Kaukasische sprachen leicht zu lernen?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich habe mich recht oberflächlich ein wenig mit Tschetschenisch befasst, die Sprache ist natürlich faszinierend, da sie völlig anders "funktioniert" als indoeuropäische Sprachen (und damit auch völlig anders als Russisch).

Sie ist agglutinierend (ähnlich wie Finnisch), hat zahlreiche Kasus, aber im Gegensatz zum Finnischen ist es keine Akkusativsprache, sondern (ähnlich wie Baskisch) eine Ergativsprache, die Rolle des Subjekts kann also zweierlei sein: ein absolutives Subjekt oder ein ergatives Subjekt (letzteres steht in einem transitiven Satz, also einem Satz mit direktem Objekt).

lom      uġuş      = der Löwe brüllte
loemanuo (...) (...) = der Löwe (frisst) (einen Hasen)

Weiter unten stehen lom (Löwe) und borz (Wolf, Wölfin) im Absolutiv.

nana  (Mutter)
nanoş (Mütter, Absolutiv)
nanoşa (Mütter, Ergativ)

xalkhanna, maxkana    nanoşa    (txo) qöllina.
der Nation, der Heimat die Mütter (uns) erzogen
(Dativ mit -na)

Unsere Mütter erzogen uns für die Nation und die Heimat.

da   (Vater)
dayş (Väter, Absolutiv)
dayşa (Väter, Ergativ)

tarxaş ṫeẋ doy ẋiyzo       dayşa txo jamiyna.
wilde Bullen zu zähmen die Väter uns lehrten

Unsere Väter lehrten uns, wilde Bullen zu zähmen.

tarxaş (Bullen, Absolutiv)

Büysanna borz exkaş dünençu devlla txo,
Jüyranna lom uġuş txaŋ ċeraş texkina.
Lailaha illAllah

Nachts als die Wölfin (borz) warf, wurden wir geboren.
Morgens als der Löwe (lom) brüllte, gab man uns unsere Namen.
(es gibt keinen Gott außer Allah, arabisch)

Ärzoniyŋ bannaşkaẋ nanoşka daqina,
Tarxaş ṫeẋ doy ẋiyzo dayşa txo jamiyna.
Lailaha illAllah

In Adlernestern zogen uns die Mütter auf.
Die Väter lehrten uns, wilde Bullen zu zähmen.
(es gibt ...)

Xalkhanna, Maxkana nanoşa qöllina,
Cärşinna eşnaçoẋ, mayra djahittina.
Lailaha illAllah

Unsere Mütter erzogen uns für die Nation und die Heimat.
Wenn unser Land ruft, sind wir bereit zu kämpfen.
(es gibt...)

ärzu (Adler)   > ärzoniyŋ   (Genitiv Plural, "der Adler")
bannaş (Nester) > bannaş-kaẋ (Lokalkasus, "in Nestern")

ärzoniyŋ bannaşkaẋ = in Adlernestern

Tschetschenisch ist weder mit Georgisch noch mit Abchasisch verständlich (3 unterschiedliche Sprachfamilien). Die nächste Sprache, die einigermaßen ähnlich ist, ist Inguschisch (in Inguschetien).

https://slaviccenters.duke.edu/sites/slaviccenters.duke.edu/files/file-attachments/chechen-grammar.original.pdf

Die Phonetik ähnelt eher den Turksprachen (hier besteht aber keine Verwandtschaft) und ist recht "sperrig" für europäische Ohren.


OlliBjoern  04.11.2019, 22:52

Typisch für agglutinierende Sprachen ist u.a. das weitgehende Fehlen von Präpositionen ("in", "als", "für" usw.). Es fehlen auch die Artikel (der/die/das).

Das "txo" (uns) wurde einmal weggelassen, da es aus dem Kontext klar war. Der Ergativ nanoşa steht dennoch in diesem Satz.

Txo kann aber auch "wir" (absolutiv) bedeuten. Das sieht man am Satz  

dünençu devlla txo (wir wurden geboren)

Der Satz ist nicht transitiv.

Zeitangaben stehen im Dativ (büysanna, jüyranna).

0
InvizimalGamer 
Fragesteller
 05.11.2019, 18:47
@OlliBjoern

Ok und kann msn mit tschetsch. Überhaupt kein abxhasisch verstehen und ist für deutsche tschetschenisch oder abxhasisch leichter oder georgisch , wie heißt hallo wie gehts dir auf tschetschenisch

1
OlliBjoern  05.11.2019, 23:20
@InvizimalGamer

Tschetschenisch:

Salam! (Frieden) kann man sagen anstelle von Hallo.

Wie geht es euch? Muxa du ġullakxaş? (x = ch wie in "ach", ş = sch)

Hier gibt es ein Wörterbuch (Tschetschenen verwenden eine Variante des kyrillischen Alphabets).

https://de.glosbe.com/de/ce/hallo

Ich denke, dass dies alles ähnlich schwierig zu lernen ist. Georgisch benutzt Mchedruli, ein eigenes Alphabet.

0
Keineahnung181  06.11.2019, 22:45

Doch wie lernt man Tschetschenisch wenn es sogut wie kein Lernmaterial gibt? :/

0

Die drei kaukasischen Sprachfamilien sind

  • Kartvelisch (südkaukasisch) — Georgisch und seine Satelliten
  • Pontisch (nordwestkaukasisch) — Kabardinisch, Cirkassisch, Abkhasisch etc.
  • Kaspisch (nordostkaukasisch) — Tschetschenisch, Inguschetisch, etc.

Die drei wurden wegen einiger gemeinsamer Merkmale in der Grammatik und Pho­ne­tik für eine natürliche Gruppe gehalten, aber heute glaubt das nimand mehr. Kart­velisch hat sicher nix mit den beiden anderen zu tun, und die Verwandtschaft zwi­schen Pon­tisch und Kaspisch ist bis heute nicht nachgewiesen, weil die Schrift­tradition in disem Eck der Welt nicht weit zurückgeht, und weil die Wurzeln meist ein­silbig sind und daher etwaige Laut­verschie­bun­gen schwierig zu rekonstruieren sind.

Diese Sprachen gelten alle als sehr schwierig, weil Phonetik und Grammatik wirklich komisch sind. Georgisch hat ein erstaunlich schwieriges Verbsystem, und Kabardi­nisch ist so abgefahren, daß man die Sprache für einen Scherz halten könnte. Zu­min­dest ist das mein Eindruck nach dem Lesen der Grammatik von Kuipers.

Für Sprecher einer kaukasischen Sprache sind die Vertreter aus derselben Familie wohl recht leicht zu lernen (so wie Englisch für uns), aber bei Sprachen aus den an­de­ren Fa­milien haben sie keine Vorteile mehr.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik