joseph von eichendorff- trauriger winter?

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Ich liebe Eichendorff, der meines Erachtens einige der schönsten Gedichte der deutschen Literaturgeschichte geschrieben hat. Aber gerade dieses Gedicht von ihm gehört eher zu den schwächeren.

Er klagt darüber, dass die Stellen, an denen er tiefe Rührung erfahren hat, nun Orte des "Abschieds" geworden sind. Dann springt er zu Menschen, die aus der Traurigkeit des Abschieds noch Freude ziehen, dann klagt er, dass er niemals eine Liebe gefunden hat, die ihm Ruhe geschenkt hat, dann springt er wieder zu dem Klischee zurück, dass er die Erinnerung an den Frühling bewahren will, bis er wiederkehrt. Das ganze ist schon etwas beliebig und thematisch wenig stringent.

Das Gedicht hält in keiner Weise den Vergleich z.B. zu seinem genialen "Es war, als hätt der Himmel die Erde still geküsst...." aus.

Auch seine Gedichte über die fahrenden Gesellen, in denen er beeindruckende visuelle und akustische Betrachtungsräume aufreißt, sind um Klassen besser.

Aber was soll's! Wenn er auch nichts weiter geschrieben hätte als – sagen wir – seine drei schönsten Gedichte, sichert ihm das bereits einen Platz im poetischen Walhall.

Das ist manchmal so, bei Hölderlin entschädigt einen z.B. das eine kurze Gedicht "Hälfte des Lebens" für viele seiner zum Teil unerträglichen Oden. Und bei Brentano reicht das Gedicht "Eingang", um ihn unsterblich zu machen, viele seiner religiös gefärbten späten Gedichte kann man dagegen getrost in die Tonne treten.

Auf dem Podest ist nicht Platz für alles, was Deutschlehrer als gut preisen.

Riverside85  01.02.2016, 15:37

Ich liebe Eichendorff, der meines Erachtens einige der schönsten Gedichte der deutschen Literaturgeschichte geschrieben hat. Aber gerade dieses Gedicht von ihm gehört eher zu den schwächeren.

Genau das waren auch meine Gedanken. Es gibt so viel besseres von Eichendorff. Aber kaum ein Dichter hat nur "Meisterwerke" verfaßt. Ich liebe ja u.a. auch vieles von William Blake - aber mit einigen seiner zu religiös-mythischen Werke kann ich persönlich auch wenig anfangen. 

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