Ist eine Fernfreundschaft mit einem Autisten möglich?

4 Antworten

Ja, wenn man sich vom Wesen her versteht, warum nicht. Bei Freundschaft geht es ja um die Gemeinsamkeiten, die gemeinsamen Werte und Interessen, dass man sich liebt (nicht sexuell, versteht sich), respektiert, akzeptiert, man ehrlich ist, sich vertraut. Dass man füreinander da ist.

Spaß haben sicher auch- aber wenn man nur jemanden zum Shoppen braucht oder als Begleitung ins Kino, in einen Pub, in den Urlaub (weil manche Nichtautisten sowas alleine nicht können), das kann man auch mit seinen nicht-autistischen Freunden ausleben. Zu viele solcher Interaktionen schaffe ich kräftemäßig nicht, da viele stressig und laut sind. An vielen Dingen habe ich auch kein Interesse und wenn es nicht nur Zeit und Kraft kostet und viele Menschen da sind- sondern auch noch Geld kostet (so viel hab ich nicht zur Verfügung), geh ich auch nicht aus Solidarität mit. Ich "opfere" mich nicht, nur weil jemand was nicht alleine kann. Wenn mich z.B. ein Film nicht interessiert, sollen Personen aus meinem Umfeld andere fragen, ob sie mitgehen.

Ich habe solche Freundschaften. Meine Freundin wohnt in Mannheim, ich am südwestlichen Ende von Thüringen. Wir schreiben ab und an und sehen uns, wenn möglich, 1-2x im Jahr. Monentan sind wir noch in der Planung, sie besucht mich in der ersten Urlaubswoche. Entweder fahren wir zu ihr und verbringen Freitag-Sonntag in Mannheim und fahren dann mit ihr zu uns und fährt dann mit dem Zug wieder heim, oder sie kommt mit dem Zug und wir fahren sie heim und sind ein paar Tage bei ihr in der Großstadt. Mehrstöckige Buchläden sind toll ^^ (ich wohne auf dem Dorf, der Laden in der Nachbarstadt ist klein) und die fremdländische Küche mag ich (persisch, afrikanisch, arabisch, ...). Sie schätzt die ruhe auf dem Dorf, so sind die wenigen Tage schöne Urlaube für uns.

Ich melde mich jedoch weniger bei meinen Freunden, nicht, weil ich keinen Bock auf sie habe, sondern weil ich die Zeit nicht habe. Melden sie sich, bin ich für sie da. Vor allem, wenn es um Probleme geht. Aber ich schreibe nicht regelmäßig alle an und betreibe Smalltalk, wie es denen geht oder schwätze über Belangloses wie anderer Leute Kleidung oder sowas. Das liegt u.a. an meinen Routinen. Nach der arbeit (Vollzeit) hab ich meist Termine (ich lege Arzttermine auf die Zeit nach Feierabend) oder geh einkaufen- danach bin ich erschöpft. Dann ruhe ich aus, habe im Haushalt und Garten zu tun, koche. Abends zu unbestimmter Zeit kommt mein Freund heim (ist selbstständig). Danach folgt unsere Routine. Kochen, essen, etwas Ordnung in der Küche schaffen und zeitnah zu Bett gehen, da mein Wecker wegen der Arbeit um 04:45 Uhr klingelt. Ich bin zusätzlich in einer Online-Selbsthilfegruppe tätig, was auch Zeit kostet. Wenn Freunde also Kontakt zu mir wollen und brauchen, müssen die sich melden. Ich schreibe ihnen nur selten. Meist, wenn was Wichtiges los war. Aber ich kann nicht jeden immerzu anrufen und nur so daherschwatzen, wie es dem geht, denn aus solchen Unterhaltungen werden oft lange Gespräche und das bringt mich durcheinander, vor allem, weil ach telefonieren stressig ist.

Ich bin Autistin habe 3 Freundschaften im nahen Umfeld und 2 Internetfreunde. Also klar geht das.

Natürlich, übrigens sind manche auch in Beziehung bzw. Verheiratet