Könnte Erdogan die Türkei zum neuen Osmanischen Reich umbenennen und eine Osmanische Verfassung einführen?

7 Antworten

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Um diese Frage zu beantworten, muss man das politische System der Türkei kennen. Die Türkei kennt als Rechtsstaat die Gewaltenteilung (Legislative, Exekutive, Judikative) in Form von einer Präsidialdemokratie.

Im Präsidialsystem der Türkei gibt es das Parlament mit 600 Abgeordneten, welche die türkischen Gesetze einbringen, beraten oder verabschieden (Legislative). Dann gibt es den Staatspräsidenten, der dafür sorgt, dass die Gesetze nicht gebrochen werden (Exekutive). Der Hüter der Verfassung hat die Polizei und das Militär dafür als Hilfe. Der Staatspräsident der Türkei ist zur Zeit Erdogan. Er vertritt das türkische Volk. Erdogan kann das Grundgesetz selber nicht ändern. Der Präsident kann in der Türkei nur Dekrete einbringen, die aber nur dann Gültigkeit haben, wenn sie dem Grundgesetz nicht wiedersprechen. Dafür sorgt das oberste Gericht (Judikative). Der Richterrat prüft das Handeln des Parlamentes und des Präsidenten auf den Willen des Volkes hin. Sie stehen für Gerechtigkeit und vertreten das Volk für diese Werte.

Viele Deutsche meinen, Erdogan sei der Führer des Volkes. Das sehen die Türken etwas anders. Das Volk ist in der Türkei nicht für Erdogan da, sondern Erdogan für das Volk. Erdogan tut also das, was das Volk möchte. Wenn der Staatspräsident nicht den Volkswillen umsetzt, dann wählen sie einen Kandidaten, der dafür in Frage kommt. Das Volk wählt also 600 Abgeordnete und einen Präsidenten in direkter Demokratie.

Nein, Erdogan könnte demnach nicht von sich aus die Türkei in Osmanisches Reich umbenennen. Erdogan könnte auch nicht von sich aus die osmanische Verfassung oder eine Sharia einführen. Denn das türkische Gesetz hat den Laizismus (Trennung von Staat und Religion) und die Staatsform „Türkische Republik“ in der Verfassung verankert.

Würde man das ändern wollen, dann müsste das Parlament diese Gesetze angehen und ändern. Das ist aktuell weder vom Parlament, noch vom Präsidenten Erdogan erwünscht.

Im türkischen Parlament wurde der Vorschlag einer Sharia auch schon eingebracht, aber mit hoher Anzahl Stimmen abgelehnt (siehe Video).

https://www.youtube.com/watch?v=Sn40RdX7_l4

In der Türkei herrscht das Volk, denn sie bilden die gewünschte Regierung und Politik. Das Volk möchte nicht auf die Trennung von Staat und Religion (Laizismus) verzichten, was auch Erdogan so vertritt. Ginge es um Erdogan, dann würde er lieber den Laizismus in der ganzen islamischen Welt einführen. In mehreren Staaten (Agypten, Algerien, Tunesien, Katar etc.) hat er diese Form vorgeschlagen. Hier gibt Erdogan ein Interview in einem arabischen TV Sender, wo er die Trennung von Staat und Religion ganz klar vertritt (siehe Video).

https://www.youtube.com/watch?v=pHzNrbdCbaI

Bild zum Beitrag

 - (Politik, Türkei, reich)
AnoInfo  27.07.2018, 00:18

Politisch gesehen: Die CHP ist stolz auf die Werke Atatürks, die MHP ist stolz auf die osmanische Vergangenheit, die HDP ist gegen Atatürk, die AKP, also die Mehrheit der Türken, hat von allem ein bischen und erinnert auch an die Ur-Türken von Altay (Ergenekon-Legende).

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Kexan 
Fragesteller
 27.07.2018, 02:56

Naja aber die Richter gehören alle Erdogan und dank dem Referendum kann er doch jetzt Gesetzte ändern und die Verfassung ändern ohne das darüber abgestimmt werden muss. Ja die Sharia ist blöd das meinste ich auch nicht. Aber viele Türken nennen ihn doch schon Führer

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AnoInfo  27.07.2018, 18:45
@Kexan

Die Richter gehören nicht dem Präsidenten, denn im Artikel 1 der neuen Verfassung (Präsidialdemokratie) wurde die Judikative als unparteiisch und unabhängig erklärt. Denn früher konnte der Präsident die meisten Mitglieder in den Richterrat wählen. Heute sind es nur noch 4 von allen 13 Richter. Die übrigen wählt das Parlament. So läuft das auch in Deutschland. Deshalb gehören die Richter auch nicht dem Bundespräsidenten oder dem Bundes- Parlament.

Und Gesetze kann Erdogan zwar vorschlagen, denn jedes von ihm gestellte Gesetzt wird dem Grundgesetz gegenübergestellt und erst angenommen, wenn die Grundrechte der Verfassung nicht verletzt werden. Das ist ein optimales politisches System für eine Regierung dank der Gewaltenteilung. Siehe auf dem Shema "politisches System der Türkei".

Natürlich nennen ihn viele Führer. Denn er vertritt das Volk ja auch wie eine Führungsperson. So lernt man in Führungskursen auch, dass man sich für sein Team einsetzt und die Ungerechtigkeit erkennt und die Übeltäter zitiert. So lernt man das, wenn man Führung- und Management Schulungen absolviert. Daher ist das Vorgehen der türkischen Regierung vorbildhaft. Das wünschten sich viele andere Länder auch.

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Könnte er vermutlich schon, innenpolitisch dürfte er im Moment genug Macht zu sowas haben. Ob es allerdings klug wäre das zu tun ist sehr fraglich.

  1. Würde der gesammte Mittelmeerraum das als Provokation auffassen, denn es würde ja mölicherweise Gebietsansprüche bis kurz vor Wien und hinter Algier und Assuan etc. beeinhalten.
  2. Ist schwer vorstellbar, dass die Bevölkerung der Türkei es sich gefallen lassen wüde sich heute Gesetze aufzwingen zu lassen, die schon den Leuten vor 100 Jahren zu reaktionär waren.

Insofern unrealistisch, es sei denn er ist noch weit wahnsinniger als ich mir das vorstelle und plant seinen politischen Suizid. Den könnte er aber auch einfacher herbei führen, z.B. in dem er den USA den Krieg erklärt oder sowas.

Das sind Nationalisten-Träume.Erdogan hat nur etwas mehr als die Hälfte der Stimmen bekommen.Frage mal die , die in den Gefängnissen sitzen oder die Zehntausenden die aus dem Dienst entlassen wurden, als Folge der Säuberungsaktionen in der Türkei.Allerdings: jedes Land hat den Herrscher und die Regierungsform , die zu ihm passen.Wir in Deutschland haben übertriebenen Nationalismus und Fanatismus erlebt, der in die Katastrophe geführt hat.Wer hier lebt und lieber in die Türkei möchte, sollte das unbedingt tun.Denn wir Deutschen wollen hier Menschen haben, die eine Demokratie zu schätzen wissen.

CemoScaletta  12.08.2018, 17:55

Die Leute im Knast sind Landesverräter das Osmanische Reich wird zurückkehren ob du es glaubst oder nicht wirst es schon sehen.

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Nein, für ein Sultanat ist kein Platz, das würde das Militär nicht hinnehmen, denn das wäre eine totale Kehrtwende zu Kemal Atta Türk, dem Gründer der neueren Türkei. Ihm fühlen sich viele von ihnen verpflichtet.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Innerhalb meines Studiums hatte ich viel mit Politik z utun
Kexan 
Fragesteller
 26.07.2018, 17:46

Naja aber die Jungen Türken sehen das etwas anders. Ich bin Türke und mich juckt Attatürk überhaupt nicht. Vor Sultan Süleyman oder Sultan Mehmet habe ich viel mehr Respekt und würde mich verneigen.

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Gungrasshopper  26.07.2018, 18:01

Ich bezweifel, dass das Militär in der Türkei noch eine entsprechende Macht darstellt. Das Militär wurde von allen oppositionellen Kräften "gesäubert"!

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Beängstigendes Video! Erinnert doch sehr an Veranstaltungen der NSDAP, nur mit einem islamistischen Unterton!