keine Bilanz eines Wirkens als König von England).

Dieter Berg stellt fest, daß Richard loyale Gefolgsleute in England beauftragt hat, sich um das Verwaltungs- und Rechtswesen kümmern. Für die Einzelheiten habe sich Richard dabei nicht interessiert, sondern für ihn sei Stabilität und Erzielen von Einnahmen wichtig gewesen.

Andere Tätigkeiten hätten für ihn eine größere Priorität gehabt.

S. 91 – 92: „Schließlich wird man stärker als bisher in der Forschung das herrscherliche Selbstverständnis Richards beachten müssen, der durch seine aquitanische Herkunft geprägt blieb und sich zuerst als Herzog von Aquitanien betrachtete mit der zusätzlichen Verpflichtung, die kontinentalen Bestandteile des angevinischen Reiches gegen kapetingische Bedrohungen zu verteidigen, während die englische Königswürde lediglich hinzu kam und primär mit einer Rangerhöhung verbunden war. Insofern stand das englische regnum - wie oftmals in der älteren englischen Forschung beklagt — für Richard nicht im Zentrum seines politischen Bewußtseins und Handelns. Der Herzog von Aquitanien mit großem Interesse für zeitgenössische Dichtung und Literatur war zwar auch König der Engländer, aber sicherlich kein englischer König.“

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Plantagenet ist sein Familienname sozusagen. Den Titel Löwenherz hat er in recht jungen Jahren bekom,men als er mit 16 schon gegen rebellische Untertanen kämpfte. Man beachte, dass der Löwe das Wappentier der Plantagenets ist. Viel zu sagen hat der Titel also nicht. Er war eben immer ein erfolgreicher Kriegsherr(kein grosser Stratege aber ein entschlossener Taktiker und charismatischer Anführer).

Löwenherz ist wohl im sinne von löwe = mutig, edel, stark etc. benutzt worden also : Richard mit dem Löwenherz oder Richard mit dem mutigen, starken etc... herz :) früher haben sie ja vielmals solche namen verwendet..

ich weiss das tönt etwas kompliziert aber so hab ich es mal verstanden