Kräftegleichgewicht beim Fallschirmsprung?

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Hallo Misoe,

die Überlegung...

...Dass zum Beispiel die Reibungskraft der Luft und die Gewichtskraft gleich groß sind Aber das würde ja bedeuten das der Fallschirmspringer in der Luft stehen würde...

...beruht auf einem geradezu altehrwürdigen Denkfehler: ARISTOTELES glaubte noch, Bewegung an sich, auch ihre Aufrechterhaltung, erfordere Kraft. Er hatte schon ein Konzept für Reibung, war aber der Meinung, diese müsse universell sein, da die Geschwindigkeit von Objekten, die keiner Reibung unterliegen, unendlich groß sein müsste.¹)

Irgendwie hatte er nicht das Konzept der Beschleunigung (der Änderung von Geschwindigkeit) auf dem Schirm.

Das änderte sich mit GALILEI: Er entdeckte das Trägheitsprinzip (TP): Ein Körper, der keiner Kraft unterliegt – oder Kräften, die einander aufheben – ist in Ruhe oder in geradlinig- gleichförmiger Bewegung.

Später entdeckte er das Relativitätsprinzip (RP)²): Die Naturgesetze (=grundlegenden Beziehungen zwischen physikalischen Größen) hängen nicht davon ab, welcher von zwei relativ zueinander mit konstanter Geschwindigkeit bewegten Körpern B und B' man als ruhend betrachtet. Das RP impliziert das TP.

Doch das trifft ja zu keinem Zeitpunkt des Sprungs zu oder?

Am Anfang mehr oder minder schon. Zumindest die vertikale Geschwindigkeit ist am Anfang gleich 0.

Entscheidend ist, dass die Geschwindigkeit wegen der wachsenden Reibung (auch ohne Fallschirm) nicht linear wächst, sondern sich asymptotisch einer Geschwindigkeit veq nähert, bei der die Reibung der Gewichtskraft gleich ist.

Der Fallschirm ist dazu da, Der Fallschirm ist dazu da, veq so klein zu halten, dass man das bequem und ohne Verletzungsgefahr mit den Beinen abbremsen kann.

Bild zum Beitrag

Abb. 1: Freier Fall, links ohne, rechts mit Luftwiderstand, im t-v- Diagramm, allerdings ohne Fallschirm (oder mit fast sofort gezogener Reißleine)

In praxi wird das nicht so aussehen wie in Abb. 1, weil viele Fallschirmspringer eine ganze zeitlang mehr oder minder frei fallen und dabei bis zum Ziehen der Reißleine eine höhere Fallgeschwindigkeit erreicht haben, die nach dem Ziehen wieder kleiner wird.

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¹) Die Situation ist so ähnlich wie wenn man die OHMsche Regel

(F1) I = U⁄R

zu wörtlich nimmt, auch wenn man hört, dass es Supraleiter gibt, deren elektrischer Widerstand R=0 ist: Eine gegebene Spannung U vorausgesetzt, dürfte die Stromstärke I gar nicht definiert sein (division by zero error) bzw. unendlich groß sein, was physikalisch keinen Sinn ergibt.

Ohne Widerstand ist aber (F1) gar nicht erst gültig. Ladungsträger der Ladung q, die eine Spannung U durchqueren, werden vielmehr immer schneller und erhalten eine kinetische Energie Uq.

Erst in speziellen Situationen, in denen bewegliche Ladungsträger in bestimmter Dichte in einem Leiter vorliegen und sich ein Gleichgewicht zwischen der Beschleunigung durch das elektrische Feld und Bremsung durch Stöße mit Gitterschwingungen des Leiters herausbildet, ergibt sich überhaupt ein elektrischer Widerstand R und (F1).

²) Das RP ist auch die Grundlage der Speziellen Relativitätstheorie (SRT), denn zu den Naturgesetzen gehören auch MAXWELLs Grundgleichungen der Elektrodynamik und damit auch das Lichttempo c.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
 - (Schule, Physik, Kraft)
SlowPhil  15.07.2021, 13:24

Vielen Dank für den Stern!

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Nein. F=m*a die Beschleunigung a wird dan lediglich nur nicht weiter zunehmen.

Die Reibungskraft der Luft wird größer, je schneller man fällt. Irgendwann wird die Fallgeschwindigkeit des Fallschirmspringers nicht mehr größer, sondern bleibt gleich. In diesem Moment herrscht ein Kräftegleichgewicht.

Ein Kräftegleichgewicht bedeutet nicht zwingend, dass alles still stehen muss. Es kann auch bedeuten, dass sich die Geschwindigkeit nicht erhöht oder veringert.

Misoe 
Fragesteller
 13.07.2021, 18:29

Danke für die Antwort 😀aber der Fallschirmspringer bewegt sich doch dann trotzdem noch nach unten das heißt doch dass die Gewichtskraft höher sein müsste ? Oder nicht

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Panazee  13.07.2021, 18:35
@Misoe

Wenn die Gewichtskraft größer wäre als die Reibung der Luft und ihre Bremswirkung unter dem Schirm, dann würde der Fallschirmspringer beschleunigen. Ist die Gewichtskraft geringer als die Bremswirkung des Schirms, dann verlangsamt sich die Geschwindigkeit des Fallachirmspringers.

Nur wenn die Gewichtskraft genauso groß ist wie die Bremswirkung verändert sich nichts an der Geschwindigkeit, die der Fallschirmspringer schon hat.

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JHaus  13.07.2021, 20:31
@Misoe

Vielleicht hilft dir das 2. Newtonsche Axiom, also F = m*a. Im Gleichgewicht ist die gesamte wirkende Kraft Null, also auch die Beschleunigung. Daraus folgt dann, dass die Geschwindigkeit des Fallschirmspringers konstant ist. Geschwindigkeit und Beschleunigung können durchaus unabhängig voneinander sein. Nur ein Beispiel: Nimm an, dass der Fallschirmspringer abgebremst wird. Dann bewegt er sich zwar nach *unten*, die Beschleunigung (Bremsung) wirkt aber nach *oben*.

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