Ich verstehe keine Literarischen Texte?

4 Antworten

Ich würde grundsätzlich einen Dramentext bevorzugen. Du hast den Vorteil, dass

  • du keinen zusätzlichen Erzähler hast, allerdings deutlich hinweisende Regieanweisungen.
  • eher weniger rhetorische Stilmittel anwenden musst, da die Figuren vorwiegend natürlich sprechen.
  • meist zwei Figuren einen Konflikt mit entgegengesetzten Werten austragen, d.h. die Figuren sprechen nicht nur für sich, sondern beleuchten sich indirekt auch gegenseitig.
  • anstelle von Inhaltsangaben, die bei viel Handlung nötig sind, meist Sinnabschnitte über einzelne Gesprächsthemen (mit Zeilenangaben) ausreichen.
  • Ein Dramentext gilt allgemein als schwieriger, obwohl er das nicht unbedingt ist. Sachtexte zu erfassen und mit Synonymen auf höherer Abstraktionsebene wiederzugeben ist eigentlich riskanter, obwohl es heißt, dies sei nur Reproduktion.

Du musst allerdings wegen der Komplexität den Dramentext mehrfach lesen und über einige psychologische und sonstige abstrakte Begriffe (Tradition-Emanzipation, Ehre-Liebe etc.) verfügen. Das kann man durch Sekundärliteratur gut trainieren.

In der Klausur ist es hilfreich, Unterstreichungen in mehreren Farben vorzunehmen und Randbemerkungen über Sachverhalte und Gefühle hinzuzufügen.

Wir können nicht wissen, ob du einfach ungeübt bist oder psychische Besonderheiten wie Autismus hast, was das Interpretieren erschweren kann. Für manche Menschen ist es einfach schwer, sich in die Gefühlswelt anderer hineinzuversetzen, besonders, wenn sie recht ichbezogen leben.

Versuche, Abschnitt für Abschnitt zusammenzufassen: Was wird beschrieben? Warum passiert das gerade? Kann man das vom konkreten Geschehen abgesehen verallgemeinern?

Beispiel:

  1. Jemand weint.
  2. Weil jemand traurig ist.
  3. konkret: Liebeskummer. Ursache: Enttäuschung.
  4. Interpretation des Abschnitts: Die Protagonistin hatte etwas anderes erwartet und ist nun enttäuscht darüber, dass es nicht eintritt.

Nun hängt es vom Thema ab, ob man das noch mehr verallgemeinern sollte. Steht die Hauptperson stellvertretend für etwas größeres? Steht eine junge Frau stellvertretend für die Freiheit oder die Emanzipation? Steht der Teufel für die Versuchung, Schwäche und Laster? Dann kann die Interpretation politische Dimensionen annehmen.

Wenn du nicht wild spekulierst, sondern Absatz für Absatz vorgehst, kannst du nicht schief liegen.

Vielleicht hilft es, wenn du dir einen Klassiker zur Hand nimmst und parallel Interpretationshilfen/Textanalysen/Lektürehilfen dazu liest. Diese kann man kaufen.

Dann entwickelst du über kurz oder lang ein Verständnis, wie du vorgehen musst.

Oder du nimmst dir für den Anfang eine einfache Fabel vor.

Übung macht den Meister.

Du musst anfangen Geschichten zu lesen, wenn du sie verstehen willst. Fang mit einfacher Lektüre an. Kurzgeschichten, Jugendbücher... Finde heraus, was dich interessiert und arbeite dich weiter vor.

Oder wiederhole die Bücher, welche du in Unter- und Mittelstufe gelesen hast; zusammen mit den entsprechenden Aufgaben und Klausuren. Aber: erwarte keine Wunder. Belletristik zu analysieren und auseinander zu nehmen ist schwer, wenn du so gar keinen Zugang dazu hast, wie Geschichten aufgebaut sind und wie Bildsprache funktionieren.