Letzte Ruhe im Weltraum Gedicht?

3 Antworten

Was hat das denn mit Weltraum zu tun? Die Sache ist doch ganz einfach: hier wird jemand, der wahrscheinlich schon ein bisschen älter ist, in einer relativ schönen Umgebung an den Tod erinnert. Erscheint dazu, ein relativ entspanntes Verhältnis zu haben, so dass er diesen Ort sogar ein bisschen Als Heimat annehmen kann. Er wird ja gegebenfalls auch sehr lange eines Tages dort sein.

Also:

1. Satz (V 1-3): Personifikation, Kirche winkt, ist lebendig, nimmt freundlich Kontakt auf.

2. Satz V 4-5 Du überlegst und verstehst das als Einladung (wägen: genau prüfend bedenken; genau überlegend und vergleichend prüfen, abschätzen, abwägen) – also auch etwas freundliches, heimeliges

Also die Kirche – d.h. das Christentum, die christliche Religion, die Idee mit Gott und Jesus und den Engeln und Bibel etc. das Ganze – winkt freundlich. Man selbst geht nicht sofort hin sondern überlegt erst einmal, was das soll – also eine gewisse Entfremdung zeigt sich. Aber diese Entfremdung ist nicht absolut, sondern im Gegenteil: „eines Tages“, aber „noch ungewiss, wann“ wird man sie „vielleicht [...] annehmen“ oder sogar „vielleicht gerne annehmen“. Und nicht nur, dass man sie vielleicht gerne annimmt, man „möchte“ sie sogar vielleicht gerne annehmen.

D.h. man behält es sich vor, trotz momentaner Entfremdung, doch vielleicht irgendwann einmal, nicht zögerlich oder widerstrebend, sondern sogar "gerne" ‚ja‘ zu sagen zu diesem ganzen Christentum.

Und das letzte (9-13) kann man wörtlich nehmen. Es gibt andere Modelle, wie man sich das Leben und die Welt im Ganzen vorstellt (muslimisch athesistisch etc., das wird hier nicht genannt), die findet man ganz gut, denn auch dort ist man zu Haus. Aber hier an diesem Kirchlein mit dem Kirchhof (Friedhof) ist man „ein wenig mehr“ also nicht viel mehr und nur dort, aber eben doch „ein wenig mehr“ zu Haus.

Und was ist das Zuhause? Das, wo man herkommt, wo man aufgewachsen ist. Man kann sich überall wohlfühlen, aber ein bisschen mehr Zuhause ist man dort, wo man diese Einladung annehmen möchte, im Christentum, auch wenn man momentan gar nicht wirklich das so fühlt.

"letzte Ruhe im Weltraum" kommt mir vor wie eine redaktionelle Frage der Schulbuchredaktion und spielt mMn darauf an, dass man entweder in den Himmel (also zu Gott, Christentum etc.) kommt oder im Fall, dass man atheistisch ist, als Atome irgendwo im Weltraum verstäubt.

HEsslhoFF21  02.03.2024, 04:50

ich habe mal gerade nach dem Gedicht gegoogelt und dies hier gefunden. Es scheint noch eine deutlich längere Fassung zu geben (bin kein Domin-Experte):

APFELBAUM UND OLIVE

Ein Trost ist, zu wissen

wo die Tassen stehn und die Teller

in dem Haus, in dem du zu Gast bist,

und einen Anteil zu haben

an der Zärtlichkeit von Katze und Hund

deines Freunds,

und die Tücke des Fahrrads zu kennen

als sei es dein eignes,

auf dem du mit der verblichenen Tasche

in das fremde Dorf fahren darfst,

und die Milch auf dem Weg zu verschütten

als habest du selbst

den Deckel der alten Kanne

vor Jahren

auf diesem Wege verloren.

Du gehst durch das Gartentor

und machst es hinter dir zu,

als stehe die Bank

für dich vor dem Haus,

und siehst die andern draußen vorbeigehn,

du,

der Wandrer

von Tag zu Tag

und von Land zu Land,

an dem das Wort

von der Flüchtigkeit

allen Hierseins

Fleisch ward.

Du, den jede Wand

aufgibt,

und den es oft nach des Zirkuskinds

fahrbarer Höhle verlangt.

---

Zwar, der Apfelbaum und die Olive

sind überall dein,

und in fernen Ländern

schiebt man dir einen Stuhl an den Tisch

an der Seite der Hausfrau,

und jedes gibt dir von seinem Teller

wenn die Schüssel schon leer ist,

als habe ein Kind sich verspätet,

nicht als kämest du eben vom Flugplatz.

Und die dunkeln Mangobäume

und die Kastanien

wachsen Seite bei Seite

in deinem Herzen.

--

Du weißt, wie die hohen Gräser

an den Rändern der Inseln rascheln

in allen südlichen Meeren,

wie staubig die Kaktuswege sind,

und du gehst durch die schaumigen Wiesen und kennst

ihren bunten Kalender.

Du spielst mit dem Wind

und bläst die hellen Kugeln

des Löwenzahns in die Luft

und siehst dem Schweben

der kleinen weißen Schirme mit zu

– so leicht, so widerstandslos vor dem Wehn

wie du selbst.

Irgendwo

dürfen sie landen.

--

Dann fährst du die Straße hinab

als glittest du auf einem Schlitten

an den Pappeln vorbei

in die Abendsonne.

Ein Reh tritt aus dem Wald,

und eine kleine Kirche auf einem Hügel

mit einem einsamen Kirchhof

winkt dir zu.

Du wägst ihren Gruß

wie eine Einladung,

die man eines Tages

– noch ungewiß, wann –

vielleicht gerne

annehmen möchte.

Und daran erkennst du,

daß du

hier ein wenig mehr

als an andern Stätten

zuhaus bist.

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HEsslhoFF21  02.03.2024, 04:56
@HEsslhoFF21

Also es geht um jemanden, der weit gereist ist, sich überall auskennt und wohlfühlt, der überall freundlich aufgenommen wird, der wie ein Kind der Leute behandelt wird, bei denen er gerade ist, der aber erkennt (oder sich erst eingestehen wird), dass er nicht bei den Menschen, sondern bei Gott richtig zuhause ist. -- So versteh ich das jetzt: Es geht nicht um physische Heimat (Heimatland), sondern um geistige.

Ich kenn die nicht besonders gut, die Hilde Domin. Aber die wenigen, die ich kenne, sind schöne Gefühls- und Gedankenbilder aus Sprache.

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Das wir alle irgendwann sterben und in der Kirche landen ob gläubig oder nicht nehmen Angehörige dort Abschied. Zumindest gab es diese Zeit , inzwischen ist ja mehr anonym oder verbrannt usw.

Also so verstehe ich das.