Hallo, ich habe gerade angefangen ein Buch zu schreiben, könnte man mir bitte ein paar Tipps geben?

Pseud000  29.11.2024, 18:13

Was genau hast du bereits getan für die Planung deines Buches? Oder hast du direkt drauf los geschrieben.

JulianMiklas 
Beitragsersteller
 29.11.2024, 18:39

Planung, ich dachte mir ich fang mal an mit schreiben, dann hab ich aber bemerkt, dass ich zuerst Ideen sammeln sollte diese ausführen, also Details hinzufügen, dann verknüpfen

3 Antworten

Die meisten Anfängerautoren machen meiner Meinung nach vor allem den Fehler, dass sie nicht bemerken, dass Schreiben am Ende ein Handwerk ist, welches man Erlernen muss. Daher kann man auch gefühlt unendlich viel dazu schreiben, wie man daran gehen kann und welche Fehler man vermeiden sollte. Meine zwei wichtigsten Tipps an dich sind daher: Probiere dich aus und erlaube es dir, Fehler zu machen. Niemand schreibt beim ersten Versuch gleich einen Bestseller.

Wie man ein Buch schreibt, kann man erstmal sehr unterschiedlich gestalten. Manche Schreiben drauflos, andere planen vorher. Manche planen viel, manche planen wenig. Manche schwören beim Planen auf Datenbänke, andere auf einen Zeitstrahl und wieder andere auf beides. Manche nutzen Block und Stift, andere Software, die extra für Autoren entwickelt wurde. Am Ende wirst du daher deinen eigenen Weg finden müssen, mit den Hilfsmitteln, die dir helfen. Du kannst dir dafür Inspiration von anderen holen - z.B. aus Schreibratgebern oder in Foren - mehr aber auch nicht.

Ich persönlich plane meine Geschichten vor dem Ausschreiben schon immer komplett durch. Das hat den Vorteil, dass ich schon bei der ersten Version einen roten Faden habe, der sich einmal komplett durchzieht. Beim Überarbeiten muss ich daher vor allem auf Formulierungen achten und kleinere Logikfehler korrigieren. Mir passiert es aber zum Beispiel nicht, dass ich am Anfang ein Magiesystem beschreibe, welches mir nach neunzig Seiten auf die Füße fällt, weil es mit dem Ende nicht zusammenpasst. Schreibt man sofort alles aus, muss man im Zweifel eben wesentlich mehr Arbeit in das Überarbeiten stecken.

Überarbeiten ist auch ein Thema, welches viele Anfängerautoren nicht so ganz wahrhaben wollen. Dabei gehört es zum normalen Schreibprozess dazu. Beim Schreiben schleichen sich einfach Fehler ein, wie unschöne Formulierungen oder ungenaue Beschreibungen. Um solche Dinge zu vermeiden, gehen Verlagsbücher vor der Veröffentlichung zum Lektor. Es ist häufig auch hilfreich, zwischen Überarbeiten und Ausschreiben etwas Zeit zu lassen, damit man nicht mehr betriebsblind ist. Gerade ungenaue Beschreibungen fallen einem eher auf, wenn man kein konkretes Bild mehr im Kopf hat.

Beim Ausschreiben fallen mir vor allem erstmal diese Anfängerfehler ein:

  • Der Grundsatz "Show, don't tell" wird nicht beachtet: Das bedeutet unterm Strich, dass du mir alles erzählen sollst, anstelle mir alles zu erklären. Ein Beispiel dafür wäre, dass jemand nur schreibt, A hat strenge Eltern, das allerdings nicht über die Handlung verdeutlicht.
  • Viel Handlung, viel wörtliche Rede, aber keine Beschreibungen: Ein Leser hat nicht mehr als deine Worte, um sich in der Geschichte zurechtzufinden. Damit er wirklich ins Buch eintauchen kann, sind Beschreibungen sehr wichtig, doch gerade mit denen tun sich die meisten Anfänger schwer. Personenbeschreibungen bestehen z.B. nur aus Alter, Augen- und Haarfarbe und Gefühle werden gar nicht erwähnt. Man muss auch nicht für jeden Mist fünf Seiten Beschreibung einfügen. Oft reichen auch schon kurze prägnante. Personen können zum Beispiel die immer schlechtgelaunte Gothicversion von Schneewittchen sein.
  • Rechtschreibung und Grammatik: Natürlich erwartet niemand, dass du ein paar hundert Seiten ganz ohne Fehler schreibst. Bei vielen Anfängerautoren, die sich auf Wattpad herumtreiben, findet man allerdings keine fehlerfreien Sätze. Man sollte die Sprache, in der man schreiben möchte, halbwegs beherrschen. Gegen Flüchtigkeitsfehler helfen Schreibprogramme mit Rechtschreib- und Grammatikkorrektur.

Ebenfalls findet man in Erstlingswerken häufig sehr platte Figuren. Das heißt, sie haben keine wirkliche Persönlichkeit, die man beispielsweise aus ihrer Art zu sprechen und zu handeln herauslesen kann. Die meisten würden zum Beispiel sagen, da sitzt ein blauer Papagei, während ein Ornithologe den Papageien als Blauaras identifiziert. Ein siebenjähriges Kind weiß vermutlich nicht, was ein Ornithologe ist, usw. Überlege dir daher, was für eine Persönlichkeit deine Figur haben soll, wie sie sich widerspiegelt und auch, was deine Figur geprägt haben könnte.

Das sind erstmal so die Anfängerfehler, die mir spontan einfallen. Aber wie gesagt, am Ende ist es nur die Spitze des Eisbergs und alles natürlich auch nur sehr oberflächlich beschrieben. Ich hoffe, es hilft dir trotzdem ein wenig Orientierung zu finden.

Falls du noch zu einem Punkt konkrete Fragen hast oder beim Schreibprozess ein Problem auftaucht, kannst du dich natürlich sehr gerne melden.


JulianMiklas 
Beitragsersteller
 30.11.2024, 18:09

Vielen Dank für deine ausführliche und hilfreiche Antwort, ich hoffe ich werde das berücksichtigen

Dakaria21  30.11.2024, 20:00
@JulianMiklas

Kein Problem.

Die meisten dieser Fehler sind einfach Übungssache. Es ist gut, wenn dir bewusst ist, worauf du achten solltest, aber vermeiden lassen sie sich einfach nicht. Deshalb ist halt das Wichtigste, sich im ersten Schritt bewusst zu machen, dass man Schreiben genauso wie z.B. eine Sportart erlernen muss. Dabei geht auch mal was in die Hose und das ist auch vollkommen in Ordnung.

Ich fasse mich etwas kürzer:

  • Es gibt verschiedene Arten von Autoren bzgl. Planung: Plotter, die sehr ausführlich alles Planen und teilweise am Ende nur noch die Story runterschreiben müssen), Pantser (die eher spontan schreiben, kaum planen und sich davon treiben lassen, was gerade am sinnvollsten erscheint) und Plantser (Eine Mischform: Man legt einiges im vorfeld fest und plant zentrale Twists, lässt den rest sich aber entwickeln). Du musst herausfinden, was eher zu dir passt. Allerdings rate ich dir, eher mehr als weniger zu planen, wenn du dein interesse noch halten kannst. Die Erfahrung vieler Lektoren ist es eher, dass die Autoren mit denen sie zusammenarbeitete mit der Zeit mehr zum Plotter wurden, als sich vom Plotten abzuwenden.
  • Charakterbögen sind mega gut für Übersichtlichkeit. Es gibt Vorlagen im Internet
  • Schreibe reale Menschen und keine reinen Klischees.
  • Lies viel und kritisch: Überlege dir zu Belletristik sachen wie: "Warum dieser erste Satz, warum diese Perspektive, warum diese Beschreibung u.ä.)
  • Eine Kapitelplanung könnte dir helfen, keine langweiligen Kapitel zu schreiben.
  • Fang mit einem Einzelband an. Große Reihen (z.B. 5 Bände geplant mit je mindestens 500 Normseiten) wären bei Erfolg zwar toll, ist aber grundsätzlich erstmal ein größeres finanzielles Risiko für einen Verlag. Außer du schreibst erst alles und trittst erst nach Vollendung aller Rohfassungen an den Verlag für den ersten Band heran. Außerdem lieber ein kurzes Buch vollenden und dann ein umfangreicheres zweites Projekt als sich mit dem ersten übernehmen und komplett die Lust am schreiben verlieren.
  • Schreib vielleicht nicht dein Herzensprojekt als ersten Roman. Erfahrungsgemäß werden Erstlingswerke meist nicht soooo gut, wie das zweite, dritte usw. Natürlich soll deine Idee dich begeistern können, aber muss es unbedingt dein Herzensprojekt sein, das du in 5 Jahren oder so viel besser hinbekommen würdest? Schreiben ist ein Handwerk und das braucht Übung. Dein Magnum Opus sollte nicht als Übungsprojekt "missbraucht" werden.
  • Lies Schreibratgeber wie z.B. Sol Stein - Über das Schreiben
  • Tausche dich mit anderen Schriftstellern aus und traue dich, nicht nur für dich zu schreiben, sondern dich vor annderen damit verletzlich zu machen. Nur durch Feedback und einen guten Umgang mit Kritik wächst man als Autor.
  • Vermeide eindimensionale und überflüssige Charaktere/Storyelemente.
  • Denk dran, du schreibst einen Roman und kein Drehskript für Film, Theater o.ä. manche Dinge funktionieren in einem Medium aber nicht dem anderen.
  • Beschäftige dich mit der richtigen Formatierung für den Verlag (google mal Normseite)
  • Der Titel deines Buches ist erstmal egal bis zur Fertigstellung der Rohfassung des Manuskripts. Wähle einen pragmatischen Arbeitstitel, der vor allem klar macht, von welchem deiner Projekte du gerade sprichst.

JulianMiklas 
Beitragsersteller
 08.12.2024, 18:58

Puh... danke das war viel aber verdammt hilfreich vielen dank

Meistens beginnt es damit, dass mir eine interessante Figur einfällt, die gerade ein Abenteuer erlebt. Dann spinne ich das Abenteuer weiter und erfinde einen Freund. Jetzt habe ich ein Zweiergespann, mit dem ich verschiedene Meinungen und Dialoge entwickeln kann.

Wenn ich jetzt in der Zeit zurück gehe, sehe ich die erste Figur als Kind. Das gibt mir die Möglichkeit, den Charakter zu formen. Wenn ich dieser Figur ganz viele Steine in den Weg lege, entwickelt sie als Kind Fähigkeiten, die als als Erwachsener braucht.

Irgendwann schicke ich die beiden Freunde los und lasse sie von einem Abenteuer in das nächste stolpern. Besonders viel Plot schreibe ich heute nicht mehr. Vor allem dann nicht, wenn ich die Figuren wirklich "sehen" kann. Die entwickeln oft ein Eigenleben und machen nicht das, was sie sollen. Meistens kann ich sie aber dazu überreden, sich in groben Zügen an den Plot zu halten.

Wichtig ist, dass du vor dem Schreiben ein gutes Ende für deine Geschichte hast. Es bringt dir gar nichts, wenn dir nicht einfällt, wie die Geschichte enden soll. Du fängst an, steckst eine Menge Arbeit hinein und irgendwann merkst du, dass die Geschichte nirgends hin führt. Schließlich brichst du ab, weil du dich vollkommen verirrt hast. Also immer zuerst ein gutes Ende entwickeln und erst dann beginnen zu schreiben.

Mit dem Schreiben beginne ich heute erst, wenn mir ein gutes Ende eingefallen ist. Einmal ist es mir passiert da habe ich losgelegt, ohne, dass ich ein Ende hatte. Daraus ist nichts geworden. Also immer ein gutes Ende im Kopf haben! Erst dann geht es los.