Muss jedes Kapitel ungefähr gleich lange sein?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Nein muss es nicht. Du solltest nur im Schreibstil bleiben und dementsprechend ergibt sich da sehr oft zumindest ein Rahmen, in dem sich die Seitenanzahl dann bewegt.

Wenn du eine schnelle Action-Geschichte schreibst, dann zieht sich diese Action ja in der Regel auch durch deine Geschichte, in diesem Sinne sind die Kapitel hier dann vermutlich auch schneller 'geschnitten' und kürzer, als wenn du ein episches Historiendrama a la Alternate History mit (inzwischen) 1300 Seiten runterschreibst (auch wenn ich zugeben muss, dass ich hier teilweise auch je nach Situation schon eher kürzere und längere Kapitel drin habe).

Was in meinen Augen wesentlich wichtiger ist: Schreib so viel, dass du die Geschichte erzählen kannst. Dann bearbeite diesen Grundrahmen ein bisschen, sodass es anschaulich wird. Wenn es dir dann wirklich noch zu wenig vorkommen sollte, dann versuche hier und da ein wenig hinzuzufügen, ggf. noch irgendetwas einzubauen, achte dabei aber darauf, dass es einerseits zur Story passt udn andererseits natürlich auch nicht SO lange dauert, dass der Leser wirklich den Eindruck bekommt, du wolltest die Handlung ziehen.

Beispielsweise kannst du mit der Todesszene von Midshipman Xy in der Schlacht von... gut ein paar Sätze schinden, wenn du es gut anstellst auch eine halbe Seite oder mehr und das machst du dementsprechend dann, um deiner Figur den Schrecken des Krieges vor Augen zu führen,... Problem hierbei wäre allerdings, dass das Kapitel an sich ja ggf. nur 3 Seiten in Anspruch nimmt und damit ein nicht ganz unbedeutender Teil mit einer Szene zugespachtelt wäre, die zwar ordentlich auf die Tränendrüse drücken kann, aber im Endeffekt eher wenig mit der Handlung zu tun hat.

Kurzum: Bleibe lieber bei einem kurzen Kapitel, wenn es nicht anders geht, wenn sich die Gelegenheit anbietet, dann bau meinetwegen noch einen Handlungsstrang ein, ein Gespräch, oder was auch immer. (So entstand eine meiner Lieblingsszenen, die letztlich 37 Seiten in Anspruch genommen hat und in der es eigentlich nur darum geht dass ein Fieberkranker Typ mit einer Halluzination spricht, während um ihn herum die Schlacht seines Lebens tobt (ich hab die Szene dann natürlich für den Roman gekürzt)). Allerdings besteht hier immer die Gefahr, dass sich die ganze Sache zu sehr zieht oder sie zu künstlich aufgeblasen wirkt... was man eigentlich vermeiden will und sollte

ioroio 
Fragesteller
 12.04.2019, 15:15

Ist ein ganze Szene kürzen nicht unglaublich anstrengend?

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BeviBaby  12.04.2019, 15:29
@ioroio

Ach ja, es ging eigentlich. Ich lese über meine Sachen ja ohnehin eine oder zwei Wochen später nochmal drüber und hier war jetzt wirklich auch der Fall, dass ich mir das Kürzen sehr leicht gemacht habe (ich hab die Szene auch aus dem ganzen Ding extrahiert und irgendwo anders abgespeichert weil ich die wirklich gern hatte).

Grundsätzlich hatte ich ziemliches Glück, weil in dem Kapitel wirklich mal nicht der Druck da war etwas erzählen zu müssen... gut, er steht eben halb weggetreten mit Lungenentzündung auf Deck und um ihn tobt so ein bisschen Schlacht und irgendwann ist die dann auch gewonnen, der Fokus stand aber auf dieser Fieberphantasie an sich und da die wiederum nicht die Erfüllung seines Lebens war, sondern halt eigentlich einfach nur ein nettes Add-On, stand mir eigentlich frei ob die ihm jetzt die Weisheit des Universums offenbart, ihm sein ganzes Leben nochmal vor Augen führt oder halt einfach nur DA ist, versucht ihn in die Welt des Todes zu reißen und dann letztlich aufgeben muss... kurzum: Ich hab ein bisschen Schlacht rausgestrichen und ein bisschen semi-philosophisches BlaBla.

In anderen Szenen hätte ich mich wesentlich schwerer getan, u.a. weil das dann solche Szenen sind wie diese riesigen Bälle für die man extra in wochenlanger kleinarbeit Rang und Sitzordnungen erstellt hat und auch noch den Namen der letzten Ehefrau vom letzten dämlichen Royal-Navy Captain nachgeschlagen hat, also quasi einmal das WhoisWho in England 1800 durchgelesen, nur damit die Verwöhnte, süße Admiralstochter den Raum fluchtartig verlassen kann, weil sie sich in jemanden verknallt hat, der eindeutig nicht als Heiratskandidat in Frage kommt.

Das wäre wieder ein gutes Beispiel für das sinnlose Auswalzen einer Szene. Ich meine... ja, die Szene an sich ist schon wichtig, aber wer jetzt mit wem auf diesem Ball ist und welches Kleid trägt und welche Blumen gerade angesagt sind (also die Gespräche, die eigentlich nur als Hintergrunddeko dienen sollten), kann man im Endeffekt alles streichen und nur das drinlassen, was man eben wirklich braucht

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ioroio 
Fragesteller
 12.04.2019, 15:46
@BeviBaby

Danke für die lange Antwort!

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Absolut nicht. Es kann so lang oder kurz sein wie du möchtest. Achte nur darauf dass du den Lesefluss nicht unnötig durch zu häufige Kapitelwechsel blockierst. (mehrere neue Kapitel innerhalb weniger Seiten z.B.)

Nein. Kommt drauf an wieviel bei einen Kaptiel erzählt werden soll, das es ein ausführliches Kapitel ist.

Nein. Inhalt und logische Struktur bestimmen die Länge eines jeweiligen Elementes - sonst aber auch nichts. Willst Du ein Kapitel mit beispielsweise kurzer Action künstlich aufblasen, damit es länger wird? Dadurch bekommt es vielleicht mehr Worte, aber nicht mehr Inhalt. Es wird also langweilig und verliert das "Tempo".

Als Autor kannst Du machen was Du willst / für richtig hälst. Kannst zum Beispiel auch festlegen: Jetzt kommt Kapitel 2 bis 35. - ob das sinnvoll ist, ist eine andere Frage.