Nach dem Abi direkt studieren oder ein Jahr Pause?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich würde mich nach dem Abi bewerben und anschließend weitersehen :)

Ich war mir ebenfalls nicht sicher und schwankte zwischen sehr vielen verschiedenen Studiengängen (Medizin, Physik, Pharmazie, aber auch Jura^^).

Lehramt konnte ich glücklicherweise schon zu Schulzeiten ausschließen, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass ich jemals mit mir in diesem Beruf zufrieden wäre. Die meisten Lehrer sind (wie du sicherlich bemerkst) nicht sonderlich geeignet für den Beruf. Man muss sowohl pädagogisch fit und gut im Umgang mit Schülern sein, verständnisvoll und v.a. in der Lage sein, verschiedene Perspektiven einzunehmen, um die Probleme der Schüler nachzuvollziehen, um anschließend einen Lösungsweg auf geeignete Weise aufzeigen zu können (ohne schnell frustriert zu sein^^). Konntest du bisher deinen Mitschülern gut helfen, sodass sie ihre Probleme lösen konnten?

Zu Psychologie kann ich nur sagen, dass sehr viele mit falschen Vorstellungen das Studium beginnen. Das ist ein wissenschaftliches Studium, d.h. sehr statistisch und forschungsorientiert. Du lernst nicht bzw. nur nebensächlich im Master, wie man mit psych. Kranken umgeht^^

Schlussendlich wirst du nie wissen, welche Wahl die beste ist. Du wirst nach deinem Bauchgefühl entscheiden und ein, vielleicht auch zwei oder ggf. drei, Studiengänge ausprobieren müssen.

Bis kurz nach meinen Abiprüfungen hatte ich mir nur wenige Gedanken gemacht und erst anschließend begonnen, über meinen weiteren Weg nachzudenken, sodass ich mich nur für Medizin beworben habe, ohne zu wissen, ob ich überhaupt Medizin studieren möchte (für Pharmazie durfte man sich damals nicht zusätzlich bewerben). Meine Alternative (Physik) ist überall zulassungsfrei, sodass ich mich nach meiner Entscheidung problemlos ohne Zeitverlust hätte immatrikulieren können. Meine Wahl habe ich erst nach der Vergabe der Studienplätze getroffen (als ich mich immatrikulieren oder absagen musste) und das auch nur mit dem Gedanken, es mal für zwei Semester auszuprobieren. Einen solchen Versuch kann ich nur empfehlen. Du kannst dir so viele Gedanken machen, wie du möchtest, du weißt erst, ob du richtig bist, wenn du es ausprobierst. Daher würde ich sofort nach dem Abi mit einem Studium beginnen und mich ggf. exmatrikulieren, wenn ich merke, dass die Wahl falsch war.

Ich habe mich jedenfalls nicht exmatrikuliert und würde meinen Studienplatz gegen nichts in der Welt eintauschen, weil ich das Studium so sehr liebe. :) Inzwischen bin ich im 6. Semester und habe auch schon mit meiner Diss angefangen, was ich noch mehr liebe. Da ich später auch forschen möchte, habe ich mich für eine experimentelle Arbeit entschieden, was mir deutlich mehr liegt als eine statistische Datenanalyse o.ä.^^ Wenn du an den naturwissenschaftlichen Zusammenhängen, ebenso wie an den vorklinischen Fächern interessiert bist, kann ich dir das Studium sehr empfehlen! Du wirst es ebenso lieben! Kein Verständnis habe ich jedoch für diejenigen, die schon in der Vorklinik desinteressiert waren und sich nur dafür interessieren, bei welcher Krankheit man welches Medikament gibt... Solche Studenten haben es sehr schwer. Ein Vorteil eines solchen Vorgehens ist, dass du, wenn du dich richtig entschieden hast, ein Jahr früher fertig bist.

Ein Jahr hast du noch bis zu deinem Abitur, welches du nutzen kannst, um deiner Entscheidung näher zu kommen. Du könntest die aktuellen Ferien schon nutzen und ein Schnupperpraktikum (z.B. im Krankenhaus) zu absolvieren. Bei einem Aushilfsjob wirst du weniger Einblicke bekommen, weil du dann primär deine zugeteilten Arbeiten erledigen musst. Du wirst vermutlich nicht einfach mal so mit in den OP, bei einer ÖGD oder einer Aszitespunktion zusehen dürfen (je nach Station).

Solltest du dir wirklich zu unsicher sein und dich dein Bauchgefühl nicht zumindest ansatzweise in eine Richtung lenken, dann solltest du deine Auszeit sinnvoll nutzen, d.h. ein FSJ machen. Einfach irgendwo arbeiten wird dich nicht weiterbringen. Du wirst keine Einblicke in irgendwelche Berufe bekommen, die dich interessieren, sodass du deine Entscheidung ohne Fortschritt nur auf einen späteren Zeitpunkt verschiebst. Zudem sieht es auch nicht gut im Lebenslauf aus^^ Ein FSJ kannst du sowohl an Schulen (z.B. Grund-, Real-, Förderschulen), wo du u.a. auch bei Stundenausfällen die Schüler beschäftigen oder nachmittags Nachhilfe anbieten darfst, als auch in Krankenhäusern (möglich sind auch Hospize oder Psychiatrien) absolvieren. Die Zeit solltest du sehr sinnvoll nutzen, da es ebenfalls nicht gut aussieht, wenn du dich nach einer Auszeit für einen Studiengang immatrikulierst und anschließend dich nochmal umentscheidest^^.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Medizinstudium
Boenia17 
Fragesteller
 06.07.2022, 00:31

Wow, danke dir für den sehr informativen und sehr langen Text :) ich habe noch eine kurze Frage: vor ein paar Monaten kam eine Damen von einer Messe namens Vocatium an unsere Schule. Damals sagte sie zu uns, dass wir uns jetzt schon an einer Uni bewerben sollen, damit wir gleich nach dem Abk beginnen zu studieren, natürlich falls wir angenommen werden. Also wir sollen ihrer Meinung nach so viele Bewerbungen wie möglich schreiben damit wir auf der sicheren Seite sind. Außerdem gab sie uns noch ihre Tochter als Beispiel. Sie soll nach ihrem Abi in diesem einen freien Jahr nur zum chillen genutzt haben, sodass sie als auch ihre Freunde es mega schwer hatten wieder in das Lernen reinzukommen. Was ich mich noch frage ist, wie man sich ohne das Abi beendet zu haben sich bewerben soll/kann? Einige meiner Mitschüler wollen sich anscheinend auch jetzt schon bewerben nur wie soll das gehen? Danke dir

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Johannax32  06.07.2022, 00:45
@Boenia17

Gerne :)

An staatlichen Universitäten kannst du dich nur mit deinem Abizeugnis bewerben. Die Bewerbungsfristen sind daher immer so, dass du dafür noch genügend Zeit hast. Eine Ausnahme ist Kunst.

Wenn ich mich richtig erinnere, waren zu meiner Zeit bei dieser Messe ausschließlich private Universitäten oder Arbeitgeber, die ein duales Studium angeboten haben, vertreten. Für ein duales Studium solltest du dich etwa ein Jahr zuvor bewerben. Die Bewerbungsprozesse an Privatunis sind sehr unterschiedlich. Da meist eine individuellere Auswahl mit einem längeren Auswahlverfahren erfolgt, bei dem u.a. deine persönliche Eignung für den Studiengang getestet werden soll, bewirbt man sich hierfür meist ebenfalls früher.

Meine Empfehlung bleibt jedoch gleich: Bewirb dich einfach auf alles, was in Frage kommen könnte (falls dich keine Studiengebühren erwarten). Absagen kannst du immer noch - auch bei einem Ausbildungsplatz oder ein duales Studium. So unüblich ist das gar nicht^^

Sie soll nach ihrem Abi in diesem einen freien Jahr nur zum chillen genutzt haben, sodass sie als auch ihre Freunde es mega schwer hatten wieder in das Lernen reinzukommen.

Es ist nur ein Jahr. Ich habe Kommilitonen, die erst eine Ausbildung machen mussten und dennoch keine Probleme haben. Statistisch gibt es zwar einen Zusammenhang, dennoch finde ich, dass das sehr unterschiedlich sein kann und auch stark von der persönlichen Motivation und den Umständen abhängen kann.

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Ich finde es völlig legitim, nach der Schulzeit erst einmal ein Orientierungsjahr einzulegen. ABER: Dieses Jahr sollte gut geplant und mit sinnvollem Inhalt sein!

Irgendwas irgendwo arbeiten wird dich nur bedingt weiterbringen. Zudem solltest du bei diesem Weg schon beim Abschluss wissen, was genau du wo genau arbeitest, also einen Job in der Tasche haben! Ansonsten findest du vielleicht nichts - und hängst dann sinnlos zu Hause rum...

Deutlich besser finde ich deswegen die Freiwilligendienste. Ja, stimmt schon, gut bezahlt sind die wirklich nicht. Aber du bist sozialversichert. Und du tust etwas mit Sinn! Zudem kannst du, je nach Einsatzstelle, dich hier mal so richtig "austoben" und ein Jahr lang etwas machen, was du sonst wahrscheinlich nie machen würdest ;).

Es gibt diese Freiwilligendienste übrigens auch im Ausland! Auch das kann sehr spannend und bereichernd sein, wenn man mal ein Jahr lang ein Land intensiv kennenlernt, von dem man vorher vielleicht noch nie wirklich was gehört hat.

In diese Richtung gehen natürlich auch AuPair- und Work&Travel-Aufenthalte. Die haben allerdings beide ihre ganz eigenen Haken, weshalb man sich das wirklich gut überlegen sollte...

Ich finde es allerdings auch nicht weiter schlimm, wenn man sich für irgendein Studium entscheidet, was irgendwie ganz spannend klingt, ohne dass man wirklich einen Plan hat, wohin das führen soll! Im blödesten Fall weiß man dann nach 2, 3 Semestern, was man NICHT will - und vielleicht somit auch, was man lieber machen wollen würde! Und im besten Fall stößt man so auf etwas, was einen total überrascht und richtig fasziniert.

Das einzige, was man nicht so "locker" angehen kann, wäre eine Berufsausbildung. Hier muss man sich rechtzeitig (im Herbst vorher!) bewerben, einen Ausbildungsplatz bekommen und den dann möglichst auch bis zum Ende durchziehen, damit es den Lebenslauf nicht versaut. Wäre aber auch eine Möglichkeit - und wenn es nur dazu dient, 6 Wartesemester in diesen drei Jahren zu sammeln!

Du hast ja noch ein Jahr Zeit zum überlegen, außer wenn du vielleicht eine Ausbildung machen möchtest, dann musst du dich bald bewerben. Vielleicht weißt du es ja im Laufe des nächsten Schuljahres was dir so liegt und was dich am meisten interessiert und dir vorstellen kannst dort zu arbeiten. Wenn du es immer noch nicht wissen solltest, dann kannst du ja eins von den dir genannten einfach ausprobieren für ein Semster oder du machst ein Semester Pause und arbeitest erst mal oder machst eine Reise

Ich kenne viele, die nach dem Abi erstmal ein Jahr Pause gemacht haben. Kommt halt auf dich an, was du machen willst. Ein guter Freund von mir ist nach dem Abi für ein Jahr nach Kanada gegangen, um sein Englisch zu verbessern, was er während des Studiums gebraucht hat.

Wenn du Medizin studieren willst und nicht ganz die Noten hast, dann wirst du automatisch eine Wartezeit eingebaut bekommen. Bedenke das mal.

Madison777  05.07.2022, 22:41

Außer man macht Landarzt

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Boenia17 
Fragesteller
 05.07.2022, 23:35

Verstehe ich nicht ganz. Das eine Jahr zählt ja als Wartesemester

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Johannax32  06.07.2022, 00:37
@Boenia17

Es gibt keine Wartezeitquote mehr. Das bedeutet, dass du einen sehr guten Abischnitt benötigst. Neben der Abibestenquote (30% der Plätze; Auswahl ausschließlich nach Abischnitt) gibt es noch das AdH (60% der Plätze; Hauptkriterium Abischnitt) und die notenunabhängige ZEQ (10% der Plätze, Hauptkriterium TMS). Solltest du keinen sehr guten Abischnitt erzielen können, bleibt dir nur noch die ZEQ, über die aber lediglich 10% der Plätze vergeben werden. Den endgültigen Abischnitt weiß man erst sicher nach den Abiprüfungen. Es kann immer etwas schief gehen, sodass es dann statt der 1,0 nur noch für eine 1,1 reicht. Daher wird häufig empfohlen, den TMS schon in der Oberstufe zu schreiben, um kein Semester aussetzen zu müssen, bis man teilnehmen konnte. Daher nehmen auch die Abibesten sehr häufig zur Absicherung am TMS teil.

Dein TMS-Ergebnis gibt schlussendlich deinen erzielten Rangwert an, d.h. wie gut du im Vergleich zu den anderen Teilnehmern abgeschnitten hast. Ein Ergebnis von 60% bedeutet somit nicht, dass du "nur" 60% der Aufgaben richtig lösen konntest, sondern dass du besser oder gleich gut abgeschnitten hast wie 60% der anderen Testteilnehmer und dass 40% besser waren. Wenn du mit den besten Abiturienten konkurrierst, ist selbst ein Ergebnis von 60% schon ein gutes Ergebnis, aber leider ist es nicht ausreichend für die ZEQ.

Neu ist, dass man den TMS einmalig wiederholen kann. Man könnte also darauf hoffen, dass die mögl. zukünftigen Abibesten oder die Abiturienten knapp darunter (mit voraussichtlichen Schnitten von 1,0-1,1) einfach nur teilnehmen (ein durchschnittliches Ergebnis reicht bei den Abischnitten aus). Ob an dieser Theorie etwas dran ist, möchte ich nicht beurteilen und mir wäre das zu unsicher. Du solltest daher alles geben und stets bemüht sein, den bestmöglichen Abischnitt zu erzielen! Je besser dein Abischnitt, desto größer sind deine Chancen auf einen Medizinstudienplatz.

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Boenia17 
Fragesteller
 06.07.2022, 09:45
@Johannax32

Ok, sagen wir mal ich habe mich dazu entschieden Psychologie oder Lehramt zu studieren, würdest du mir trotzdessen empfehlen direkt zu studieren?

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Johannax32  06.07.2022, 10:04
@Boenia17

Ja :) Gerade Psychologie ist so speziell, dass du es einfach ausprobieren musst.

Im Lehramtsstudium musst du gleich zu Beginn ein Orientierungspraktikum an einer Schule absolvieren (auch wenn du Schulen eigentlich schon kennen solltest^^). Du wirst also ebenfalls recht schnell merken, ob es dir wirklich liegt, oder ob du falsche Vorstellungen hattest :)

PS: Ich wollte dir keine Angst vor dem TMS machen. Wenn du Medizin studieren (oder es zumindest ausprobieren) möchtest, dann solltest du es auch versuchen! Du hast noch ein Jahr Zeit (= 1/3 der Gesamtnote) und die Abiprüfungen machen 1/3 der Endnote, d.h. erst etwa 1/3 deiner Abinote steht etwa fest, wobei es ja auch BL-spez. Einbringungsregelungen gibt, die den Schnitt erfahrungsgemäß immer anheben. Nimm zumindest einmal am TMS teil (wenn du Medizin nicht vollständig ausschließen kannst) und sieh dann weiter. Auch wenn es hier nicht klappen sollte, gibt es immer noch andere Möglichkeiten (z.B. Österreich).

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Johannax32  06.07.2022, 11:48
@Boenia17

1,0 🙈

Das sollte aber für dich keine Relevanz haben und dich auch nicht beeinflussen. Wo der Durchschnitt deines BL und Jahrgangs liegt, sagt dir Google. Die Auswahlgrenzen der letzten Semester der einzelnen Studiengänge findest du bei Hochschulstart bzw. auf den Seiten der Unis. Diese Werte sind viel aussagekräftiger als mein Abischnitt :)

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Boenia17 
Fragesteller
 06.07.2022, 12:14
@Johannax32

Wow, wie hast du das geschafft? Ich bin immer am Lernen, verstehe die Themen. Also das Zeugnis von dem jetzigen Halbjahr sieht so aus:

Deutsch: 12P.

Kunst LK: 13P.

Englisch: 7P.

Geschichte: 14P.

Geographie: 13P.

Mathe: 9P.

Biologie LK: 9P.

Chemie: 10P.

Sport: 13P.

Studium und Beruf: 12P.

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Johannax32  06.07.2022, 13:31
@Boenia17

So schlecht sieht das doch gar nicht aus :)

Wichtig ist v.a. der Diskurs mit deinen Lehrern. Du musst dir kontinuierlich Rückmeldungen einholen und erfragen, wo du die Punkte verloren hast und wie du es künftig besser machen kannst. Nur deine Lehrer können dir sagen, worauf sie Wert legen.

Bitte deine Lehrer um zusätzliche Übungsaufgaben bzw. suche dir selbst Aufgaben, die möglichen Prüfungsaufgaben ähneln (z.B. in Abitrainern) und bitte deine Lehrer sie zu korrigieren. Wenn du eine Korrektur nicht verstehst (Lehrer korrigieren gerne mal sehr knapp und schreiben nur einen Buchstaben an den Rand oder streichen etwas durch), dann hake nach. Du musst aktiv auf deine Lehrer zugehen, um aus deinen Fehlern zu lernen.

In Deutsch hatte ich übrigens die gleiche Lektürehilfe zum Üben verwendet wie mein Lehrer. Er hat uns zwar nie verraten, welche er nutzt, aber anhand der Übungsblätter konnte ich das herausfinden^^ Lehrer sind schlussendlich auch nur Menschen, die sich irgendwie helfen müssen.

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