Gibt es das Wort "elendlich"?

6 Antworten

Das Nichtvorhandensein eines Wortes in einem DUDEN-Erzeugnis ist noch kein eindeutiger Beweis für dessen Nichtexistenz.
Besonders bei landschaftlichen und umgangssprachlichen Wörtern sind die Gründe für Aufnahme bzw. Nichtaufnahme (Duden Online z.B.!) völlig unklar.

Ich hab' mittlerweile etliche weitere Bespiele für die Verwendung von elendlich gefunden, die um einiges jünger sind als die zunächst gebrachten, doch "taufrisch" sind auch sie nicht mehr. Das Wort ist also offensichtlich nicht mehr Teil des gegenwärtigen Wortschatzes der deutschen Standardsprache:

  • 1841: Heinrich Heine in „Lutetia“ „…, wo die arme, verzärtelte, an tausend geistige Bedürfnisse gewöhnte Pariserin wie ein Fisch außer dem Wasser, wie ein Vogel unter Fledermäusen, wie eine Blume unter limousinischen Bestien elendlich dahinsterben und vermodern musste!“

  • 1875: Alexander Sacher-Masoch: „Der Capitulant“: „»Da begreife ich noch immer nicht,« erwiderte Mrak ärgerlich, »wie du die gnädige Frau von Zawale, deine saubere Katharina, lieben kannst, die dich so elendlich verrathen hat.«“

  • 1885 - 1888 Karl May in „Deutsche Herzen, deutsche Helden“ (Abschnitt „Eine deutsche Sultana“) : „ Alle, Alle, Menschen und Thiere, sollen*** elendlich*** ertrunken sein.“

  • 1883: Peter Rosegger, „Der Gottsucher“: „ Du elendlicher Spitzbub’, du!«“

  • 1908 Peter Rosegger, „Die Abelsberger Chronik“: „was wird der Esel sagen, wenn er nach so vielen Umständlichkeiten nur eine elendliche Hütte findet!“

  • 1918: Arthur Schurig: „Die Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortes“: „ ..unmöglich schien es mir, daß des Allmächtigen Güte und Barmherzigkeit es geschehen lassen könne, daß wir elendlich zugrunde gingen, ..“

  • 1921: Schurig verwendet es auch in seiner Übersetzung der „Teufelskinder“ von Barbey d'Aurevilly: „Wenn dort eine Frau einen männlichen Beruf ausübt, und wäre er noch so ´elendlich, so wird sie ohne weiteres dem Mann vorgezogen"

  • 1977 findet sich elendlich auch in Honoré de Balzacs „Séraphîta“ aus dem Diogenes-Verlag, doch steht dabei: "nach einer zeitgenössischen Übersetzung deutsch von Franz Hessel". Die erste deutsche Übersetzung war allerdings 1836 erschienen. „... die ähnlich dem von Ihnen angenommenen Gotte unter dem Unerklärlichen, Unbegreiflichen und Albernen elendlich umkommen“.

Das Wort "elendig" gibt es auf jeden Fall. "Elendlich" gibt es laut Wörterbuch nicht, es könnte allerdings eine umganssprachliche Variante von "elendig" sein. Allein vom Klang her, könnte es hier im Ruhrpott zum Beispiel gut Verwendung finden.

Elendig gibt es, "Elendlig" wird auch verwendet.

Alle Varianten mit CH zum Schluss sind Umgangssprache, also wie im Hessischen: "ständisch", aber richtig ist ständig.

Es mag dir eine teilweise Genugtuung sein, dass keiner von euch Unrecht hat:

  • Ja. es ist ein deutsches Wort, aber
  • nein, es wird in unsrer Zeit nicht verwendet -
    schließlich hat man ja 3 andere Formen: elend, elendig, elendiglich
    (Das Wort bedeutete ursprünglich "aus dem Land", da ging's einem früher eben schlecht).

Hier sind einige der Beispiele für elendlich, die du in Google-Büchersuche findest:
Taufrisch sind sie nicht mehr. Schau die Jahreszahlen an:

  • 1741 Stanislao Grembs: „Predigen auf alle Sonntäg des gantzen Jahrs; von unterschiedlichen Kirchen-Cantzlen vorgetragen“, 1741 : . „elendlich die Stiegen hinabfallet“ S. 200) „von seiner Passion elendlich geblendet“ (S. 203); „Die ihr also elendlich verblendet seyet“ (S. 227); „O wie elendlich wirst du darfür durch die gantze Welt herumbgetriben!“ (s. 212); „mit den Worten Jobs elendlich klagen“ (S. 460); ,“sein Leben elendlich zubringen“ (S. 496); dass es ihm nocht also elendlich ergehe“ (S. 609)
  • Um 1600: Wolfgang Spangenberg, Dichter, geb. 1567, hat in Straßburg gelebt: „die Kälber jämmerlich blökten, die Katzen elendlich schrien“ ,(Gesamtausgabe 1978, Bd. III/2, S. 38)

  • 1772: „sie besitzen eine Wildheit, die nichts ihres gleichen hat , leben elendlich …“ Samuel Endlich: Geographische und kritische Nachrichten und Anmerkungen über die Lage der nördlichen Gegenden von Asien und Amerika, Leipzig 1772, S. 27)

  • 1759 „Da ihn nun die obersten der Juden so elendlich sagen durch die Strassen gehen…“ (Martin von Cochem: „Das Grosse Leben Christi und seiner Glorwürdigsten Lieben Mutter Mariae“, München 1759, Bd.1, S. 607)

"Elendlich" sagt bzw schreibt man heute zwar nur noch selten, aber das Wort existiert. Man kann zum Beispiel sagen "Mir ist gerade elendlich", was soviel heißt wie "Mir geht's gerade sehr schlecht". Beide Wörter beschreiben im Grunde das Gleiche.

washilfts  06.09.2013, 01:35

nein, es gibt noch "elendiglich", aber kein "elendlich".

ich fühle mich elend, aber nicht "elendlich".

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Huckebein  06.09.2013, 08:37

Dass manche das Wortgebilde "elendlich" benutzen, heißt noch nicht, dass es auch wirklich in der deutschen Sprache existiert. Ncht alles, was verballhornt wird, ist Bestandteil der Sprache. Sonst würde auch "elendiglichlig" gelten, nur weil irgendjemandem dieses "Wort" gefällt oder er es nicht besser weiß.

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