Kann man mit Experimenten von elektronischen Schaltungen was lernen?
8 Antworten
Kurz: Besorge dir einen alten Elektronik-Baukasten von Kosmos aus den 90ern (die heutigen taugen nix!). Da ist ein Buch bei, wo so Grundlagen gut beschrieben sind. Und wenn du den durch hast, baue auf das Wissen weiter auf.
Lang (wie ich es gemach habe xD)
Ich habe mir einige Bereiche der Elektrotechnik komplett selber angeeignet ohne dass ich einen Lehrer hatte.
Bin allerdings seeeehr früh gestartet xD
Mein allererster Berührungspunkt mit Strom war noch auf den Wickeltisch: Die Familie zog um in ein neues und ich wurde ein letztes Mal im alten Haus gewickelt. Da habe ich gesehen, dass an der Decke bereits die Deckenleuchte fehlte. Ich fragte von da an, was mit der Leuchte passiert ist und wie die Licht macht und so.
So richtig erklären konnte mir das keiner. Und verstanden habe ich es natürlich auch nicht - Ich habe ja noch in die Windel geballert. Mein Papa gab mir, weil ich hartnäckig blieb, eines Tages einen Karton voll altes Elektroinstallationsmaterial und einen Schraubenzieher. Ich habe damit öfter gespielt. Es war interessantes Spielzeug. Ich habe bei Papas Renovierungsarbeiten gesehen, dass Schalter und Steckdosen in etwas eingebaut, das ich für diese Fisher-Price-Stapelturmbecherchen hielt (Hohlwand-Schalterdose). Das habe ich mit meinen Becherchen nachgespielt - Ich habe da eine Schalter/Steckdosen-Kombi aus dieser Steckdosenkiste "eingebaut".
Als ich eingeschult wurde, habe ich stolz erzählt, was ich da für feines Spielzeug habe. Das gefiel der Lehrerin so gar nicht. Sie hat mich ausdrücklich davor gewarnt und mit meinen Eltern gesprochen. Ich hatte das Problem nicht verstanden. Ich wusste ja, dass ich den Schukostecker, den ich mit einem "Kabel" (Wollschnur) an mein Spielzeugbügeleisen gebastelt hatte, nicht in eine "echte" Steckdose stecken darf. Hab das auch nie versucht.
Irgendwann später fing ich an, das Konzept Strom und Licht wage zu verstehen. Ich hatte mit Batterien und Fahrradbirnchen so lange rumgetüftelt, bis ich eine funktionierende Ausschaltung hatte. Dann fiel mir auf, dass es im Haus Leuchten gibt, die über mehr als ein Lichtschalter bedient werden.
Wie das funktioniert, habe ich vom Nachbarn erfahren, der Elektrikermeister war. Übrig blieb die "seltsame" Schaltung mit ganz vielen Lichtschaltern, die im Flur der Schule war (es war eine kleine Förderschule auf dem Dorf). Mein Bauch sagte mir, dass diese anders funktioniert als alles, was ich bisher kannte. Ich habe jeden gefragt, ob jemand weiß, wie das funktioniert. Dann habe ich bei der Rumforscherei das Prinzip eines Relais eines Tages verstanden. Nachgelesen hatte ich darüber in einen Lexikon. Dann hatte ich mit eines aus einem alten Lautsprecher gebastelt. Leider habe ich diese Schaltung damit nicht hinbekommen, weil mir ein wesentliches Detail entgangen ist: Es hat eine rastende Funktion (Stromstoßrelais). Irgendwie hatte ich es dann geschafft, mir das aus einem Kugelschreiber zu basteln und dann hatte ich die letzte Installationsschaltung ebenfalls hinbekommen.
Nicht ganz - Ein Rätsel blieb übrig: Mit welcher Magie funktioniert eigentlich so ein Dimmer?
Das habe ich nicht rausfinden können und ich habe mich von der "groben" Welt der Elektroinstallation erstmal abgewendet und mich mit der feineren Welt der Elektronik beschäftigt: Wie funktioniert ein Radio? Oder ein Taschenrechner? Ich war nun so ungefähr 8 Jahre alt.
Zu Papis Frust habe ich den nächstbesten Taschenrechner zerlegt, den ich in die Finger bekam. was war mein Papa sauer...
Dann hatte ich zum Geburtstag so einen Elektrokasten von Kosmos bekommen. Diesen Kasten habe ich "gesuchtet". Hatte sehr schnell kapiert, wie die Grundbauteile funktionieren. Ich war der Meinung, das Rätsel des Dimmers gelöst zu haben, auch wenn ich falsch lag... Ich hatte ihn aus freien Stücken aufgebaut, wie ich geglaubt habe, wie es funktionieren könnte. Es hat funktioniert, aber nicht perfekt. Ich hatte einfach mit einem Taster einen Elko langsam geladen und mit dem anderen entladen. Mit Transistor habe ich ein Lämpchen drangebaut, das sich dimmen lies, aber es wurde mit der Zeit dunkler....
Durch die Tüftelei hatte ich das eine oder andere Teil zerstört. Eines Tages ging der Videorecorder im Wohnzimmer kaputt und ein neuer kam her. Mein Vater gab mir den alten und einen Lötkolben - Mein erstes Schlachtfest. Ich hatte wirklich jedes Teil von der Platine gelötet und mir dabei mehrmals die Flossen verbrannt. Ich habe mir das Löten durch Probieren selber beigebracht und die kurzen Beinchen mit Blumendraht (xD) verlängert und so hingebogen, dass die Teile im Experimentierkasten verwendet werden konnten.
Nur leider war nicht jedes dreibeinige schwarze Ding ein Transistor. Ich hatte mir eine Schaltung gebaut, mit der ich NPN-Transistoren identifizieren konnte. Alle anderen dreibeinigen Halbleiter hatte ich als unbekannte Magie nebenbei gelegt.
In der Schule hatte ich leider zu der Zeit gar nichts über Strom gelernt - Ich ging auf die Förderschule und Physik war im Lehrplan nicht enthalten.
Dann kam ich irgendwann nicht mehr weiter. Mir fehlte die Mathematik dahinter. Das ohmsche Gesetz war mir noch immer unbekannt.
Also habe ich mich nochmal mit der Elektroinstallation beschäftigt. Im Baumarkt, den ich mittlerweile allein besuchen konnte, gab es in der Elektroabteilung ein Buch über das Thema. Das kostete 15DM und das war das erste Buch, das ich mir selber gekauft habe.
Da war viel interessantes neues drin. Unter anderem das Multimeter war darin beschrieben. also sparte ich mir eines zusammen und habe es gekauft. Ich fing an, im Kosmos-Kasten rumzumessen.
Aber noch immer tapperte ich im Dunkeln: wie ist das mit Volt, Ampere und Widerstand?
Ich wusste: Ich brauche mehr Bücher! (zum Internet hatte ich kein Zugang und das steckte noch in den Kinderschuhen).
Bücher gab es in der Schule. Mit viel Nerven hat man mir einen alten Wälzer gegeben, der eigentlich für das Gymnasium gedacht ist. Dieses Buch lieferte viel wichtiges Wissen, u.a. ohmsches Gesetz, Widerstandsschaltungen uvm.
Ich fing an, die Elektronik zu verstehen.
Und ich hatte immer weiter gemacht. Damals hab es noch so eine Mathe- und Physiksendung im Fernsehen, die ich immer geguckt habe. Da wurde u.a. Drehstrom erklärt. Leider gibt es sowas heute nicht mehr im Fernsehen.
Irgendwann war die Förderschule zuende und ich habe die Hauptschule drangehängt. Durch diesen Umweg ist mir nur leider Physik, Biologie, Chemie und Erdkunde vollständig an mir vorbei gegangen.
Dann hab ich die Realschule auch noch hinten drangehängt. Hier durfte ich etwas schnuppern, aber nichts, was ich nicht schon vorher kannte... Langweilig!
Als ich den Abschluss hatte, habe ich das Gymnasium auch noch hinterhergeschoben. Aber auch da war ich der Schule in diesem Gebiet weit voraus.
Schulzeit zuende und berufliche Bahn als Informatiker eingeschlagen.
Das Hobby ist bis heute geblieben. Zum Beruf ist davon - abgesehen von Logikzeugs aus der Digitaltechnik - nichts geworden. Habe dank Internet viele Lücken schließen können und immer mal wieder komplexere Schaltungen aufgebaut, wie z.B. einen Audioverstärker.
Und drangeblieben, immer mal wieder was neues dazu gegoogelt (u.a. das übriggebliebene Ding mit dem Dimmer) und den Wissensstand immer weiter ausgebaut.
Man kann Elektronik gut nach Try&Error-Prinzip lernen. Wichtig ist nur, dass man dabei immer auf bastelsicheren Spannungen und Stromstärken bleibt (max. 12V bzw. 1A aus sicheren Spannungsquellen, die kurzschluss- und überlastsicher sind). Diese reichen im Grunde für alles relevante und zum Tüfteln völlig aus. Ich hatte damals z.B. den Trafo von der Modelleisenbahn benutzt xD.
Also Respekt erstmal. Allein von Förderschule auf Gymnasium zu kommen.
Aber sehr interessante Story.
Danke^^
Wieso sind die älteren Kosmos Experimentierkasten besser?
Weil diese Kästen für Kinder gedacht sind und die heutigen wirklich nur Kinderspielzeug mit bisschen Lernen als Nebeneffekt sind: Du steckst halt so kindgerechte Plastikmodule zusammen und dann blinkt hier und da ein Lämpchen und das wars. Das kann man nicht falsch machen, weil sie sich nicht falsch zusammenstecken lassen.
Sicher nicht das, was du möchtest. :)
Früher waren die Kosmos-Kästen ganz anders:
z.B. den hier:
https://saabel-buch.de/shop/item/4002051614416/kosmos-electronic-xn-3000
Die gingen wesentlich tiefer in die Materie und da kann auch ein jugendlicher oder erwachsener von lernen, waren aber trotzdem für Kinder geeignet.
Da hast du auch direkt "echte" Bauteile - So, wie sie in "Realität" außerhalb des Lernkastens auch aussehen. Und auch "echte" Schaltpläne mit Normsymbolen. Aber es war auch immer ein Bild drin, wie man die Teile stecken musste, wenn man mit den Schaltplänen (noch) nicht zurecht kommt.
Als erster Einstieg finde ich sowas perfekt, weil ich sowas hatte und es bei mir gut funktioniert hat. Später tauscht man das halt aus gegen ein Breadboard und hat dann zumindest schon einmal so ein Grundstock an Wissen bzw. Orientierung, um alleine weiterzukommen.
Da ist halt auch ein sehr gutes Buch dabei, was dich schritt für Schritt durchführt und gut erklärt und so.
Auf jeden Fall.
Allerdings erklären die Schaltungen selbst nichts darüber, wie Halbleiter funktionieren, nur dass sie es unter bestimmten Umständen tun. Da muss man dann doch etwas weiter in die Materie eintauchen und Fachbücher für Anfänger lesen.
Ich habe einst als Schüler zum Geburtstag einen Experimentierkasten von Philips geschenkt bekommen. Auch ich habe damals nicht alles verstanden und nur gesehen, dass die Schaltungen funktionierten. Aber die Thematik hat mich angesteckt und ich habe immer versucht, Elektrogeräte u.ä. zu reparieren oder habe eigene Stromkreise (natürlich mit Batterien) aufgebaut. Letztendlich habe ich dann auch eine Ausbildung zum Nachrichtengerätemechaniker gemacht und 20 Jahre lang Telefonanlagen und deren Module gebaut, geprüft und repariert.
Für Anfänger kann ich solche Bausätze nur empfehlen.
Ich habe in meiner Jugend durch die didaktisch sehr gut beschriebenen Experimente der Kosmos Experimentierkästen »Elektromann« und »Radiomann« die Grundlagen der Elektronik erlernt. Und weil mich interessiert hat, wie die Bauteile in ihrem Innersten funktionieren, bin ich zur Physik gekommen und habe schließlich im Grenzgebiet zwischen klassischer Physik, Chemie und Quantenphysik die Antworten gefunden, die ich gesucht habe.
Ja, Übung macht den Meister und aus Fehlern kann man super lernen. Man sollte aber natürlich trotzdem irgendwie wissen was man tut.
Wenn ich dran denke was ich schon so alles gegrillt habe und wo ich schon so eine gewischt bekommen hab bin ich trotzdem dankbar für all diese Erfahrungen.
Sowas bringt einem einfach unglaublich viel :P
Experimente sind EXTREM wichtig - sogar notwendig, um das Verständnis für die zu messenden (zu beobachtenden) Effekte zu verstehen und zu erklären.
Also Respekt erstmal. Allein von Förderschule auf Gymnasium zu kommen.
Aber sehr interessante Story.
Aber kurz noch ne Frage.
Wieso sind die älteren Kosmos Experimentierkasten besser?