Ist ein Paket von der Post mit Aufkleber eine Urkunde i.S.d. § 267 I StGB?

DasOrakel  31.05.2025, 10:24

Der Paragraph betrifft Urkundenfälschung.

Was wurde gefälscht?

Luisa343 
Beitragsersteller
 31.05.2025, 10:47

Ein falscher Aufkleber auf einem Paket.

DasOrakel  31.05.2025, 10:48

Was bedeutet falscher Aufkleber?

Eine falsche Adresse?

Etwas genauer bitte ...

Luisa343 
Beitragsersteller
 31.05.2025, 11:03

Eine fiktive Empfängeradresse und der Vermerk, dass es vom Goldversand kommt, was nicht stimmt

2 Antworten

Gesetzliche Grundlage – § 267 Abs. 1 StGB (Urkundenfälschung)

„Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

 Voraussetzungen: Urkunde, Unechtheit oder Verfälschung, Täuschungsabsicht im Rechtsverkehr

1. Was ist eine Urkunde im Sinne des § 267 StGB?

Nach ständiger Definition (vgl. Fischer, § 267 Rn. 2 ff.):

Eine Urkunde ist eine:

  • körperliche,
  • verkörperte Gedankenerklärung, die
  • zum Beweis im Rechtsverkehr bestimmt und geeignet ist,
  • einen Aussteller erkennen lässt.

2. Ist ein Paket mit Aufkleber eine Urkunde?

Ein Paketaufkleber (z. B. DHL, Hermes) enthält typischerweise:

  • Empfängername und -adresse,
  • Absenderdaten,
  • Sendungsnummer,
  • ggf. Barcode, QR-Code,
  • Datum, Filiale, Logo,
  • Gewicht, Porto, ggf. Bezahlt-Vermerk.

Variante A: Der Aufkleber selbst als Urkunde

Ja, ein Paketaufkleber kann eine Urkunde sein, wenn:

  • er eine Beweiserklärung enthält, z. B.:
  • Wer hat das Paket verschickt?
  • An wen ist es adressiert?
  • Wann und wo wurde es eingeliefert?
  • er einem bestimmten Aussteller zugeordnet werden kann (z. B. DHL-Logo + Filiale + Datum).
  • er im Rechtsverkehr als Beweismittel verwendet wird (z. B. bei Versandnachweisen, Rücksendungen, strafbaren Inhalten).

→ Ergebnis: In vielen Fällen erfüllt der Paketaufkleber alle Urkundenvoraussetzungen.

3. Zusammengesetzte Urkunde?

Definition (Fischer § 267 Rn. 14):

Eine zusammengesetzte Urkunde besteht aus einer körperlich verbundenen Kombination von Erklärungsträger (Text), Bezugsobjekt und der erkennbaren Zuordnung beider Teile.

 Beispiel: Paketaufkleber + Paket

  • Der Aufkleber ist die Erklärung.
  • Das Paket ist der Bezugskörper.
  • Die Verbindung erfolgt durch physisches Aufkleben.

→ Ergebnis: Ja, ein Paket mit Aufkleber ist eine zusammengesetzte Urkunde.

 4. Fälschungsvarianten in der Praxis

🔸 Variante 1: Paket mit gefälschtem Absender

 Wenn jemand absichtlich einen falschen Absender oder Empfänger angibt, um z. B. sich selbst ein Paket zuzusenden und etwas zu verschleiern → unechte Urkunde.

🔸 Variante 2: Versandetikett selbst generiert (ohne Zahlung)

Nutzung eines selbst erstellten Aufklebers mit gefälschter Frankierung oder DHL-Logo → Herstellung einer unechten Urkunde.

🔸 Variante 3: Paket wird manipuliert, um falsche Zustellung zu beweisen

 z. B. Sendung als "zugestellt" markiert, obwohl nie versendet → kann Urkundenfälschung oder mittelbare Täuschung sein.

Rechtsprechung

  • BGHSt 39, 1 – Auch maschinell erzeugte Paketmarken können Urkunden sein, wenn sie Beweisfunktion übernehmen.
  • OLG Köln NJW 1996, 2339 – Fälschung von Versandetiketten mit DHL-Logo = Urkundenfälschung.
  • AG Hannover, Urt. v. 24.10.2005 – 222 Ds 327/05 – manipulierter Paketaufkleber war Urkunde, da Rückschluss auf Aufgabezeit und -ort ermöglicht wurde.

5. Wann keine Urkunde vorliegt?

  • Reine Transportverpackung ohne Textkeine Erklärung, keine Urkunde
  • Aufkleber mit Fantasie-Design ohne Bezug zur echten Versandfirma → evtl. kein Aussteller identifizierbar → keine Urkunde
  • Privates Paket mit Zetteln („Vorsicht Glas!“)nur Sachangabe, keine Gedankenerklärung mit Beweisfunktion
Woher ich das weiß:Recherche