Pflichtethik Kant , Hilfe?

3 Antworten

Die Pflicht besteht bei Kant nur darin, nur solchen Maximen zu folgen, von denen du wollen kannst, dass sie allgemeines Sittengesetz seien. Darin besteht die Autonomie jedes Menschen. Mit irgendeiner Pflicht gegenüber irgendeiner Autorität hat sie nicht dass geringste zu tun. Dass Kant über 100 Seiten so einen Bohei um die Pflicht macht, bevor er endlich auf die Autonomie jedes Individuums zu sprechen kommt, hat m.E. denselben Grund wie sein schwer lesbarer Schreibstil: In Preußen herrschte damals Zensur, Kant riskierte, dass sein Buch verboten werden könnte. Die Zensoren waren aber nicht besonders clever, mehr als 100 Seiten von diesem Buch schafften sie gar nicht zu lesen. Also wendete Kant den Trick an, zuerst ganz brav zu sein und dann ganz schwer lesbar, sodass die Zensoren das Buch frustriert aus der Hand legten, bevor es zu den eigentlich brisanten Aussagen kam. Ich würde Kants Aussagen zur Pflicht daher nicht überbewerten. Denselben Trick wendet übrigens auch Sartre an in Das Sein und das Nichts. Auch 1942 in Paris herrschte Zensur.

Dein Problem ist das Wort Pflicht. Heute hat das Wort einen eher von außen bestimmten Charakter. Für Kant ist Pflicht eine innere Einsicht und sich in die Zucht nehmen, ohne das es keine Freiheit gibt. Maßgebend ist für Kant die Einsicht aus Vernunft. Aus der Einsicht aus Vernunft entspringt die innere Selbstherrschaft. Der Vernunft in Selbstdisziplin zu folgen, auch wenn sie den Emotionen zuwiderläuft, ist Ausdruck der Freiheit, nicht den Emotionen untertan zu sein.

Seit der Begriff PFLICHT in die Mühlräder einer "antiautoritären Einstellung" geraten ist und fast ausschließlich negativen Charakter hat, würde Kant sagen, Eure Freiheit ist in Wirklichkeit die Dominanz der Unbeherrschtheit, die Diktatur des Willkürlichen und die Aufgabe jeder an Vernunft orientierten Selbstdisziplin. Ihr wollt Freiheit ohne Verantwortung. Doch aus Einsicht in die Vernunft selbst Verantwortung zu übernehmen ist die wahre, frei machende Pflicht. Recht hat er, aber hören will es keiner mehr.

Die Antwort von Ottavio finde ich richtig gut und einleuchtend. Tatsächlich könnte das ein Grund sein, warum er so verschlungen schreibt. Tatsächlich beobachte ich das gleiche Verhalten bei Leuten die heute an die juristische Relevanz oder haftungstechnische Relevanz ihrer Schriftstücke denken. Da tut man stehts noch einen einschränkenden Nebensatz hinzu und überlässt nichts dem Ergänzungsvermögen des Lesers. Lieber verliert man so manchen Leser, einschließlich des Zensors.