joseph von eichendorff- trauriger winter?
hallo, kann mir jemand verraten um was es in diesem sonett geht ?
Trauriger Winter
Nun ziehen Nebel, falbe Blätter fallen,
Öd alle Stellen, die uns oft entzücket!
Und noch einmal tief' Rührung uns beglücket,
Wie aus der Flucht die Abschiedslieder schallen.
Wohl manchem blüht aus solchem Tod Gefallen:
Daß er nun eng ans blühnde Herz gedrücket,
Von roten Lippen holdre Sträuße pflücket
Als Lenz je beut mit Wäldern, Wiesen allen.
Mir sagte niemals ihrer Augen Bläue:
"Ruh auch aus! Willst du ewig sinnen?"
Und einsam sah ich so den Sommer fahren.
So will ich tief des Lenzes Blüte wahren,
Und mit Erinnern zaubrisch mich umspinnen,
Bis ich nach langem Traum erwach im Maie.
1 Antwort
Ich liebe Eichendorff, der meines Erachtens einige der schönsten Gedichte der deutschen Literaturgeschichte geschrieben hat. Aber gerade dieses Gedicht von ihm gehört eher zu den schwächeren.
Er klagt darüber, dass die Stellen, an denen er tiefe Rührung erfahren hat, nun Orte des "Abschieds" geworden sind. Dann springt er zu Menschen, die aus der Traurigkeit des Abschieds noch Freude ziehen, dann klagt er, dass er niemals eine Liebe gefunden hat, die ihm Ruhe geschenkt hat, dann springt er wieder zu dem Klischee zurück, dass er die Erinnerung an den Frühling bewahren will, bis er wiederkehrt. Das ganze ist schon etwas beliebig und thematisch wenig stringent.
Das Gedicht hält in keiner Weise den Vergleich z.B. zu seinem genialen "Es war, als hätt der Himmel die Erde still geküsst...." aus.
Auch seine Gedichte über die fahrenden Gesellen, in denen er beeindruckende visuelle und akustische Betrachtungsräume aufreißt, sind um Klassen besser.
Aber was soll's! Wenn er auch nichts weiter geschrieben hätte als – sagen wir – seine drei schönsten Gedichte, sichert ihm das bereits einen Platz im poetischen Walhall.
Das ist manchmal so, bei Hölderlin entschädigt einen z.B. das eine kurze Gedicht "Hälfte des Lebens" für viele seiner zum Teil unerträglichen Oden. Und bei Brentano reicht das Gedicht "Eingang", um ihn unsterblich zu machen, viele seiner religiös gefärbten späten Gedichte kann man dagegen getrost in die Tonne treten.
Auf dem Podest ist nicht Platz für alles, was Deutschlehrer als gut preisen.
Ich liebe Eichendorff, der meines Erachtens einige der schönsten Gedichte der deutschen Literaturgeschichte geschrieben hat. Aber gerade dieses Gedicht von ihm gehört eher zu den schwächeren.
Genau das waren auch meine Gedanken. Es gibt so viel besseres von Eichendorff. Aber kaum ein Dichter hat nur "Meisterwerke" verfaßt. Ich liebe ja u.a. auch vieles von William Blake - aber mit einigen seiner zu religiös-mythischen Werke kann ich persönlich auch wenig anfangen.