Ich komme nicht über mein damaliges Mobbing hinweg?

2 Antworten

Schwieriges Thema. Ich kann das durchaus nachvollziehen. Ich wurde in der Grundschule gemobbt, danach bis zum Alter von 14 Jahren. In der Oberstufe war ich zwar nicht die Beliebteste, aber ich hatte Freunde, und die anderen ließen mich in Ruhe.

Ob Mobbing einen psychisch traumatisiert? Natürlich. Bei mir dauerte es 10 Jahre, bis ich darüber hinweg war. Allerdings bin ich jetzt 40 und die Mobbingerfahrungen sind für mich nur noch Erinnerungen.

Mir hat der Satz meiner damaligen Psychologin geholfen: "Ich glaube, dass Sie aggressionsgehemmt sind." Ja, war ich. Definitiv. Ich war schüchtern. Rothaarig. Mollig. Rothaarig und mollig begünstigten natürlich das Mobbing, wobei ich glaube, dass die wahre Ursache in meiner Schüchternheit lag. Und weil mein Vater mich in meiner frühen Kindheit dauernd gehänselt hat (es sei ihm verziehen, du wusstest es nicht besser, und ich hab dich lieb, Papa). Und meine Mutter eine durch und durch ängstliche Person war (auch an dich ein Bussi, Mama. Alles verjährt und vergeben).

Was ich damit sagen will: Von meiner Prägung her war ich das perfekte Mobbing-Opfer. Gibt es nicht? Mobbing kann jeden treffen? Ja. Kann. Aber manche trifft es immer und überall (da nützt ein Schulwechsel nichts), andere häufiger, und manche selten, manche nie.

In meiner Therapie habe ich angefangen, mich selbst zu analysieren, alte, in der frühen Kindheit erlernte Verhaltensmuster aufzulösen und Strategien zu entwickeln, mich gegen das Mobbing zu wehren. Das ist nicht einfach und braucht Jahre. Man muss viel Geduld aufbringen.

Ich habe gelernt, den Schmerz zu spüren, ihn anzunehmen. Und auch meine Wut zuzulassen. Mich nicht für meine Rachegedanken zu schämen.

"Ich glaube, dass Sie aggressionsgehemmt sind."

Was, wenn du deine Aggressionen annimmst? Willst du die Mädels "F0tze" schimpfen, wie sie es bei dir taten? Willst du sie schlagen, hören, wie sie um Gnade winseln? Nicht, dass du das in der Realität tust. Es reicht vollkommen, sich das insgeheim vorzustellen. Rachegedanken sind schlecht? Nein. Vergiss es. Rachegedanken machen dich stärker, solange sie nicht überhand nehmen und dich nur noch in die Negativität treiben. Hier ist es wichtig, eine Grenze zu kennen, die man nicht überschreiten soll.

Ich habe diese Rachegedanken damals zugelassen. Alles gipfelte sich in einem Ereignis, an das ich mich noch heute lebhaft erinnere. Ich war 21. Ein Mädel, körperlich stärker als ich, hat mich blöd angemacht. Ich habe sie nicht gekannt, sie mich auch nicht. Sie war in einer Gruppe, ich allein. Ich hätte einfach weitergehen können, aber meine damalige Wut über das Mobbing in der Schule hat mich dazu gebracht, ihr eine reinzuhauen. Die Schlägerei sah anfangs nicht gut aus für mich. Aber egal, wie hart sie mich trat (die anderen haben nicht mitgemacht, nur gebannt zugeschaut), ich stand immer wieder auf, weil ich so voller Zorn war. Ich konnte nicht anders, der körperliche Schmerz war mir egal. Und dann habe ich angefangen, ihr die Kleider vom Leib zu reißen. Das hat sie so verunsichert, dass letztendlich sie es war, die aufgehört hat.

Ich will hier keine Gewalt propagieren. Irgendwann sieht man das alles differenzierter und kann sich subtiler wehren. Da reicht oft schön ein böser Blick, um andere zu verunsichern. Auch das kannst du üben. Sieh deinem Mobber direkt in die Augen und vermittle ihm nonverbal deine Wut, deine "dunkle Seite". Viele Menschen irritiert das, schüchtert es ein.

Als ich jung war, verinnerlichte ich den Satz "Hass kann einen zur Liebe führen". Das war dann auch so. Irgendwann verpuffte der Zorn. Irgendwann war das Mobbing für mich nur noch Erinnerung, mit der ich keine Emotionen mehr verband. Ich habe all meinen Mobbern vergeben und sie sind mir gleichgültig geworden. Und Menschen in mein Leben gelassen, denen ich vertrauen kann.

In den sozialen Medien gestaltet sich das Szenario schwieriger. Wir hatten damals kein Social Media. Hier würde ich dir raten, dir eine Auszeit zu nehmen. Dich eine Zeit lang auszulinken, bis du dich stark genug fühlst, um wieder einzusteigen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Laura123789  30.03.2023, 22:26

Liebe Lucax,

ich bin es nochmals. Ich hoffe, dich nicht verschreckt zu haben mit meinem Beitrag. Ich bin keine Psychologin. Alles, was ich will, ist dir und anderen Gemobbten Mut zu machen. Vielleicht habe ich das nicht auf die beste und einfühlsamste Weise herübergebracht, indem ich euch meine Geschichte erzählte. Sie ist eben nur meine Geschichte und ich neige zur Eskalation. Mich als damals junge Frau mit Stärkeren anlegen zu wollen, um meine Mobbingerfahrungen zu bewältigen, hat mir naturgemäß in meinem Leben viele Schläge eingebracht. Und ich will niemandem raten, dasselbe zu tun. Zumal es für andere gar nicht der richtige Weg ist.

Den richtigen Weg musst du für dich selbst finden. Andere können dir raten, aber was du davon annimmst, ist deine Entscheidung.

Jeder reagiert auf Mobbing anders. Manche Mobbing-Opfer veröffentlichen Youtube-Videos, wo sie offen über ihre Gefühle und stattgefundenen Verletzungen sprechen. Wenn ihnen das therapeutisch hilft, ist es gut, obwohl ich das selbst niemals machen würde. Denn es klebt im Internet fest. Du kriegst es nicht mehr heraus, sobald das Video geteilt wurde, auch wenn du es vielleicht nachher bereust. Auf der anderen Seite können diejenigen, die sich outen, sicher vielen anderen damit helfen und ihnen vermitteln, dass sie in ihrem Schmerz nicht allein sind..

Doch ich versuche, dir aus meiner Perspektive zu helfen. Anders kann ich es nicht.

Was du erlebst, ist nicht gesund: dass du nicht mehr ausgehen kannst, ohne Angst vor diesen Mädels zu haben. Das solltest du dringend ändern, es schränkt dich ja total ein. Nimm deine Angst an und gehe trotzdem raus. Stell dich deiner Angst, versuche nicht, sie herunterzuspielen, sondern akzeptiere, dass du durch die Hölle gegangen bist, dass du in die Abgründe der Menschheit geblickt hast - und überlebt hast, stärker aus deinem Martyrium hervorgegangen bist.

Mobber sind auch nur Menschen mit Schwächen, Probleme und Unsicherheiten. Sonst hätten sie es nicht nötig zu mobben. Wenn du deine Mobber bezwingen willst - und sei es nur gedanklich, das reicht völlig - dann stell dir ein Szenario vor, in dem du gegen sie gewinnst. Vorstellen kann man sich alles. Und die Vorstellung zuzulassen, ändert etwas in dir. Glaube mir - sie macht dich selbstbewusster. Du erkennst, dass es anders laufen könnte, und es eröffnen sich dir dadurch neue Wege, neue Perspektiven. Du machst damit den ersten Schritt, deine alten, festgefahrenen Verhaltensmuster als wehrloses Mobbingopfer zu durchbrechen.

Du kennst diese Mädels aus dem Jugendalter. Wo also liegen ihre Schwächen? Oft kann man bereits am Profil auf Social Media erkennen, wo ein Mensch seine Schwächen hat. Und dort hake ein, sofern sie dich wieder belästigen..

Angenommen, eine deine Mobberinnen wäre sehr attraktiv und hätte ständig wechselnde Partner. Dann könnte es ihr Schwachpunkt sein, dass sie das Gefühl hat, nicht um ihrer selbst willen geliebt zu werden, sondern nur wegen ihres Aussehens begehrt zu werden. Wenn du weißt, dass es so ist, hast du einen Angriffspunkt: Du könntest du ihr unterstellen, dass sie in ihrer Oberflächlichkeit keinen Mann finden kann, der es ernst mit ihr meint, dass sie immer nur die schnelle Affäre sein wird. Kein Mann wird sie jemals wahrhaft lieben. Glaube mir, eine solche Aussage sitzt. Auch wenn sie falsch ist und sie Jahre später den richtigen Mann finden wird, ist das im Moment egal. Du willst und musst dich von deiner Mobberin abgrenzen. Ja, diese Art, sie zu verletzen, ist perfide. Aber auf diese Weise wirst du sie dazu bringen, dich in Ruhe zu lassen.

Menschenkenntnis. Entwickle ein Gespür dafür, welche Menschen es gut mit dir meinen und welche dir Schlechtes wollen. Das heißt erst einmal Rückzug. Beobachten. Auf den Instinkt hören, aufs Bauchgefühl. Langsam entwickelst du ein Gespür für die Stärke und Schwächen der anderen. Ob sie dir zugeneigt oder abgeneigt sind. Und dann reagiere entsprechend darauf. Distanziere dich von denen, die es nicht gut mit dir meinen. Und freunde dich mit denen an, die dir wohlgesinnt sind.

Social Media fungiert immer mehr als geistiger Mülleimer sämtlicher User. Pandemie, Krieg, Wirtschaftskrise - die Leute kotzen in den Sozialen Medien ihren Frust heraus, teils berechtigt. Das führt zu Streitereien und zu Cybermobbing. Es trifft die Cyberopfer härter als die Mobbingopfer in der Realen Welt, weil jeder mitlesen kann. und weil man übers Internet der Person, die man verletzt, nicht in die Augen schaut. Aber auch den Mobbern gibt ihr Verhalten nur temporär ein Gefühl der Macht. Mobben bedeutet, ständig negativen Energien ausgesetzt zu sein - und das macht auf längere Sicht alles andere als glücklich. Da Social Media dank unserer heutigen Zeitqualität zu einem Schlachtfeld mutiert ist, habe ich beschlossen, mir eine Auszeit von Facebook zu nehmen und habe mein Profil deaktiviert.

Liebe Grüße & viel Kraft,

Laura

0
Vlt kennt jemand eine gute Überwältigungsstrategie oder eine gute Ablenkung,…

Die Überwältigungsstrategie heißt Umwandlung ,…

Klasse, wunderbar, göttlich ist es, Hass in Liebe zu verwandeln.

Das kannst Du auch noch im nachhinein tun. Feindesliebe - Du erlöst das Thema damit für Dich und kommst seelisch einen gewaltigen Schritt weiter.

Du brauchst dabei auf niemanden zugehen oder sonst etwas tun, es genügt der gedankliche Wille negative Energie in Liebe umzuwandeln.